Ohne Titel

Peter Kogler, 2014

Aus schwarzem, im Laserverfahren bearbeiteten Stahlblech entsteht eine Möbelskulptur als autonomes und zugleich zum Verweilen einladendes Kunstwerk. Durch seine vielfältigen Kommunikations-, Betrachtungs- und Anwendungsformen lehnt es Begrenzung ab und erweitert stattdessen unser Wahrnehmungs- und Handlungsfeld. Die Skulptur erinnert an ein elastisches, durchlässiges Netz, was dazu führt, dass Natur, Kunst und Mensch in einen Dialog treten und sich aufeinander einlassen. Gemeinsam mit dem umschlossenen Baum und dem diesen umschließenden Lotosblütenteich wirkt dieser Ort besonders harmonisch.

Auf einer Insel am Lotosblütenteich umkreist eine Konstruktion aus Stahlblech einen dort befindlichen Baumstamm. Ein Platz zum Verweilen. Auf einer Insel am Lotosblütenteich umkreist eine Konstruktion aus Stahlblech einen dort befindlichen Baumstamm. Ein Platz zum Verweilen.

Bildinformationen

Autor*in

Elisabeth Fiedler, Kurztext adaptiert von Lisa Schantl und Lukas Sperlich 

Planübersicht

Besitzer*in

Österreichischer Skulpturenpark Privatstiftung 

Künstler*innenbiografie

Peter Kogler

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Zum Werk

Als konzeptuell arbeitender Künstler, der sich seit Mitte der 1970er-Jahre mit einem erweiterten Kunstbegriff auseinandersetzt, der von Malerei, Film, Skulptur, Architektur über Musik und Theater bis zu Performance reicht, interessiert sich Peter Kogler besonders für die Kunst von Marcel Duchamp, Concept und Minimal Art oder Andy Warhol, die sich mit der Auswahl und dem bewussten Einsatz von Sujets in Serialität oder der Verwendung einfacher und prägnanter Zeichen und Strukturen im gesellschaftlichen, politischen und sozialen Rahmen befassen. Auch Zeichentheorie und Sprachphilosophie waren und sind für den Venedig Biennale- und zweimaligen documenta-Teilnehmer von großer Bedeutung.

Die Erweiterung des Kunstbegriffes in Österreich, besonders mit den Wiener Werkstätten und deren Tradition der Öffnung und des Verfließens der Grenzen zwischen angewandter Kunst, Architektur, Design und Bühnenbild sowie seiner starken Medientradition seit den 1950er-Jahren vom Avantgardefilm bis zur virtuellen Realität, war für die weitere Kunstentwicklung des Landes von großer Bedeutung.

Gleichermaßen wichtig ist Koglers Interesse an Flächen, die in den Raum kippen oder in diesen übergehen. Die dreidimensionale Verselbständigung seiner All-Over-Arbeiten ist ebenso eindringlich und bekannt wie seine signifikanten Formen der Ameise, der Röhre und des Gehirns.

Peter Koglers Experimentieren mit neuen Technologien und der Arbeit am ersten Macintosh begann Anfang der 1980er-Jahre. Was ihn dabei faszinierte, war das Phänomen, mit komplexen Maschinen konfrontiert zu sein, die den Anwender gleichzeitig auf eine Sprach- und Kommunikationsebene führten, die vor der gesprochenen Sprache lag und international verständlich war. Der Computer als Zeicheninstrument, das Emotion, Handschriftlichkeit oder das Gestische vernachlässigt und stattdessen das zwingend Notwendige für eine allgemein verständliche Lesbarkeit ausfiltert, interessierte ihn.

Kogler, der sich eingehend auch mit dem historischen expressionistischen Film seit den 1920er-Jahren, mit Friedrich Wilhelm Murnau (Nosferatu, eine Symphonie des Grauens, 1922), Robert Wiene (Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920), Fritz Lang (Metropolis, 1927), im Besonderen der Filmarchitektur auseinandersetzte und für die Offenheit und Unbegrenztheit amerikanischer Kunstgeschichte, dem All-Over von Jackson Pollock interessierte, steht für eine bis zur Essenz reduzierte und international verständliche Formensprache und Dynamik, die sich in Bilder, Skulpturen, Räume oder Plätze einschreibt, wobei ein ständiges Changieren zwischen Bewegung und Beruhigung die besondere Schwingung zwischen biomorph und technoid in seinen Arbeiten ausmacht.

In ähnlicher Weise umfängt auch Ohne Titel einen Baum auf der künstlichen Insel inmitten des Lotosblütenteiches im Österreichischen Skulpturenpark. In schwarzem matt, pulverbeschichtetem und gelasertem Stahlblech entsteht eine Möbelskulptur als autonomes und zugleich zur Interaktion einladendes Kunstwerk im Zeichen der Unendlichkeit, des Ringes, einer Fläche, eines Raumes ohne Anfang und Ende.

Diese Arbeit positioniert sich als zentraler Punkt im vom Landschaftsarchitekten Dieter Kienast geschaffenen und auf die ägyptische Gartenkunst anspielenden, diesen zitierenden Gartenensembleteil. Öffnen die gelaserten Strukturen die Dichte des Blechs, lassen sie Park und Skulptur sich ineinander verweben, so reagieren sie gleichzeitig assoziativ auf Wellenbewegungen und Wasser.

Informationsflüsse, die den von Kogler geschaffenen Bedeutungsträgern als Transportwege eingeschrieben sind, können sich hier durch Besucher/innen ergeben, die Platz nehmen und kommunizieren. Austausch und Vernetzung ist hier ebenso möglich wie der absolute Rückzug, der Kontemplation Einzelner oder die Betrachtung des in sich ruhenden Kunstwerkes aus der Distanz.

Die vielfältigen Kommunikations-, Betrachtungs- und Anwendungsformen weisen Begrenzung als illusionär aus und erweitern stattdessen unser Wahrnehmungs- und Handlungsfeld. Die im Laserverfahren hergestellte Durchlässigkeit der Skulptur, die einem Netz, einem elastischen Material zu ähneln beginnt, trifft auf wechselseitige Durchwirkung von Natur, Kunst und Mensch als dynamischem Prozess wie als ruhendes aufeinander einlassen.

Damit realisiert Kogler ein besonderes Objekt nicht nur der Mehrfachcodierung, sondern auch der Multifunktionalität. Auf unterschiedlichen Ebenen rezipierbar sind wir eingeladen, zu sehen, wahrzunehmen, uns zu setzen, zu schweigen oder zu kommunizieren, in jedem Fall in einen Dialog zu treten. Verinnerlichter Nullpunkt der Konzentration ebenso wie Sprache in ihren Modalitäten und Möglichkeitsformen werden hier evoziert.