22. Dezember 2013 / Helga Hensle-Wlasak

Blogserie: Weihnachten in der Kunst #Barock #Mittelalter

Alte Galerie

Schon immer wurden Themen wie die Geburt Christi, die Anbetung der Hirten oder die Anbetung der Könige in der bildenden Kunst dargestellt. In der Dauerausstellung der Alten Galerie des Universalmuseums Joanneum befinden sich Werke von Künstlern aus dem Mittelalter und dem Barock und diese biblischen Szene auf unterschiedliche Art darstellen. Mit drei ausgewählten Gemälden wollen wir euch die Tage bis Weihnachten verkürzen.

Die Geburt Christi nach der Vision der heiligen Birgitta

Jedem von uns ist die Darstellung der Geburt Christi in der alten Kunst geläufig. Allerdings hat das Motiv seit seinem ersten Auftreten im frühen Christentum viele Varianten erfahren. Die wichtigsten Bildelemente – das Kind in der Krippe, Maria und Josef, der Ochs und der Esel, die Hirten und die Magier – sind im Laufe der Jahrhunderte immer wieder abgewandelt und zu neuen Bildformen weiterentwickelt worden. Eines der innigsten Weihnachtsbilder ist das im späten Mittelalter gestaltete Geburtsbild, das auf die heilige Birgitta von Schweden zurückgeht. Mit dieser Vision der Schmerzlosen Geburt Christi veränderte sich die Geburtsikonografie in der abendländischen Kunst nachhaltig.

 

Die Geburt Christi nach der Version der heiligen Birgitta

Österreichischer Meister, Geburt Christi, um 1480, Sonntagsseite eines beidseitig bemalten Altarflügels (Werktagsseite: Verkündigung an Maria), Tempera auf Fichtenholz, Vergoldung mit Brokatmusterung;
Foto: UMJ

Die heilige Birgitta wurde um 1302/03 in der Provinz Uppland als Angehörige des schwedischen Hochadels geboren. Nach dem Tod ihres Gatten erfuhr sie die Berufung zur „Braut und Mittlerin Christi“ und gründete einen eigenen monastischen Doppelorden mit Sitz in Vadstena. Sie selbst trat allerdings nicht dem Orden bei. Einflussreiche geistliche Beichtväter und Berater standen Birgitta zur Seite und dokumentierten ihr prophetisches Leben. Im Jahr 1350 zog sie nach Rom, wo sie sich die Rückführung des Papstes aus dem Exil in Avignon und die päpstliche Anerkennung ihrer Ordensgründung zur Aufgabe machte. Ihre adelige Abstammung verhalf ihr schnell zu hohem Ansehen und großer Bekanntheit. Ihre beiden großen Vorhaben gelangen aber nur bedingt: Der Papst kehrte bloß vorübergehend nach Rom zurück und die eigene Ordensregel für ihre Klostergründung wurde nicht approbiert. Während einer Pilgerreise in das Heilige Land in den Jahren 1371 bis 1373 erfuhr sie zwei ihrer berühmtesten Visionen: jene von der Kreuzigung Christi und eben diese von der Geburt des Jesuskindes. Kurz nach ihrer Rückkehr verstarb sie 1373 in Rom. Unter dem Titel Revelationes Celestes (Die himmlischen Offenbarungen) hat ihr spanischer Beichtvater Alfonso von Jaén alle Offenbarungen kompiliert und handschriftlich bald nach dem Tod Birgittas in den Umlauf gebracht; in gedruckter Form erschienen die Revelationes erstmals zwischen 1475 und 1480 in lateinischer und deutscher Sprache. Nach ihrer Heiligsprechung 1391 galt Birgitta wegen ihrer nordischen Abstammung und ihrer Stellung als Frau lange Zeit als umstrittene Heilige der römischen Kirche.

Die in Bethlehem empfangene Vision von der Schmerzlosen Geburt Christi ist wohl die bekannteste von den insgesamt circa 700 Offenbarungen. Unmittelbar danach sind im Raum Neapel, dem Zielhafen bei Birgittas Rückkehr aus dem Heiligen Land, bereits die ersten bildhaften Darstellungen entstanden. Sie halten sich streng an den Visionsbericht und schildern die Geburt des Christuskindes als einen schmerzlosen, eher spirituellen denn natürlichen Vorgang. Der neue ikonografische Typus verbreitete sich rasch in den Norden, zuerst in der Buchmalerei, ab 1400 auch in der Tafelmalerei.

 

Jesuskind

Das nackte Kind, Detail;
Foto: UMJ

Anhand eines Tafelbildes aus der Alten Galerie, das um 1470/80 von einem anonymen Künstlers geschaffen worden ist, können die charakteristischen Einzelheiten nachvollzogen werden. Maria kniet in tiefer Anbetung vor ihrem Kind, das sie nach der birgittischen Vision in einem einzigen wundersamen Augenblick ohne Schmerzen und Schwächung zur Welt gebracht hat. Ihre schönen goldenen Haare hängen textgemäß über ihre Schultern herab. Das nackte Kind liegt nicht wie bisher üblich in einer Krippe, sondern am Boden, wodurch ein neuer Demutsgedanke in die Weihnachtsikonografie eingeführt wurde. Abweichend vom Text sind hier der Mantel Mariens und ein zusätzliches Tuch untergeschoben, damit das Kind nicht auf der bloßen Erde liegen und frieren muss. Der weiße Mantel gehört ebenso zur visionären Erscheinung wie das große, unaussprechliche Licht, welches in Form eines zarten Strahlenkranzes vom Kind ausgeht. Andere erzählerische Details der Schau, wie die ausgezogenen Schuhe und der abgelegte Schleier Mariens sowie die vorbereiteten Windeln, fanden nicht Eingang in das Bildkonzept.

 

Zwei singende Engel

Zwei singende Engel, Detail;
Foto: UMJ

Zwei singende Engel an der Seite des Jesuskindes verweisen auf die liebliche Musik, die die heilige Birgitta während dieser Offenbarung vernommen hat. Der greise Josef war bei der Niederkunft persönlich nicht gegenwärtig, so die Visionärin. Er versorgte die Tiere im Stall und brachte Maria vor der Niederkunft eine angezündete Kerze, wie dies auch im Tafelbild detailgetreu ausgeführt ist. Abweichend von der birgittischen Überlieferung ist der Schauplatz der Geburt hier keine Höhle, sondern ein gemauertes Stallgebäude. Allerdings darf die vergitterte Bodenöffnung am rechten Bildrand als ein Hinweis auf die Geburtshöhle in Bethlehem verstanden werden. Stilistisch ist die Erscheinung Mariens von einem ausgeprägten „Knitterstil“ gekennzeichnet, der auf die heimische bzw. Wiener Tafelmalerei gegen Ende des 15. Jahrhunderts verweist. Die Nähe zum „Meister der Divisio Apostolorum“, der unter anderem für das Benediktinerstift Admont Tafelwerke geschaffen hat, ist offenkundig.

Porträtbild der knienden Birgitta

In die älteren Bildbeispiele der Geburtsvision ist häufig ein Porträtbild der knienden Birgitta integriert. Dieses von Niccolò di Tommaso erstmals geschaffene Motiv der göttlich inspirierten Prophetin blieb bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts in Verwendung, ist aber in den mittelalterlichen Beständen der Alten Galerie nicht nachweisbar.

Kategorie: Alte Galerie
Schlagworte: | | |

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Benutzen Sie diese HTML Tags und Attribute:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>