Baron Gautsch, Quelle: wikimedia [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6a/BaronGautsch.jpg]

8. November 2014 / Stefan Gröchenig

Erlkönig unter Wasser: Blogserie zum Ersten Weltkrieg

Museum für Geschichte

Am Donnerstag, dem 6. November las Ingrid Pfeiffer im Rahmen der Ausstellung Die Steiermark und der "Große Krieg" im Museum im Palais aus ihrer Publikation, die die Manuskripte ihres Großvaters Dr. Hermann Pfeiffer zusammenfasst. Lesen Sie den Nachbericht hier!

 
Lesung von Ingrid Pfeiffer, Foto: Universalmuseum Joanneum/S. Gröchenig

Lesung von Ingrid Pfeiffer, Foto: Universalmuseum Joanneum/S. Gröchenig

 

Am 13. August 1914 streift das vollbesetzte Passagierschiff „Baron Gautsch“ vor Triest eine Mine und sinkt. 145 Menschen sterben aufgrund mangelnder Hilfeleistungen. Dieser Vorfall geht als erster ziviler Kollateralschaden des Ersten Weltkrieges in die Geschichtsbücher ein.

Unter den Überlebenden finden sich Dr. Hermann Pfeiffer und sein Sohn. Er verarbeitet diese traumatischen Erlebnisse in schriftlicher Form und zeichnet damit nicht zuletzt auch ein Bild der politischen Lage von damals. Seine Enkelin Ingrid Pfeiffer hat diese detaillierten und emotionalen Manuskripte in einem Buch verarbeitet und vergangenen Donnerstag im Rahmen der Ausstellung Die Steiermark und der „Große Krieg“ daraus gelesen.

„Ich sah das Schwesternschiff der Baron Gautsch, das auch auf unserer Strecke schiffte. Da tat sich mir eine bange Frage auf: Wieso fahren wir so viel näher an der Küste wie sie?“, zitiert Pfeiffer aus den Manuskripten ihres Großvaters die Schilderung eines Manövers, das sehr unvorsichtig war – denn die k. u. k. Kriegsmarine hatte die Küste mit Minen bestückt. Der Kapitän des Schiffs war nicht auf der Brücke, sondern saß mit seinem ersten Offizier zu Tisch, als das 85 Meter lange Schiff getroffen wurde. „Mein Großvater und seine Frau krochen auf und fast zeitgleich schrien sie panisch nach ihrem Kind“, erzählt Pfeiffer. Sie weckten ihren Sohn, seine Mutter zog ihm Sandalen an. „Eine letzte mütterliche Tat“, so Pfeiffer, „sie rettete ihm damit das Leben“. Augenblicke später drang nämlich ein Wasserschwall ein, der Vater konnte den Sohn in letzter Sekunde an der Sandale packen. Seine Frau hatte leider kein Glück, sie verstarb bei dem Unglück.

Die Ausführungen von Ingrid Pfeiffer waren emotional und düster. Ihr Buch zeichnet die politischen Ursachen für das Unglück sowie das Leben des Vaters danach. Auf die Frage, warum es den Untertitel „Erlkönig unter Wasser“ trägt, zitierte sie Goethes klassische Zeilen: „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind, es ist der Vater mit seinem Kind.“

Zum Nachlesen

Teil 1: “Objekte gegen das Vergessen”
Teil 2: „Der kranke Mann an der Donau?“
Teil 3: „Stramm deutsche Stadt?”Alle Benutzer
Teil 4: „Die Zahnräder beginnen sich zu drehen“
Teil 5: „Hurra das Dritte Korps“
Teil 6: „Die Gegend scheint da ,vorne‘ ein Ende zu haben, dem ein ,Nichts‘ folgt“
Teil 7: „Die normierte Tötungsmaschine – der normierte Mensch“
Teil 8: „Den Witwen und Waisen gefallener Krieger“
Teil 9: “Nie wieder Krieg!”
Teil 10: „Zur Erinnerung an „schwere Zeiten””
Teil 11: „Frauen und Kinder an der Heimatfront”
Teil 12: “Erlkönig unter Wasser”

Eckdaten

  • Thema: Teilt mit uns Eure Meinungen, Gedanken und persönlichen Erinnerungsstücke zum Ersten Weltkrieg.
  • Laufzeit: 27. Juni bis 30. September
  • Hashtags: #wk1 und #stmk
  • Bewerbung: Wir bewerben die Beiträge über Twitter (@Joanneum), auf den Facebook-Seiten des Museum im Palais und der allgemeinen Joanneums-Seite sowie auf unserer Website. Außerdem werden wir diesen Beitrag regelmäßig aktualisieren und eure Beiträge hier am Ende des Textes verlinken. Nach Ablauf der Serie bringen wir auch eine Zusammenfassung hier im Museumsblog.
Kategorie: Museum für Geschichte
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