17. Mai 2013 / Christoph Pelzl

Von der Tongrube ins Museum

Forschung | Naturkundemuseum

Im Zuge der Neuaufstellung des Naturkundemuseums im März 2013 fand ein 7 Jahre andauerndes Projekt seinen erfolgreichen Abschluss: Die 2006 bei Grabungsarbeiten gefundene, 11,5 Millionen Jahre alte und 5 m lange Wasserfichte aus der Tongrube Mataschen ist erstmals in voller Größe zu sehen.

Ein 11,5 Millionen Jahre alter Baum für das Naturkundemuseum

Ingomar Fritz, Sammlungskurator der Abteilung Geowissenschaften, führte gestern Nachmittag die 15 am Projekt beteiligten Personendurch die Ausstellung im Joanneumsviertel, die sich sichtlich über ein Wiedersehen mit “ihrer Wasserfichte” in der Ausstellung freuten.

 

Das Treffen des Projektteams am 16. Mai 2013 im Naturkundemuseum, Foto: UMJ/N. Lackner

Die Tongrube Mataschen

Vor ca. 11,5 Millionen Jahren wurde in der Region um Kapfenstein ein Sumpfwald langsam überflutet und von gewaltigen Schlammmassen bedeckt. Dadurch wurden unzählige Bäume und die zugehörige Lebewelt – Sumpfschildkröte, Riesensalamander, Biber und Fische – im Schlamm eingebettet und versteinert.

Wasserfichte im neu eröffneten Naturkundemuseum, 2013, Foto: UMJ/N. Lackner

Die Grabungen

Seit 1998 organisiert die Abteilung Geowissenschaften des Universalmuseums Joanneum (vormals Abteilung Geologie & Paläontologie des Landesmuseums Joanneum) in der Tongrube Mataschen (Kapfenstein, Oststeiermark) Fossiliengrabungen. Neben zahlreichen Versteinerungen wurde im Zuge des Tonabbaus auch eine Vielzahl von Bäumen in der Tongrube Mataschen freigelegt; eine Erhaltung dieser fossilen Zeugen einer ehemaligen Sumpflandschaft war aber nie gelungen, da die Baumstrünke mit Durchmessern bis 1,5 m und Höhen von knapp 5 m schwach inkohlt sind und in kleine Stücke zerbrechen, sobald sie aus dem feuchten Ton freigelegt werden und zu trocknen beginnen.

Im Jahr 2005 wurden anlässlich einer Fossiliengrabung mit Schülerinnen und Schülern auch Proben von derartigen Hölzern genommen und in bergfeuchtem Zustand an Herrn Dr. Hoffmann im Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven zur Analyse und Begutachtung geschickt. Sein Wissen über und seine Erfahrung mit der Konservierung von wassergesättigten urzeitlichen Hölzern haben in der Folge die entsprechende Rezeptur zur Konservierung des Baumes aus Mataschen erbracht. Dabei handelte es sich um ein Konservierungsmittel der Gruppe Polyethylenglykol (PEG), das für die Konservierung von Hölzern besonders geeignet ist.

Fossiliengrabung mit Schülerinnen und Schülern in der Tongrube Mataschen (Kapfenstein, Oststeiermark), 2005, Foto: UMJ

Diese Rezeptur stellte die Voraussetzung für ein mehrjährigesKonservierungsverfahren desfossilen Baumes dar. In einem ersten Gespräch wurde auch die Koordinierung von Bergung, Transport und Lagerung einesBaumes – sobald dieser in passender Größe und geeignetem Erhaltungszustand im Zuge des Tonabbaus zum Vorschein kam – besprochen. Neben der Firma Lias Österreich GesmbH sagten auch die Gemeinde Kapfenstein und die Freiwillige Feuerwehr Mahrensdorf ihre Unterstützung dieser Arbeiten zu. Die Firma Clariant, Erzeuger von Spezialitätenchemie, war vom Projekt sehr angetan, stellte das Konservierungsmittel PEG kostenlos zur Verfügung und hatte trug somit maßgeblich zur Verwirklichung bei.

Am 18. August 2006 war es so weit: Gleich drei Bäume wurden gesichtet und konntengeborgen werden. Mit schwerem Gerät wurden die vorbereiteten Grabungsarbeitendurchgeführt, mit viel Fingerspitzengefühl durch den Baggerfahrer wurde der Baumriesemitsamt seinem Wurzelbereich freigelegt und von seiner tonigen Ummantelung befreit.

Stück um Stück – die Bäume waren bereits vor Millionen Jahren im Zuge der Verfestigungdes umgebenden Tonmaterials abgeschert worden – wurden die einzelnen Baumteile mit Seilen und Gurten geborgen. Danach erfolgte die zeitaufwendige Säuberung, denn die Tonhülle musste zur Gänze entfernt werden. Neben Geologenhammer, Spateln und Bürsten half vor allem ein Druckreiniger mit hohem Wasserdruck beim Säubern. Die Baumstücke mussten nach der Freilegung permanent feucht gehalten werden, um ein Trocknen und damit verbundenes Zerreißen zu verhindern.

Das sichtlich glückliche Bergungsteam in der Tongrube Mataschen, 2006, Foto: UMJ

Die Konservierung

Nach der Reinigung erfolgte der Lkw-Transport von Kapfenstein nach Söchau, wo in einem Lagerraum, den der Paläontologe des Universalmuseums Joanneum, Martin Groß, zur Verfügung gestellt hatte, bereits ein stabiles, wasserdichtes Becken (310 cm x 200 cm x 140 cm) vorbereitet war. Das Einlegen der Baumteile in dieses Becken wurde von einem Traktor mit Vorderlader unterstützt und war aufgrund der Baum- und Raumgrößen Maßarbeit.

Die Füllung des Beckens mit einer 25-prozentigen Lösung von PEG 200 wurde durch die Freiwillige Feuerwehr Söchau mit einem Tanklöschfahrzeug unterstützt. Nach zwei Jahren wurde der Baum in einer 50-prozentigen Lösung PEG 3350 für weitere zwei Jahre eingelegt. Der gesamte Prozess dauerte vier Jahre.

 

Im Konservierungsprozess stehendes Baumstück in der früheren naturkundlichenSchausammlung, 2006, Foto: UMJ

Ab September 2006 bekamen Besucherinnen und Besucher anlässlich der Sonderausstellung Die Urwelt – Fossile Reste und ihre gemalteInterpretation im Naturkundemuseum einen im Konservierungsprozess stehenden, 1,7 m langen Baumteil zu sehen. Danach wurde das Objekt, das in einem  Plexiglasrohr mit 45 cm Durchmesser aufbewahrt wurde, in der früheren naturkundlichen Schausammlung in der Raubergasse ausgestellt.

Seit der Eröffnung der neuen Dauerausstellung im Naturkundemuseum am 15. März 2013 ist der knapp 5 m hohe Baumstrunk der Wasserfichte nun erstmals in seiner ganzen Pracht zu sehen. Ein kleineres Exemplar ist seit 2011 im Museum Geo-Info Kapfenstein ausgestellt.

Kategorie: Forschung | Naturkundemuseum
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