Blick in die Eingangshalle © Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum, Franco Stella

2. August 2013 / Anna Fras

Museen, ihre Architektur und Objektpräsentation

Kunst- & Naturvermittlung

Der Geschichte des musealen Zeigens am Beispiel der Museen Berlins widmete unsere Museumsakademie eine fünftägige Auslandsexkursion in die deutsche Bundeshauptstadt. 17 Expertinnen und Experten aus dem musealen Umfeld, darunter Kuratoren und Kuratorinnen, Pädagogen und Pädagoginnen sowie Ausstellungsgestalterinnen und -gestalter besuchten dabei von 22. bis 26. Juli elf Berliner Museen um der Frage nachzugehen, was Museen in welcher Form ausstellen, um (historische) Inhalte zu transportieren und zu vermitteln.

Eine kleine Serie an Blogbeiträgen gibt in den nächsten Tagen einen kurzen Überblick über ausgewählte Projekte, die mir auf irgendeine Art und Weise besonders in Erinnerung geblieben sind – sowohl positiv als auch negativ.

Moderne Kunst- und Wunderkammer?  Das Projekt Humboldtforum

Wunderkammern, die besonders im 16. und 17. Jahrhundert ihre Hochzeit erlebten, waren eine Art Modell einer begehbaren Welt und oft auch Orte kurioser und exotischer Dinge. Denkt man an diese Räume, entstehen in unseren Köpfen Bilder von präparierten Krokodilen und Schildkröten, seltenen Perlen und Korallen, oder auch Waffen. Im Zentrum Berlins wird gerade gebaut und in der „Agora“ des Humboldtforums soll eine mit dem Prinzip der Kunst- und Wunderkammer vergleichbare „Galerie der Überraschungen“ (Arbeitstitel) entstehen.

In unmittelbarer Nähe der Museumsinsel in Berlin Mitte befindet sich ein Grundstück, auf dem bis zu seinem Abriss der Palast der Republik und davor das Berliner Stadtschloss standen. Auch dieser Ort ist aus meiner Sicht „kurios“:  Die diesjährige Grundsteinlegung sieht eine Neugestaltung vor, bei der die ursprüngliche Schlossfassade wieder aufgebaut und gleichzeitig um einen Neubau ergänzt werden soll.

Baustelle des Humboldtforums in Berlin Mitte, im Hintergrund die Humboldt-Box, Foto: A. Fras

Das umfangreiche Projekt soll in Bezug auf die beiden Wissenschaftler Alexander und  Wilhelm Humboldt Humboltforum heißen und mehrere Institutionen unter einem Dach vereinen: die Humbolt-Universität zu Berlin, die Zentral- und Landesbibliothek Berlin und die ethnologischen Sammlungen mit dem Schwerpunkt der Künste und Kulturen Asiens, Afrikas, Amerikas, Australien und Ozeaniens. Mit seinem Umfang von etwa 20.000 m² Ausstellungsfläche liegt die Schwierigkeit dieses Vorhabens, das 2019 finalisiert werden soll, nicht nur am Bauvorhaben an sich, sondern in der Folge auch an der Bespielung dieser immensen Flächen. Die Meinungen in Bezug auf das Forum sowie auch das temporäre Humbolt Lab Dahlem, das als Ort der Erprobungsphase für zukünftige Ausstellungen dient, scheinen jedoch unter den Berlinern und auch dem Rest Deutschlands sehr kontrovers zu sein.

Galerie der Überraschungen

Weder der Palast der Republik noch das Berliner Stadtschloss waren Orte der Wunderkammern – wieso also an diesem Standort eine Wunderkammer errichten, die den Besucherinnen und Besuchern Lust auf einen ausgiebigen Museumsbesuch macht?

