13. Mai 2016 / Marion Kirbis

Wir sind da! Teil 1

Kunsthaus Graz

„Yaruya!“, singen die königlichen Bronzegießer aus Benin immer wieder, wenn sie mit einem traditionellen Lied bekunden, ihre Arbeit in den Dienst der Herrscher zu stellen. Ihre bronzenen Büsten in den Palastanlagen erinnern lange nach deren Tod an die Könige und Königinnen. Samson Ogiamien hat diese Form des Gedenkens vom Sockel der adeligen Herrscherhäuser geholt und sie in seine neue Heimat Graz gebracht. Ihm geht es um die Erinnerung an einfache Menschen wie Sofia, Lucky und Kennedy, die in Nigeria geboren und in Österreich verstorben sind.

Der Künstler Samson Ogiamien wurde von der Kultur seiner afrikanischen Heimat ebenso geprägt wie von der europäischen Tradition der Moderne. Er wurde 1970 in Benin City in Nigeria geboren und gehört dem mythischen Herrscherhaus der Ogiamiens und der Gilde der königlichen Bronzegießer an.

Samson Ogiamien bei seinem Workshop in Graz, 2016, Foto: N. Lackner/UMJ

Samson Ogiamien bei seinem Workshop in Graz, 2016, Foto: N. Lackner/UMJ

Seine Ausbildung absolvierte er nicht nur in Benin, sondern auch in Graz, wo er heute arbeitet und lebt. Ogiamien existiert, wie andere Menschen die ihre Heimat verlassen haben, zwischen den Kulturen. Seine Identität ist eine doppelte und vielleicht auch umfassendere.

Im Dienste des Königs

Die Gilde der Bronzegießer hat ihren Ursprung im Königreich Benin, das in vorkolonialer Zeit eines der mächtigsten Reiche Afrikas war. Vor dem 12. Jahrhundert war es ein Zusammenschluss von autonomen Dorfeinheiten, die vom Ogiso – dem Himmelsherrscher – zusammengehalten wurden. Ab dem 12. Jahrhundert regierten Könige das Land absolutistisch und nannten sich Oba. Die Bronzegießer stellten ihre Arbeit über Jahrhunderte in den Dienst dieser Könige und übergaben ihnen ihre schöpferische Kraft als Künstler und Handwerker mittels eines rituellen Liedes. Im Refrain wird immer wieder das Wort Yaruya gesungen, was „Wir sind da“ bedeutet.

Projekt "Yaruya", Bronzegießerei, Benin City, Nigeria, Fotos: Stefanie Öttl

Projekt “Yaruya”, Bronzegießerei, Benin City, Nigeria, Fotos: Stefanie Öttl

Samson Ogiamiens Familie geht auf die mythische Ogiso-Dynastie zurück, weswegen er die streng reglementierte Arbeit des Bronzegießens ausüben darf. Auch wenn die Gilde heute nicht mehr ausschließlich für das Königshaus produziert, untersteht sie immer noch dem „Chief-Inneh“, dessen Amt erblich ist. Er verteilt als offizieller Auftragnehmer des Palastes die Arbeiten an die einzelnen Gießer und deren Werkstätten, in denen unterschiedliche Gegenstände, Schmuck, Ritualgeräte und vor allem Reliefplatten mit den Darstellungen der glorreichen Taten der Obas sowie deren weltberühmte Erinnerungsköpfe entstehen.

Weiter geht es in Teil 2.

OHA: Yaruya. Der Bildhauer Samson Ogiamien zwischen afrikanischer Tradition und europäischer Realität
Laufzeit: 05.05.–02.06.2016
Im Kunsthaus Graz, Lendkai 1, 8020 Graz
Eintritt frei!

Kategorie: Kunsthaus Graz
Schlagworte: |

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Benutzen Sie diese HTML Tags und Attribute:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>