Bill Fontana beim Hören des Türckenbrunnens, Oktober 2016, Foto: Katrin Bucher Trantow

30. Mai 2017 / Katrin Bucher Trantow

Alles fließt – Besuch von Bill Fontana

Kunsthaus Graz | Museumseinblicke

Manchmal dauern Kunstprojekte lang, ziehen sich als Diskussionen und als Annäherungen an eine Frage und einen Ort über Jahre hinweg. Sie wachsen mit den Bedingungen und knüpfen an Möglichkeiten und Notwendigkeiten im Verlauf der Zeit an. Mit dem kalifornischen Klang- und Multimediakünstler Bill Fontana pflege ich seit gut zwei Jahren einen Diskurs über die Verbindung von Natur und Kultur, die in seinen audiovisuellen Arbeiten zu abstrakten Bildern eines stetigen, existentiellen Wachsens und Produzierens heranwachsen.

Seine Klangbilder sind Kompositionen von Alltagsgeräuschen, deren Qualität in einem Aufspüren von grundlegenden Qualitäten von Sound und Bild liegen. Mithilfe von hochfrequenten Mikrophonen und seismischen Geräten sowie hochauflösenden Kameras schafft er Klangkompositionen als Abbilder des genauen Hinhörens und Hinschauens.

Bill Fontana, ein 1947 geborener Klangkünstler der ersten Generation, ist ein Schüler von John Cage und seit 1984, das Jahr seines DAAD Stipendiums in Berlin, auch in Europa immer wieder präsent. Seit 1988 ist er über das Kunstradio mit Österreich und ganz konkret mit Graz verbunden.

Mit seiner Klangarbeit zum zweiten Steirischen Herbst, den Sonic Projections from Schlossberg Graz (1988), ist er, wie ich inzwischen von vielen Seiten gelernt habe, ins Gedächtnis mancher Grazerin und manches Grazers bewusst oder unbewusst eingegangen.

Vor zwei Jahren also wurde Fontana kurz nach seiner Einzelpräsentation in Linz und als Reaktion auf seinen 2009 vergeben Preis der ARS Electronica für das Impuls Festival nach Graz eingeladen. Bei einem anregenden Abendessen wurde er mir von der Mitorganisatorin Kathryn List vorgestellt, was am nächsten Tag zu einem Spaziergang durch das Kunsthaus führte.

In der sogenannten Sprinkleranlage im Keller der Ausstellungsmaschine – den ich ihm, wegen seines Interesses an den technischen Seiten des Hauses zeigte – ließen ihn die sanften Klänge von Wasser plötzlich aufhorchen.

Es waren Tropfen vom Wasser der Mur, das mit dem Löschsystem des Kunsthauses in Verbindung steht und im Falle eines Feuers dem Kunsthaus als Wasserspeicher dient. Der stete Überdruck produziert auf den metallischen Auffangbehältern ein immerwährendes, melodisches Tropfen, das Fontana und noch am selben Tag mit seinen Aufnahmegeräten verstärkte, um über Kopfhörer aus dem leisen Klangteppich ein Eintauchen in eine andere Welt zu ermöglichen.

Ungewöhnliche Klangkörper

Eines führte zum anderen und so wurden nach längeren Gesprächen die Abluftrohre, die als drei gigantische Chromstahlkörper im Innenhof des Kunsthauses eine direkte Verbindung in den Keller darstellen, im folgenden Jahr durch einen eingesetzten Lautsprecher zum prototypischen Klangkörper.

Ab Juli dieses Jahres wird das leichte Wasserkonzert den öffentlich zugänglichen Innenhof und den Durchgang zum Haus der Architektur als räumlich erfahrbare Intervention klanglich beleben und ein Stück verborgener Energie physisch spürbar machen.

Hören

Letztes Jahr im Herbst ist dank des sich entwickelnden Gesprächs mit Fontana eine Kooperation mit der Kunstuniversität entstanden, die im Rahmen der von den Professor/innen für Musikästhetik Christa Brüstle und Andreas Dorschl initiierten Tagung Music and Landscape ein beeindruckendes Mehrkanal-Konzert im CUBE zur Folge hatte. Dieses Jahr haben wir nach Gesprächen mit dem kunstinteressierten Kuratoriumsmitglied Klaus Zausinger die Gelegenheit bekommen, Fontanas Interesse am Element Wasser weiter zu verfolgen.

Zausinger ist Spartenbereichsleiter des KundInnenmanagements an der Holding Graz und hat uns in den letzten Tagen die Wasserversorgung in Graz verstehen und vermessen, hören und sehen lassen. Wie das war, ist nächste Woche im zweiten Teil dieser Serie nachzulesen.

 

Mehr lesen über das Kunstprojekt

Bill Fontana, Acoustical Visions of the River Mur, 2017

 

Kategorie: Kunsthaus Graz | Museumseinblicke
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