24. Juli 2023 / Universalmuseum Joanneum
Den Schilden im Zeughaus geht’s ans Leder!
Das Landeszeughaus ist für seine umfangreiche Sammlung an historischen Rüstungen, Blank- und Schusswaffen bekannt. Bei dieser Menge an Eisen könnte man meinen, dass Rost das Hauptproblem der Restauratoren im Zeughaus ist. Tatsächlich zeichnet eine 2021 durchgeführte Zustandserfassung der Sammlung ein anderes Bild. Neben dem Metall sind in den verschiedenen Objekten Holz, Leder und Textilien eingearbeitet, wobei die letzteren beiden Materialgruppen am meisten vom Zerfall bedroht sind.
Unsichtbar im Hintergrund
Die eisernen Rundschilde, sog. Rondatschen bzw. Rundtartschen, die im 4. Stock des Landeszeughauses ausgestellt werden, fielen bei der Zustandserfassung besonders auf. Äußerlich betrachtet wirken die Objekte stabil und weisen keine Korrosion auf dem Metall auf. Jedoch sind 18 der insgesamt 84 Schilde rückseitig mit originalem Leder bespannt. Dieses Leder ist in einem sehr schlechten Zustand. Das Material ist an viele Stellen gerissen und die Oberfläche ist stark abgeschürft (Abb. 1). Die Restaurierung dieser Schilde wurde deshalb sukzessiv in der Werkstatt des Landeszeughauses realisiert.
Was ist geschehen?
Aufzeichnungen über Altrestaurierungen an den Schilden fehlen, jedoch gibt es klare Hinweise, dass die Objekte früher bereits bearbeitet worden sind, vermutlich in den 1950ern. Ein klares Zeichen dafür sind neue, runde Unterlegscheiben und neu eingefügtes Leder an den Rändern zur Sicherung von lockeren Teilen (Abb. 2).
Die Abdrücke der originalen achtkantigen Unterlegscheiben aus dem 16. Jh. sind an einigen Stellen noch gut zu erkennen (Abb.3).
Obwohl die Schilde bereits einmal restauriert worden sind, befinden sie sich in einem sehr abgebauten Zustand. Die spröde Oberfläche, der niedrige pH-Wert von 3 (sauer) und die rötliche Verfärbung des Materials deuten auf eine chemische Zersetzung des Leders hin, den sog. „roten Zerfall“ – eine Abbauerscheinung, die besonders bei pflanzlich gegerbtem Leder auftritt (Abb. 4).
Diese Art des Zerfalls ist eine irreversible, d. h. nicht rückgängig zu machende Abbauerscheinung der Lederfasern. Ist dieser Prozess einmal in Gang gesetzt, verliert das Leder an Festigkeit und Flexibilität. Ziel der Bearbeitung war es daher, die erhaltene Lederbespannung zu sichern und damit einem weiteren Abrieb und Verlust des Materials vorzubeugen.
Die abgebaute Ledersubstanz musste mit besonderer Sorgfalt behandelt werden, da sie sehr empfindlich auf Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit reagiert. Eine Behandlung mit wasserhaltigen Mitteln wurde deshalb vermieden. Es bestand sonst die Gefahr einer Schrumpfung und Versprödung des Materials.
Leder ist grundsätzlich ein sehr komplexes Material, da es aufgrund seiner Herstellung und Gerbung sehr unterschiedliche Eigenschaften besitzt.
Zur Bearbeitung des Objektes hätte die Belederung abgenommen werden können. Weil das Leder aber relativ trocken war und sich unter Spannung befand, wurde gegen eine Ausbohrung der Nieten, die das Leder fixieren, entschieden. Diese Vorgehensweise schonte die originale Substanz.
Restaurierung
Die Restaurierung der Rondatschen mit Lederbespannung erfolgte sukzessive in drei Schritten:
Zuerst wurde die Lederoberfläche mit einem regelbaren Museumsstaubsauger mit HEPA-Filter gereinigt, damit keine Fremdkörper, wie z. B. Staub, beim nächsten Schritt miteingeschlossen werden.
Anschließend wurde die poröse Oberfläche mit einem Lederfestigungsmittel (Hydroxypropylcellulose, 2 %) in wasserfreiem Alkohol gefestigt, um einen weiteren Materialverlust zu vermeiden. Die Festigung führte zu einer leichten Verdunkelung der Oberfläche, die aber in einem vertretbaren Rahmen lag.
Nach der Festigung konnten Risse und sich abhebende Schichten mit Hydroxypropylcellulose (15 %) in wasserfreiem Alkohol verklebt werden. Für kleine Fehlstellen wurde ein „Lederkitt“ aus demselben Klebemittel und gerupften Lederfasern verwendet.
Die restaurierten Schilde werden regelmäßig auf Veränderungen überprüft, um bei akutem Bedarf schnell reagieren zu können.
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