14. Mai 2018 / Anita Brunner-Irujo
Content-Strategie in Aktion
DIY-Usability-Tests
Die Methode basiert auf der Beobachtung des Benutzerverhaltens von Webseitenbesucherinnen und -besuchern. Die Versuchsperson soll dabei bestimmte Aufgaben ausführen, mit denen konkrete Probleme untersucht werden. Der gesamte Prozess wird über Audio- und Bildschirmaufnahmen dokumentiert. Ein vollständiges Intro-Video aus dem Buch „Rocket Surgery“ erklärt wie’s geht. Die DIY-Methode ist kostengünstig und liefert gute Ergebnisse, vorausgesetzt, die Szenarien für die Durchführung sind gut gewählt. Man kann auch zahlreiche Online-Tools wie Hotjar und RapidUsertests nutzen, die ebenfalls mit geringem Budget Zugriff auf eine größere Testgruppe ermöglichen, und auch das Klick- und Scroll-Verhalten anhand sogenannter Heatmaps dokumentieren.
UX-Guru Jakob Nielsen sagte 1993: „Sie benötigen nur 5 Benutzer, um 85 % der Usability-Probleme einer Website zu finden.“
In unserem Fall hatten wir insgesamt 16 Testpersonen, wobei es zu einigen Überschneidungen kam, die somit die Probleme bestätigten.
Test, Test, Test!
Untersuchungen der Benutzerfreundlichkeit führten zu einem besseren Verständnis fehlender Inhalte. Ein Problem betrifft die fehlende Vernetzung: Jede Seite der einzelnen Museen war eine eigene „Insel“ mit wenigen oder gar keinen Verlinkungen zu anderen Inhalten derselben Webseite, oder zu anderen Museums-Webseiten.
Daher bemühen wir uns nun Cross-Promotion zu betreiben, einerseits auf der Besuchsebene im Museum, aber auch wenn es inhaltliche Verschränkungen mit anderen Programmpunkten gibt, wie dieses Jahr zwischen den beiden Rosegger-Ausstellungen im Museum für Geschichte und im Rosegger-Museum Krieglach.
Bei der Benutzerbefragung wurde dieser Umstand besonders beim Schloss Eggenberg deutlich. Dieser Standort beherbergt 4 Museen, aber bis vor Kurzem wurde dies für die Besucher/innen kaum sichtbar kommuniziert. Dieses Video zeigt, dass die Testperson mit der Aufgabe überfordert war:
Die Testperson befindet sich derzeit in Schloss Eggenberg und soll herausfinden, ob sich weitere Museen in der Nähe befinden. Er schaut zuerst in den Abschnitt „Ihr Besuch“ und kann nichts finden, also durchstöbert er weiter erfolglos die Webseite. Schließlich klickt der Besucher auf das Universalmuseum-Joanneum-Logo und findet nun heraus, dass es andere Museen am gleichen Ort gibt. Zu bedenken ist jedoch, dass die Testperson aufgrund der Aufgabenstellung sicherlich geduldiger war als ein normaler Online-Besucher, der diese Information mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wahrgenommen hätte.
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse haben wir eine neue Seite entwickelt, die einen Überblick aller Sehenswürdigkeiten im Schloss Eggenberg anzeigt, inklusive Plan und Verlinkungen zu den anderen Museums-Webseiten vor Ort. Als wir die Inhalte erstellten, erinnerten wir uns daran, dass es bereits einen Plan vom Park in einer Publikation gab. Eine weitere Broschüre enthielt einen ähnlichen Plan mit anderen Informationen. Mit Unterstützung unseres Grafik-Referats kombinierten wir diese beiden Pläne zu einer Version mit allen besucherrelevanten Informationen für die Webseite.
Zum besseren Verständnis enthält die Karte nicht nur die Museen, sondern auch weitere Sehenswürdigkeiten wie die Gärten sowie häufig aufgesuchte Orte und Einrichtungen wie Shop, Café, Parkplatz und öffentliche Verkehrsmittel. Der Inhalt für jedes Museum gibt den genauen Ort, die Öffnungszeiten und die Entfernung zu den anderen Museen an. Die Informationen unterstützen die rasche Navigation von einem Museum zum anderen und die Kommunikation mit dem Kassen- und Informationspersonal vor Ort.
Unsere Online-Besucher/innen haben die Standortübersicht in Eggenberg sofort gut angenommen und wir nahmen das zum Anlass, weitere Übersichtsseiten zu gestalten. Diese Seiten generieren nun knapp 2.000 Seitenaufrufe im Monat. Die allgemeine Standortübersicht mit all unseren Museen ist die meistbesuchte Übersichtsseite, und besonders freut uns, dass diese Seite auch in den Ergebnissen von Suchmaschinen aufscheint.