Neben den Ausstellungen in den ethnologischen Sammlungen soll der Eingangsbereich des Forums, die sogenannte „Agora“, gestaltet werden und mit ausgewählten Objekten Einblicke in 500 Jahre Geschichte zeigen. In dieser Eingangshalle findet auch der erste Kontakt der Besucherinnen und Besucher mit dem Museum statt. Räumliche Dimensionen, die weniger ein Gefühl des Willkommenseins auslösen, erfordern eine Gegenstrategie. Allein die Zahlen und Fakten des „Vorraums“ sind überwältigend: Drei Stockwerke, ein überdachter Raum mit 1265m² Fläche, eine Raumhöhe von 28 Metern und 57 Nischen.

Blick in die Eingangshalle
© Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum, Franco Stella

Der Kurator Daniel Tyradellis und der Ausstellungsgestalter Andreas Pinkow, die die  „Galerie der Überraschungen“ umsetzen, wollen mit ihrem Projekt dieses Gefühl vermeiden und eine angenehme Atmosphäre schaffen, die Lust darauf macht, die im Haus untergebrachten Institutionen zu besuchen. Im Moment feilen die beiden Designer noch an der Entwicklung diverser Präsentationsmöglichkeiten. Sie wollen die Nischen in den verschiedenen Stockwerken optimal nützen und als Art „Wunderkammern“ inszenieren. Ihr Konzept sieht die Nutzung und Gestaltung dieser Nischen vor: Eine Galerie der Überraschungen. Obwohl trotz alledem das Wort „Wunderkammer“ bei der Präsentation und dem gemeinsamen Gespräch immer wieder fiel, sollen eigentlich 500 Jahre Weltaneignung gezeigt werden, um die Frage „Was ist ein Deutscher bzw. eine Deutsche und wo finden sich Berührungspunkte zu anderen Kulturen?“ zu beantworten.

Die Lösung liegt dabei in einer Unterteilung der Themenbereiche in drei Kategorien: Zum einen sollen Beüge zu Berlin und zur Welt hergestellt werden und drittens soll jedes Objekt einen Überraschungseffekt bei den Besucherinnen und Besuchern auslösen, der auch künstlich durch den Einsatz unterschiedlicher Lichtelemente und verschiedener Lichtquellen verstärkt werden sol, die auf die Menschen im Raum reagieren. Nähert man sich beispielsweise den Nischen, erleuchten diese „Boxen“ und informieren über die einzelnen Objekte.

Im Gespräch mit Daniel Tyradellis und Andreas Pinkow kristallisierte sich heraus, dass die Probleme des Projekts stärker auf der organisatorischen als auf der inhaltlichen Seite angesiedelt sind. Drei Einrichtungen sind an der Gestaltung beteiligt und da es keinen übergeordneten Projektleiter oder Intendanten gibt, der das Projekt betreut, geraten Arbeitsprozesse immer wieder ins Stocken. Der größte Teil des Gebäudes wird der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit den außereuropäischen Sammlungen zur Verfügung stehen, die jene an diesen Ort holen.

Ein weiteres Thema betraf die Architektur von Museumsbauten. Auch Bauten wie das Kunsthaus Graz wurden immer wieder als Beispiel herangezogen und kritisiert, da die Hülle die Objekte in den Hintergrund stellen würde – für das Ausstellen von Kunst sichtlich nicht immer leicht. Doch wie verhält es sich in Bezug auf historische Museen, bei denen die Objekte zwar wichtige Zeugnisse sind, jedoch vor allem das Vermitteln von Geschichte im Vordergrund steht? Unter den von uns besuchten Museen stachen zwei besonders hervor: einerseits das Jüdische Museum mit seiner spektakulären Architektur von Daniel Libeskind und andererseits das DDR Museum, mit seiner ausgefallenen innenarchitektonischen Gestaltung.

Mehr zu beiden Projekten folgt im zweiten Teil Blogbeitrag Populäre Architekturen am Beispiel des Jüdischen Museums und des DDR Museums.

To be continued

Kategorie: Kunst- & Naturvermittlung
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