Foto: Yvonne Thaller

28. Mai 2019 / Elisabeth Eder

Museum „backstage“: am Girlsʼ Day durchs Joanneumsviertel

Museumsalltag | Museumseinblicke

Zum Girlsʼ Day am 25. April – einem internationalen Aktionstag, der speziell Mädchen und junge Frauen motivieren soll, technische, handwerkliche oder naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen – boten auch die Oper Graz mit der Dekorations- und Kostümwerkstatt sowie das Universalmuseum Joanneum mit dem Kunsthaus Graz, dem Joanneumsviertel und der Präparationswerkstätte verschiedene Führungen und Workshops an. Mädchen und junge Frauen bekamen die Möglichkeit , einen Blick hinter die Bühne der großen Kunst zu werfen.

Rund 42 Teilnehmerinnen nahmen an den kostenlosen Führungen und Workshops des Joanneums teil und durften Kunst und Kultur backstage erleben. Wir begleiteten sieben junge Frauen bei der Haustechnikführung im Joanneumsviertel und gingen gemeinsam mit dem Haustechniker Martin Schantl Fragen wie „Wie gelangen Kunstwerke in die Museumsräume? Was passiert, wenn plötzlich der Strom ausfällt, und was kann man in der Haustechnikzentrale des Joanneumsviertels alles steuern?“ auf die Spur.

Wie alles begann
„Bevor wir loslegen und uns in den Untergrund des Joanneumsviertels begeben, möchte ich euch noch ein wichtiges geschichtliches Detail verraten“, beginnt Martin Schantl und schaut in sieben neugierige Gesichter. „Hier, genau hier begann alles. Erzherzog Johann hat 1811 an diesem Ort das Joanneum mit dem Auftrag gegründet, Zeugnisse der Natur, Kunst und Kultur des Landes zu sammeln und zu erforschen“, erklärt er und bittet gleich darauf in die technische Zentrale des Joanneumsviertels. Dafür geht es in den Untergrund.

Museum underground
Im Untergeschoss des Gebäudes in der Neutorgasse wird alles, was die Stromversorgung und Klimatisierung der Ausstellungsräumlichkeiten betrifft, gesteuert. Dicke schwarze Rohre winden sich durch die Kellergänge und die Mädchen wundern sich, wohin sie sich wohl ihren Weg bahnen. „Um das optimale Klima für die Ausstellungsräume und die Kunstwerke zu garantieren, braucht es natürlich eine dementsprechende Anlage“, betont Martin Schantl und führt näher aus: „Die Temperatur muss immer zwischen 21 und 26 Grad liegen und die Luftfeuchtigkeit muss sich zwischen 45 und 55 % bewegen.“ „Und wie wirkt sich das auf den Stromverbrauch aus?“, kommt es aus den Reihen der aufmerksamen jungen Frauen. „Das wirkt sich insofern aus, als dass ca. 60 % der jährlichen Energiekosten im Joanneumsviertel auf die Klimatisierung fallen“, so der Experte.

Foto: Yvonne Thaller

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Was wäre, wenn …
Apropos Strom: „Und wo wird der Strom gesteuert?“ Dafür geht’s anschließend durch die schmalen Gänge weiter in den nächsten Raum, die Elektro-Hauptzentrale, die das ganze Joanneumsviertel mit Energie versorgt. „Hier fließen rund eine Million Watt“, so Schantl, der auch die Programmierung der Medien für die elektronische Schließanlage in allen Häusern innehat und gleich erklärt, was zum Beispiel bei einem Stromausfall passiert, angefangen von der Benachrichtigung des in Bereitschaft stehenden Haustechnikers über die Sicherheitsbeleuchtung, die mit Batterie betrieben für 180 Minuten leuchtet, bis hin zum „Worst-Case-Szenario“. „Also hätten wir hier eine Woche lang keinen Strom, wäre das eine Katastrophe, vor allem für die Kunstwerke.“