Besucher/innen-Feedback als wichtige Quelle
Maßnahmen für redaktionelle Inhalte auf der Webseite können auch aus Besucher/innen-Feedback resultieren. Im Landeszeughaus gibt es immer wieder Beschwerden, dass es keine Informationen in den Ausstellungsräumen gibt. Dies ist dem Denkmalschutz geschuldet, was für unsere Besucher/innen nicht sofort nachvollziehbar ist. Deshalb wurde ein Hinweis verfasst, der auf diesen Umstand aufmerksam macht und auf alternative Informationsmöglichkeiten hinweist:
Der Hinweis auf die weiterführenden Materialien resultierte seitdem in über 6.000 Zugriffen auf den Audioguide. Das gedruckte Begleitheft, das vor Ort aufliegt, haben wir für die Webseite als Standortübersicht aufbereitet und durch die Verlinkung sind die Zugriffe auf die Sammlung um über 30 % gesteigert worden. Übrigens, Links im Text sind nicht nur für Online-Besucher/innen wichtig, auch Suchmaschinen bewerten die Wichtigkeit von Inhalten anhand von Links, die auf eine Seite führen.
Dieser Tipp wird auch auf Social Media kommuniziert, und die schönste Bestätigung erhielten wir auf Tripadvisor, wo ein Besucher meinte:
„Vor dem Besuch sollte man die Hinweise auf den Internetseiten beachten, was wir leider nicht getan haben.“
Sinnvolle Navigationsstruktur
Für den Relaunch der Webseite 2014 wurde in der übergeordneten Navigation ein eigener Bereich für die Abbildung aller Standorte auf Google Maps eingerichtet. Die Karte korrelierte mit dem Link zum Museum, über den der Mauszeiger fuhr, jedoch stellte sich beim Testen der Benutzerfreundlichkeit heraus, dass die angedachte Funktion so nicht funktionierte.
Wir haben diese Funktionalität nie hinterfragt, weil wir sie als Service empfanden und extra programmieren ließen. Dass dies zwar gut gemeint, aber nicht zielführend war, war eine sehr wichtige Erkenntnis aus der Befragung.
Wir haben uns deshalb kurzerhand dazu entschlossen, die Karte zu entfernen und dafür die Navigation in die Bereiche Graz, Steiermark und Forschung zu strukturieren. Die Adaptierung war kein großer Aufwand und Besucher/innen können nun die Museen und deren Standorte besser unterscheiden.
Warum auch Sie Benutzertests durchführen sollen
Wir sind uns einiger inhaltlicher und struktureller Probleme auf unserer Webseite bewusst, aber den Nutzern dabei zuzusehen, wie sie sich (mehr oder weniger) zurechtfinden, verdeutlicht den Handlungsbedarf. Oft braucht man diese Außensicht, um Probleme aufzudecken zu können. Eine Änderung umzusetzen dauert vielleicht nur 10 Minuten, kann aber große positive Auswirkungen für Online-Besucher/innen haben.
Unsere neu gestalteten Inhalte schaffen es, Besucher/innen vorab besser über das Angebot vor Ort zu informieren. Wir haben unsere Besucher/innen nach ihren Bedürfnissen gefragt, haben unsere bestehenden Offline-Inhalte durchforstet, um sie online wiederzuverwerten, sowie neue Inhalte generiert. Die Zugriffszahlen im Vergleich von vorher zu nachher bezeugen den Erfolg unserer Maßnahmen.
Die interne Präsentation der Ergebnisse der Benutzer/innen-Befragung und der Analyse erzeugte mehr Verständnis für die Besucherbedürfnisse. Wir haben seither auch eine Test-Instanz unserer Webseite, wo wir im Hintergrund verschiedene Lösungsansätze wie z. B. neue Struktur von Inhalten entwickeln und intern besprechen können, bevor wir sie online zur Verfügung stellen. So können wir die Webseite agil weiterentwickeln und verbessern, ohne einen gesamten Relaunch durchzuführen.
Darüber hinaus hat uns dieses Projekt dazu angeregt, online mehr Cross-Promotion zu betreiben, was sich auch auf den Umgang mit Printmedien auswirkt. Wir versuchen in unserem Referat Marketing & Kommunikation verschränkter zu denken und zu handeln, denn was für den Druck entwickelt wird, ist oft auch für die Online-Welt interessant, um für unsere Besucher/innen ein gutes Gesamterlebnis in unseren Museen zu ermöglichen.
Schlagworte: Content Strategie | Digitale Strategie | Webseite