UMJ/Krenn

19. Dezember 2022 / Anita Niegelhell

Weihnachtsfrieden?

Ausstellungen | Landeszeughaus | Museum für Geschichte | Volkskundemuseum

Von einem Weihnachtsfrieden für die Ukraine ist leider nicht auszugehen. Und so geht dieses Jahr zu Ende mit dem Wissen, dass nicht weit von hier Menschen frieren, hungern und um ihr Leben fürchten.

Und das ist so, weil es der Politik nicht gelingt, in diesem Konflikt eine Lösung zu finden, die eben gerade nicht deren Fortsetzung mit anderen Mitteln ist, um das berühmte Clausewitz-Zitat einmal umzudrehen. Das Leid landet immer augenblicklich bei der Bevölkerung. Die weiß dann sehr schnell, sehr genau und ganz körperlich, was Krieg für sie bedeutet. Man könnte meinen, es macht immer noch Sinn zu denken, es gäbe keinen Krieg, wenn man die Menschen fragte, die ihn erleiden müssen. Aber so einfach ist es leider nicht. Dennoch sind es diese einfachen, klaren Geschichten, die immer wieder Hoffnung geben.

So nehmen wir in der Kunst- und Kulturvermittlung von Landeszeughaus, Museum für Geschichte und Volkskundemuseum am Paulustor heuer den „Weihnachtsfrieden“ von 1914 zum Anlass, um kurz vor Weihnachten von „friedlichen Geschichten in kriegerischen Zeiten“ im Landeszeughaus zu erzählen.

Nicht nur tolle Waffen

In gewisser Weise schließen wir damit das Programm zum heurigen Weltfriedenstag also erst in diesen Tagen ab. Allerdings ist es nie ein endgültiges Abschließen, denn gerade ausgehend von den täglichen Begegnungen im Landeszeughaus ist es uns ein Anliegen, immer auf die komplexen Verhältnisse von Krieg und Frieden hinzuweisen. Und niemanden mit der auch irritierenden Faszination angesichts der Fülle von historischem Kriegsmaterial alleine zu lassen.

Diese Bemühungen finden nun schon seit vielen Jahren einen alljährlichen größeren Aufmerksamkeitspunkt im Herbst, wenn wir rund um den Weltfriedenstag der UNO Programme mit und für Schulklassen sowie Individualbesucher*inne entwickeln, oft auch gemeinsam mit Kooperationspartner*innen.

Auch im heurigen Jahr, in dem das Motto der UNO „end racism. build peace“ auch sehr (alltags)politisch war, haben wir wieder versucht, auf unterschiedliche Aspekte dieses großen Themas einzugehen. Kern der Aktivitäten waren auch heuer die Begegnungen mit Schulklassen. Gemeinsam haben wir sowohl im Zeughaus als auch im Volkskundemuseum in interaktiven Friedensquiz-Settings viele Fragen rund um Krieg und Frieden erspielt und zu beantworten versucht. Die Kinder waren toll und sehr engagiert und wir danken ihnen auf diesem Wege noch einmal für ihren Einsatz.

UMJ/V. Krenn

Ergebnisreiche Zusammenarbeit

Zwei besondere Veranstaltungen gilt es noch zu erwähnen: Das war zum einen die Kooperation mit Megaphon, im Zuge dessen von den Jugendlichen wichtige Fragen rund um Flucht und Identität gestellt wurden. Bemerkenswert war vor allem, wie schonungslos die kritische Auseinandersetzung der jungen Menschen mit ihrer eigenen gesellschaftlichen Involviertheit stattfand. Einige der von ihnen entwickelten Statements sind nach wie vor im Vermittlungsraum im Volkskundemuseum zu sehen, weil wir sie so toll finden und weil sie so grundsätzliche Themen ansprechen.

UMJ/Niegelhell

Einen nachdenklichen und letztlich sehr diskursiven Abend bildete die Lesung der Schriftstellerin Kerstin Hatzi und des Schriftstellers und Kulturvermittlers Florian Labitsch im Museum für Geschichte. Die beiden hatten unter dem aus Christa Wolfs Roman Kassandra entlehnten Satz: „… aber wann beginnt der Vorkrieg“ literarische Zeugnisse, Betrachtungen und Einlassungen von Schriftsteller-Kolleg*innen vor allem aus der Zwischenzeit zusammengetragen. Unter diesem Motto gingen die beiden einen Abend lang der Frage nach den Bedingungen und Beschreibungen von Wegen in den Krieg nach und luden das Publikum anschließend zu einer rege geführten Diskussion ein.

Plädoyer für den Frieden

Einige Sätze aus den einführenden Grußworten möchte ich hier zum Abschluss dieses Blog-Beitrages uns allen mit auf den Weg in die Weihnachtszeit geben:

Man wiegt sich so leicht in Sicherheit und denkt, dass demokratische Strukturen ein für alle Mal errichtet sind. In diesem Jahr und mit dem uns sehr nahe gerückten und nahe gehenden Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, ist diese Sicherheit uns allen abhandengekommen. Ein Grund mehr, auch heuer wieder daran zu erinnern, dass Frieden niemals etwas Gesichertes ist und dass die Arbeit an einer demokratischen Gesellschaft jeden Tag zu tun ist. Sie beginnt dort, wo wir andere Meinungen, andere Sichtweisen aushalten lernen müssen. Aber auch die Grenzen dessen klar benennen, was nicht mehr auf demokratischem Boden von Meinungsvielfalt Platz hat.

UMJ/Labitsch_Krenn

Der ukrainische Schriftsteller Serhij Zhadan sagt: „Das Schreiben widerspricht dem Tod.“ Damit umreißt er die Funktion des Schriftstellers, der Schriftstellerin im Krieg. Für den heutigen Abend haben wir gesichtet, was haben denn Schreibende früherer Tage angesichts herauf dräuender Katastrophen gesagt und geschrieben? Wie haben sie Stellung bezogen und wie haben sie, um noch das titelgebende Wort von Christa Wolf zu zitieren, beschrieben, wann schon der Vorkrieg beginnt? Man kann nicht den Frieden herbeischreiben, aber man kann sich abarbeiten an dem, was den Krieg mitvorbereitet.“

Auch im nächsten Jahr werden wir uns wieder um ein Programm rund um den 21. September bemühen. Und zwar eben gerade deswegen: trotzdem. Und weil die Arbeit an Frieden und Demokratie nie zu Ende ist, sondern ein stetes Ringen um das Gespräch, den Dialog, den Kompromiss.  Jeden Tag des Jahres, nicht nur am 21. September und auch nicht nur zu Weihnachten.

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