19. August 2020 / Levente Horvath
Dritte Grabungswoche am Schöckl
Mit dem Abschluss der zweiten Grabungswoche waren die eigentlichen Grabungsarbeiten in Kooperation mit der Universität Graz bereits weitgehend abgeschlossen. Die erhaltenen Mauerreste – ein Mauersockel im Inneren des römischen Sakralgebäudes – waren weitgehend freigelegt und auch sonst war das Erdmaterial fast vollständig bis auf den anstehenden Felsen abgetragen.
Am Montag der dritten und für dieses Jahr letzten Grabungswoche wurden dann noch die verbliebenen Erdschichten vollständig abgetragen. Bei dem Abtragen der letzten Schichten zeigte sich, dass der anstehende Felsen an mehreren Stellen abgearbeitet war. Die dazwischen liegenden Felsspalten waren mit römischen Planierschichten verfüllt. Das Erdmaterial für die Auffüllung dürfte aus der näheren Umgebung des Ostgipfels stammen. Dieser Befund zeugt von einer groß angelegten Veränderung des Geländes beim Ostgipfel vor der Errichtung des Sakralgebäudes im 3. Jh. n. Chr. Man muss sich hierbei auch vor Augen halten, dass das natürliche Gelände deutlich verändert wurde, vor der antiken Nutzung dürfte der Ostgipfel ein deutlich anderes Erscheinungsbild geboten haben.
Durch die Verfüllung der Felsspalten und der Abarbeitung von Felsspitzen wurde für das Sakralgebäude eine einigermaßen ebene Oberfläche geschafften. Ganz eben war der Boden im Sakralgebäude aber nicht, zwischen dem südlichen und nördlichen Bereich scheint es ein Niveaugefälle von bis zu 70 cm zu geben! Durch die nachantiken Bodeneingriffe ist aber das römische Gehniveau an vielen Stellen nicht mehr erhalten. Daher ist es derzeit noch nicht ganz klar, wie der ursprüngliche Boden im Sakralgebäude rekonstruiert werden kann. Hoffentlich lässt sich bei der Gesamtauswertung mit den Befunden der vergangenen Jahre ein plausibles Bild rekonstruieren!
In den vergangenen Jahren wurden in römischen Schichten auch immer wieder einige wenige prähistorische Keramikfragmente gefunden (wahrscheinlich Hallstattzeit). Daher stellte sich die Frage, ob vor der römerzeitlichen Nutzung der Ostgipfel auch in prähistorischer Zeit (als Kultstätte?) genutzt wurde. Doch auch dieses Jahr konnten keine prähistorischen Befunde getätigt werden, die ältesten durch Menschen abgelagerte Schichten über den Felsen datieren in die römische Kaiserzeit. Ältere Strukturen wurden also bei der römischen Umgestaltung des Geländes entweder zerstört oder die wenigen in römische Schichten verlagerten prähistorischen Scherben stammen gar nicht vom eigentlichen Ostgipfel. Viel eher könnten diese mit dem Erdmaterial zur Auffüllung der Felsspalten aus der näheren Umgebung an den Ostgipfel gelangt sein.
Zu den letzten Arbeitsschritten der diesjährigen Grabung gehörte auch die abschließende Dokumentation der Mauerbefunde und der Felsoberfläche. Dabei wurde unter anderem auch eine Vielzahl an Fotos aus unterschiedlichen Winkeln angefertigt. Diese helfen dann dabei ein 3D-Modell der Mauern und der Felsoberfläche zu erstellen. Nachdem alles dokumentiert wurde, begann das Grabungsteam am Dienstag die Grabungsfläche wieder zuzuschütten. Interessierte Besucher und Besucherinnen waren dabei leicht enttäuscht aber dieser Vorgang ist notwendig. Die Mauerbefunde bleiben im Boden am besten konserviert, andernfalls bräuchte es einen ordentlichen Schutzbau und eine ständige Pflege. Dank der umfassenden Dokumentation bleiben aber alle ergrabenen Befunde auch nach dem Zuschütten der Grabungsfläche fassbar!
Abschließend seien noch kurz einige Ergebnisse der diesjährigen kurz zusammengefasst:
- Beginnen wir mit dem etwas enttäuschendem Ergebnis: durch jüngere Bodeneingriffe war von der östlichen Mauer des römischen Sakralgebäudes weniger erhalten als erhofft. Doch auch dieses „negative“ Ergebnis trägt dazu bei, unsere Erkenntnismöglichkeiten abzuklären.
- Ein im Vorjahr angetroffenes Mauerstück entpuppte sich als der Überrest eines Podestes im Sakralgebäude. Für die Kultpraxis dürfte dieser eine hervorragende Bedeutung gehabt haben. Zudem müssen aufgrund der neuen Ergebnisse bisherige Rekonstruktionsversuche zum Grundriss des Gebäudes teils verworfen und neu gedacht werden.
- Es konnten weitere Ausschnitte des ehemaligen Bodenniveaus erfasst werden. Da große Flächen durch jüngere Bodeneingriffe schon zerstört waren, handelt es sich hierbei um wertvollen Befunde.
- Inzwischen mehren sich die Indizien, dass das Sakralgebäude mehrere Bauphasen aufweist. Bisher konnte dies nicht eindeutig geklärt werden.
- Durch die professionelle Bergung von Fundmaterial in ihrem archäologischen Kontext konnten weitere wertvolle Indizien für die folgende Auswertung gewonnen werden. Dabei werden hoffentlich auch weitere Rückschlüsse zur Ausstattung des Gebäudes und zu der antiken Kultpraxis möglich sein.
In den kommenden Wochen und Monaten werden die Funde der diesjährigen Grabung gereinigt und restauriert, die digitalen Pläne werden erstellt und es wird ein Grabungsbericht verfasst. Inzwischen sei allen Leserinnen und Lesern die Sonderausstellung zu den Römern am Schöckl im Archäologiemuseum im Schloss Eggenberg empfohlen!
Hier gibt es mehr Informationen zur ersten Grabungswoche und zur zweiten Grabungswoche.
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