16. Juli 2016 / Karin Leitner-Ruhe
Albrecht Dürer, Adam und Eva, Wunder Tier Teil 7
In seinem Stich Adam und Eva von 1504 greift Albrecht Dürer (1471–1528) auf zahlreiche eigene Tierstudien zurück. Insgesamt acht Tiere finden sich in diesem Bild. Vier von ihnen verkörpern nach mittelalterlicher Lehre die Temperamente: der Elch den Melancholiker, der Ochs den Phlegmatiker, der Hase den Sanguiniker und die Katze den Choleriker. Vor dem Sündenfall standen diese Gemütszustände im Gleichgewicht zueinander und beeinflussten den Menschen nicht. Danach gewannen sie laut der mittelalterlichen Mystikerin Hildegard von Bingen (um 1098–1179) Einfluss auf den Menschen, der sich je nach Gewichtung des Temperaments zur animalischen Triebhaftigkeit und Manipulation verleiten ließ.
Im Hintergrund rechts oben steht kaum wahrnehmbar eine Gämse auf der Bergspitze. Von ihr ist im Physiologus – einem frühchristlichen Tierbuch – zu lesen, dass sie die hohen Berge liebe, von diesen herabblicke und erkenne, ob die Herannahenden voll List oder Freundlichkeit kommen.
Der Papagei kehrt dieser Szene demonstrativ den Rücken zu. Er gilt als Sinnbild der Klugheit im Gegensatz zur listig-verführerischen Schlange. Laut naturwissenschaftlichen Aufzeichnungen wird der Charakter des Papageis im 16. Jahrhundert als sehr friedfertig beschrieben. Dieser Vogel lebe in Sympathie mit allen anderen Tieren.
Zu den Füßen des Urelternpaares schlummert friedlich eine Katze, die scheinbar keine Notiz nimmt von der Maus, die sich direkt vor ihr befindet. Diese beiden Tiere symbolisieren die Spannung zwischen den Geschlechtern und den Temperamenten sowie den Ausblick auf den Ausgang jener unheilvollen Geschichte, die sich gerade über ihnen ereignet: das Ende eines paradiesisch-idealen Urzustandes. Indem Martin Luther das Sprichwort „Der Katzen Spiel ist der Mäuse Tod“ mit dem Sündenfall verband, wollte er ausdrücken, dass die Menschen hier zum Spielzeug des Teufels werden.
Alle, die noch mehr über diesen Kupferstich erfahren wollen, sind am 7. August 2016 sehr herzlich eingeladen zu den Führungen durch die Alte Galerie im Rahmen des Open House im Schloss Eggenberg!
Tipp:
Open House
“Safari” in Schloss Eggenberg
7. August von 10 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt
Tagesprogramm in der Alten Galerie
Wundersam Tierisches
Tiermotive im Mittelalter
Kuratorinnenführung mit Dr. Helga Hensle-Wlasak
10:30, 12:30 Uhr
Schweine, Meerkatze und Papagei
Die Tierwelt bei Albrecht Dürer
Kuratorinnenführung mit Dr. Karin Leitner-Ruhe
11:30, 13:30 Uhr
Tierisches und Menschliches
Eine Führung zur Barockmalerei
Kuratorinnenführung mit Dr. Christine Rabensteiner
14:30, 16 Uhr
Schlagworte: Albrecht Dürer | Tiere im Museum | Wunder Tier
Andreas Behrens
Zu Albrecht Dürer (1471–1528), Adam und Eva (Detail), 1504, Kupferstich, Alte Galerie, Inv.-Nr. AG.K. 1.Adam und Eva (noch im Paradies), ist ein Kupferstich von 1504, gestochen von Albrecht Dürer. Nach dem Verbot Äpfel vom Bau der Erkenntnis zu essen ändert sich dramatisch das paradiesische Geschehen. Im Paradies – einem Ort auf der Erde – sollte es den Menschen wohl ergehen, so das sie glücklich in ihrer Umwelt leben konnten. Danach beherrschten Mühsal und Tod die Szenerie der Menschen. Diesen Zeitpunkt des Wandels kündigte Dürer in seiner Druckgrafik an. Da das Leben im Paradies unendlich erschien, sollte es nach dem Verlassen des “heiligen Ortes” zu einer Anpassung der Arten innerhalb der Lebensalter kommen. So besitzen Mäuse ungefähr ein Jahr der Lebenszeit, Frösche vier Jahre, Hasen acht Jahre, Hirsche 18 Jahre, Gämse 20 Jahre, Rinder 25 Jahre, Schlangen 30 Jahre und Menschen zur Renaissancezeit zwischen 40 und 60 Jahren. Als ältestes Tier in Dürers Druckgrafik gilt der Papagei. innerhalb der Pflanzenkunde hat der Feigenbaum ein Alter von 90 Jahren, der Apfelbaum wird ungefähr 150 Jahre alt und das Gras oder der Rasen kann bis zu 5000 Jahren alt werden. Einige Interpretationen zu diesem Blatt, ergeben eine andere Deutung, sie beruhen auf die vier Säfte- und Temperamentlehre, die es innerhalb der Natur, bzw. der Organismen – nach damaliger Lehrmeinung – gab. “Vier von ihnen verkörpern nach mittelalterlicher Lehre die Temperamente: der Elch (Hirsch) den Melancholiker, der Ochs den Phlegmatiker, der Hase den Sanguiniker und die Katze den Choleriker” (Quelle: Universalmuseum Joanneum). Diese Interpretation hält z. B. den Hasen generell für sanguinisch, was nicht möglich ist, da alle Lebewesen einem Zeitverlauf folgen. Der Hase kann innerhalb des Tierkreises alle Temperamente annehmen. Innerhalb der Architektur spielen die Adam- und Eva Häuser eine wichtige Rolle, hier wird zwischen Schöpfung und Paradies unterschieden. Durch den “freien Willen” des Menschen konnte sich z. B. die Antike etablieren, obwohl sie auch der Schöpfung nach christlicher Lehre entspricht. In diesem Kontext steht das Adam- und Eva Haus in Lemgo.