28. Juni 2014 / Christoph Pelzl
„Der kranke Mann an der Donau?“: Blogserie zum Ersten Weltkrieg
Kaiser Franz Joseph, seit 1848 auf dem Thron, regierte bei Kriegsausbruch das damalige Österreich bereits seit 66 Jahren. Der Kaiser hatte sich im Amt verbraucht und seine Anteilnahme am Geschehen war oft nur formaler Akt. Seine Macht war in den letzten Jahren eher symbolisch, aber dennoch hielt er das Reich zusammen und bot den zentrifugalen Kräften Paroli. Im Zeitalter des Nationalismus war es diese Symbolfigur, die neben der Bürokratie und dem Heer das Reich zusammenhielt. Allerdings hatte der Ausgleich mit Ungarn nach der Niederlage von Königgrätz gezeigt, dass die innere Balance nicht mehr so stabil war und nach Kompromissen verlangte. In einigen Gebieten, wie etwa in Galizien und Mähren wurden diese auch umgesetzt, für eine prinzipielle Umstrukturierung des Reichs fehlten aber die Kraft und die konkreten Zielvorgaben.
Füllfederhalter und Briefbeschwerer mit Schattenbild
Kaiser Franz Joseph wirkte bis zu seinem Tod als Integrationsfigur des Vielvölkerstaates. Er war sicherlich die am meisten vermarktete Figur der Habsburgermonarchie. Büsten, Gemälde, Bildpostkarten, Geschirrserien, Broschen, Abzeichen und Anstecknadeln wurden mit seinem Konterfei versehen und in Umlauf gebracht. Anlässlich seines 50-jährigen Thronjubiläums im Jahr 1898 wurde in Wien eine „Jubiläumsausstellung“ gezeigt, die als eine Art Leistungsschau von Gewerbe, Industrie und Technik konzipiert wurde und sich zu einem regelrechten Publikumsmagneten entwickelte.
Bei dieser Ausstellung gab es auch verstärkt Möglichkeiten, „Merchandising-Artikel“ des Jubilars vor Ort zu erwerben. Dieser Füllfederhalter dürfte einer jener speziell für diese Veranstaltung entwickelten Gegenstände gewesen sein. Er ist mit einer goldenen Spitze versehen und mit dem eingravierten Porträt Kaiser Franz Josephs geschmückt. Am Ende des Füllfederhalters befindet sich eine Ausformung, die bei näherer Betrachtung und entsprechender Beleuchtung das Konterfei des Monarchen preisgibt.
Zum Nachlesen
Teil 1: “Objekte gegen das Vergessen”
Teil 2: „Der kranke Mann an der Donau?“
Teil 3: „Stramm deutsche Stadt?”Alle Benutzer
Teil 4: „Die Zahnräder beginnen sich zu drehen“
Teil 5: „Hurra das Dritte Korps“
Teil 6: „Die Gegend scheint da ,vorne‘ ein Ende zu haben, dem ein ,Nichts‘ folgt“
Teil 7: „Die normierte Tötungsmaschine – der normierte Mensch“
Teil 8: „Den Witwen und Waisen gefallener Krieger“
Teil 9: “Nie wieder Krieg!”
Teil 10: „Zur Erinnerung an „schwere Zeiten””
Teil 11: „Frauen und Kinder an der Heimatfront”
Teil 12: “Erlkönig unter Wasser”
Eckdaten
- Thema: Teilt mit uns Eure Meinungen, Gedanken und persönlichen Erinnerungsstücke zum Ersten Weltkrieg.
- Laufzeit: 27. Juni bis 30. September
- Hashtags: #wk1 und #stmk
- Bewerbung: Wir bewerben die Beiträge über Twitter (@Joanneum), auf den Facebook-Seiten des Museum im Palais und der allgemeinen Joanneums-Seite sowie auf unserer Website. Außerdem werden wir diesen Beitrag regelmäßig aktualisieren und eure Beiträge hier am Ende des Textes verlinken. Nach Ablauf der Serie bringen wir auch eine Zusammenfassung hier im Museumsblog.
Schlagworte: Blogserie zum Ersten Weltkrieg | Die Steiermark und der Große Krieg
Michael Hortig
zu Anfang. eine ganz tolle und interessante Ausstellung, da sie nicht den üblichen Weg einer Kriegsausstellung geht, und sehr viel neues in guter Form näher bringt. Einzig gestört hat mich das erste Zimmer und die auch in der ganzen Ausstellung minimierte Darstellung der Habsburger. Hr. Dr. Konrat hat dies zwar in der Führung mit ns Leihgebern zu erklären versucht, aber nur Franz Josef als den einzigen Kaiser Europas als symbolische Randfigur hinzustellen ist ein bischen zu wenig. Denn eigentlich waren alle Monarchen Europas bereits politisch “entwaffnet” und bedeutungslos, erstmals haben sich die Politiker und teilweise die Militärführung in den Vordergrund gestellt, und quasi die Monarchen gezwungen im Spiel der Mächte mit zu tun. Deutlich wird das in den verzweifelten Versuchen von Niki ( Zar Nikolaus) und Willi ( Kaiser Wilhelm) . den Ausbruch noch zu verhindern. Ich bin wahrlich kein Freund der Monarchie und dem Kult der später mit Kaiser Karl getrieben wurde, aber mir persönlich hat eine Gegenüberstellung Franz Josef, Franz Ferdianand und Karl schon irgendwo gefehlt.
Dies aber der für mich einzige, kleine Kritikpunkt an dieser Ausstellung
Christoph Pelzl
Sehr geehrter Herr Michael Hortig,
ja, das ist ein legitimer Standpunkt, den ich nachvollziehen kann. Franz Josef kommt aber ohnehin gut weg, siehe Raumtext 1, vor allem als integrative Figur und als jene Person, die die Vielfalt bewahrte (und den Juden ein sicheres leben ermöglichte). Was wir zeigen wollten, war der Umstand, dass 1914 schon die Militärs bestimmten.
Herzlichst,
Helmut Konrad
Michael Hortig
Guten Morgen !
Das stimmt, und das fügt sich in das “eigenwillige Konzept” dieser Ausstellung, daß diese in eine unübliche Kriegsausstellung verwandelt, und dadurch sich gegenüber den anderen deutlich ( und äußerst positiv) abgrenzt.
Und es werden viele, unbekannte Facetten gezeigt, wie zB. Graz als deutsche Stadt, etwas, obwohl ich mich schon lange mit dieser Zeit beschäftige, mir noch nie bewußt gewesen ist.
Liebe grüße
Michael Hortig