Kunst⇆Handwerk in Leipzig, 2020, Foto: GfZK Leipzig/Alexandra Ivanciu

26. Mai 2020 / Barbara Steiner

Kunst ⇆ Handwerk: Vom Kunsthaus Graz in die Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig

Kunst- & Naturvermittlung | Museumseinblicke | Neue Galerie mit BRUSEUM

Ursprünglich sollte die Ausstellung Kunst ⇆ Handwerk Anfang April in der Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig eröffnet werden. Doch der Transport der Kunstwerke konnte wegen der durch Sars-CoV-2 ausgelösten Grenzschließungen nicht mehr stattfinden und ließ mehrere Wochen auf sich warten. Am 15.5. wurde die Ausstellung dann mit den entsprechenden Einlass- und Abstandsregeln und großem Interesse eröffnet.

Eröffnung, vorne links im Bild: Olaf Holzapfel, Wandgestaltung/Raumkonzept: Modern Temperament, Foto: Barbara Steiner

Graz Leipzig

Konzept und Beteiligte entsprechen der Ausstellung im Kunsthaus Graz: Zeitgenössische Künstler/innen widmen sich dem Verhältnis und den wechselhaften Beziehungen von Kunst und Handwerk. Das Handwerk wird dabei als wesentlicher Bestandteil einer materiellen Kultur, kulturellen Identität und Gemeinschaft verstanden und darüber hinaus mit sozialen sowie ökonomischen Verhältnissen und Produktionslogiken in einer globalisierten Welt zusammen gedacht. Die Arbeiten zeigen ein Verständnis von Handwerk, das sich hin zu außereuropäischen Kulturen, zur modernen und zeitgenössischen Kunst, zu aktuellen Diskursen und zu digitalen Entwicklungen öffnet und Kulturtransfers über nationale Grenzen hinweg nachzeichnet. So weit zu den Gemeinsamkeiten.

Links: Plamen Dejanoff, The Bronze House, 2006-19, Wandgestaltung/Raumkonzept: Modern Temperament; Rechts: Antje Majewski, Panier de Poulet, 2017; Olivier Guesselé-Garai, Woven Line, 2017/2019, Foto: GfZK Leipzig/Alexandra Ivanciu

Räumlich entfaltet sich die Ausstellung auf komplett andere Weise, und das hat wesentlich mit dem Gebäude von as-if wien-berlin zu tun. Über die Raumzonen (es gibt keine abgeschotteten Räume) entfaltet sich ein relationales Gefüge zwischen den künstlerischen Positionen und Werken. Da sich das Gebäude über großformatige Fenster öffnet, dringt die Natur buchstäblich in den Innenraum ein. Am Beispiel von Olaf Holzapfels Reet-Installation oder von Plamen Dejanoffs Bronze House kann man sehen, auf welche Weise Künstler/innen mit Licht- und Schatteneffekten arbeiten. Modern Temperament (Oliver Klimpel/Till Sperrle) haben – auch anders als in Graz – ein Farbkonzept für die Wände entwickelt, das Anleihen bei verschiedenen Interieurs nimmt und einen gemeinsamen, gleichwohl jeweils auf die gezeigten künstlerischen Arbeiten abgestimmten Rahmen schafft.

Plamen Dejanoff, Wandgestaltung/Raumkonzept: Modern Temperament, Foto: GfZK Leipzig/Alexandra Ivanciu

Gleich und doch ganz anders

Es sind dieselben Künstler/innen, aber in drei Fällen nicht dieselben Arbeiten. Von Jorge Pardo wird eine Skulptur gezeigt, die dieser für die katholische Kirche St. Trinitatis in Leipzig anfertigte, die aber dort nie aufgestellt wurde. Der Christus am Kreuz erinnerte wohl zu sehr an eine weibliche Figur. Im Kontext einer Institution für zeitgenössische Kunst verliert sich diese religiöse Konnotation fast völlig: Man sieht in erster Linie eine abstrakte Skulptur. Und das entspricht auch genau Pardos Interesse, Objekte so anzulegen und zu präsentieren, dass diese je nach Ort mit sehr unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen werden können.

Jorge Pardo, Corpus, 2015, Foto: Barbara Steiner

Olaf Holzapfel, der in Graz riesige Wände aus Stroh aufstellte, entschied sich diesmal für das Naturmaterial Reet. Er hat einen offenen, aber begehbaren Raum geschaffen, der bereits von außen, wenn man auf das Gebäude zukommt, zu sehen ist. Und von Haegue Yang ist A Crated Route of Emergency. Escaping and Locking zu sehen. Ihre schwarzen Intermediates, die wir in Graz gezeigt hatten, gehen nämlich im Herbst in die Kestner Gesellschaft in Hannover. In der Galerie für Zeitgenössische Kunst wird gegenwärtig nur die „halbe Ausstellung“ aus Graz präsentiert, die „andere Hälfte“ wird in der Kestner Gesellschaft in Hannover gezeigt. Das mag ungewöhnlich anmuten, war aber von Anfang an beabsichtigt: Die Grazer Ausstellung teilt und konfiguriert sich damit an jedem Ort in spezifischer, an die Räume angepasster Weise. Es gibt sogar ein zweiwöchiges Zeitfenster und damit die Möglichkeit, Ende September/Anfang Oktober beide Teile zu besichtigen.

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