Wie wird man eigentlich Haustechniker/in?
Bevor es wieder weitergeht, interessieren sich die Teilnehmerinnen auch für den Werdegang von Martin Schantl. „Wie wird man eigentlich Haustechniker/in?“, „Wie viele Haustechniker/innen gibt es hier?“ „Wie gefällt Ihnen dieser Job?“ und „Wie viel verdienen Sie?“, wird der Techniker mit Fragen überhäuft und erzählt: „Meine Ausbildung habe ich an der HTL Pinkafeld gemacht und anschließend war ich länger in der Privatwirtschaft tätig. Beim Universalmuseum Joanneum habe ich im Jahr 2011 angefangen. Hier im Joanneumsviertel betreuen wir die gesamte Haustechnik zu zweit. Im Referat Facility Management sind wir derzeit neun Personen“, so Schantl. „Zurzeit sind nur zwei Frauen in diesem Bereich im Einsatz, deshalb ist es uns ein Anliegen, an solchen Aktionstagen wie dem Girlsʼ Day teilzunehmen, um Mädchen und junge Frauen für solche Berufsfelder zu motivieren.“ Was sein Gehalt angeht, hält sich der Haustechniker bedeckt, schmunzelt aber: „Mit meinem Gehalt bin ich ganz zufrieden. Und meinen Job mache ich gerne.“

Nicht wie bei James Bond
Im Lift auf dem Weg in das Obergeschoss zu den Büroräumlichkeiten liegt den Mädchen die nächste Frage auf der Zunge: „Was passiert, wenn der Lift stecken bleibt?“ Schnell kommen Science-Fiction-Fantasien ins Spiel, die den Experten zum Lachen bringen: „Bei uns läuft es nicht wie bei James Bond. Wenn man im Lift stecken bleibt, muss man einfach den Notrufknopf drücken und sofort wird ein Techniker der Liftfirma benachrichtigt. Dann heißt es eigentlich nur warten, bis das Problem von mir, meinen Kollegen oder einem Techniker der Liftfirma behoben wird.“ Durch Zufall stoßen wir im ersten Stock auf die Restauratorin für Fotografie und analoge und digitale Medien, Fenna Yola Tykwer, für deren Arbeit die Haustechnik eine besondere Rolle spielt. Denn: In ihrer Werkstatt befinden sich ein Gefahrengutschrank, ein Digestorium (auch Abzugsschrank), ein Konditionierungsschrank (oder Klimaschrank) und eine Tischabsaugung, die es regelmäßig von der Haustechnik zu warten bzw. zu überprüfen gilt. Und auch in den Ausstellungsräumen hat der Haustechniker regelmäßig zu tun: „Die Zu- und Abluftregulierungen müssen hier immer einwandfrei funktionieren und auch die Beleuchtung und die rund 1.000 Brandmelder im Haus liegen in unserem Aufgabenfeld.“


Für den Ernstfall gerüstet
Bevor sich die Führung langsam dem Ende zuneigt, führt Martin Schantl noch zum Lüftungsraum, in dem sich schwarze und silbern ummantelte Rohre schlängeln. „Wieso sind hier manche Rohre so silbern verkleidet und manche nicht?“, kommt es von den interessierten Zuhörerinnen. „Aus Isolierungsgründen: Normale Wärmeisolierungen für Rohre und Lüftungskanäle sind silbern ummantelt. Kälteisolierungen sind hingegen schwarz, sie verhindern die Kondensatbildung“, führt Schantl genauer aus, bevor er uns zur letzten Station unserer Führung, zur Gaslöschzentrale für den Bücherspeicher der Landesbibliothek, führt: Eine eigene Löschungsanlage mit Löschgas, in riesigen Flaschen gelagert, ist hier einsatzbereit für den Ernstfall: „Gott sei Dank haben wir diese noch nie benötigt“, schließt er die Tour – wieder auf dem Joanneumsviertelplatz angekommen – ab.


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