Carmen Perrin

o.T., 1990

Perrins Skulptur aus Baustahlgitter tastet durch die emporragenden Stifte den offenen Raum ab und deutet an, dass der Bau sich auch weiter fortsetzen hätte können. Das Flechten, Verbinden und Verweben von Halt gebenden Linien verweist darauf, dass sich dreidimensionale Körper auch durch ihre stützende und strukturierende Textur definieren. Der Körper entsteht gewissermaßen durch die Vorstellung, die Löcher zwischen den Linien zu füllen – ähnlich dem Zustandekommen eines Textils durch Weben, Filzen oder Walken.

 

Der plastische Körper lässt sich nicht nur durch Volumen und Raumgrenzen definieren, sondern auch von seiner ihn von innen her stützenden und strukturierenden Textur. Das Flechten, Verbinden und Verweben von Halt gebenden Linien, die sich wie Raumvektoren verhalten und das Streben der Kräfte beschreiben sollen, ist eine der urtümlichen Technologien, die gleichberechtigt neben der plastischen Verarbeitung von Knete und dem Skulpieren im eigentlichen Sinn als weitere „Branchen“ steht und eher die architektonische Seite der Bildhauerei meint.

 

Das Baustahlgitter ersetzt die ältere Technik der Verbindung von Zweigen und Hölzern, die die archaische Armierung einer Wand, in ihrer Ähnlichkeit zum Textil, richtig bezeichnet (Ge-Wand). Das Gitter als den Raum definierendes Ordnungssystem findet sich schließlich in den sich kreuzenden Koordinaten der Längen- und Breitengraden ebenso wieder wie in den „gestrickten“, einen Raum virtuell codierenden Mustern der computergestützten Darstellungsweisen wie CAD.

 

Die Vorstellung geht darauf hin, die „Löcher“ zwischen den verdichteten Linienbündeln so zu füllen, dass sich der Körper herstellt. Dieser Körper wird also von innen her aufgebaut, aus seinem strukturalen Genom, in der Art, wie sich Deleuze und Guattari in ihrer Raumdiskussion (in der Schrift „Mille Plateaux“) das Zustandekommen eines Textils vorstellten, nämlich dass man Fäden kulturtechnisch betrachtet entweder auf Webstühlen oder durch Filzen und Walken verdichtet.

 

Carmen Perrins Skulptur beschreibt eine Wölbung, den Raum-Bauch eines undefinierten Wesens, das sich selbst als „Baustelle“ gibt, auf deren oberstem Stockwerk der Wald der emporragenden Baustahlstifte anzeigt, dass der Bau den offenen Raum abtastet und auch noch weitergehen hätte können.

 


Autor: Elisabeth von Samsonow, Kurztext adaptiert von Lisa Schantl und Lukas Sperlich  
Planübersicht: Position 18
Besitzer: [Stiftungsbesitz]
Künstlerbiografie: Carmen Perrin

Österreichischer Skulpturenpark

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Öffnungszeiten


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Büroadresse:

Marienplatz 1/1, 8020 Graz
Mo-Fr 9-17 Uhr

Termine auf Anfrage: 
Führungen: T 0316/8017- 9200