Kunsthaus Beacon App

26. April 2018 / Anita Brunner-Irujo

Wie digital sollten Museen sein?

Joanneum Digital

Welche digitalen Angebote sollen Museen bieten? Inwiefern bleiben sie wettbewerbsfähig? Was macht ein überzeugendes digitales Profil aus und wie sieht die Zukunft für Museen aus? Thorsten Beck stellt in seiner Blogparade wichtige Fragen, hier gibt es ein paar Gedanken dazu.

Für unsere Museen ist definitiv die Webseite das wichtigste digitale Angebot. Jedoch muss auch, wie Franziska Mucha vom Historischen Museum Frankfurt richtig anmerkt, die Visitor Journey berücksichtigt werden. So haben wir anfangs bei unseren Ausstellungen nur einen relativ kurzen Infotext angeboten und sind dann dazu übergegangen, auch Inhalte zur Vor- und Nachbereitung zur Verfügung zu stellen, was auch von unseren Besucherinnen und Besuchern positiv bewertet wird. Social Media ist natürlich wichtig und unsere Museen fördern je nach Möglichkeit mehr oder weniger aktiv den Austausch. An externen Webseiten kommt man um Plattformen wie Tripadvisor für den Tourismus oder Wikipedia für SEO nicht herum. In einigen Museen gibt es für Besucher/innen vor Ort stationäre iPad-Apps, sowie eine Beacon App im Kunsthaus.

Darüber hinaus stellte sich die Frage, was notwendig ist – digitale Screens statt gedruckter Citylights? SEA? Native Vermittlungsapps vor Ort (iPad, Smartphone?) oder eine App, die laufend aktualisiert wird und Nachrichten pusht? Touchscreens? AR? VR? E-Learning? Vlogging? Podcast? Digitale Sammlung? 360°-Videos? 3-D-Drucke? Bots? Im Endeffekt hängt es ja tatsächlich davon ab, was ein Museum leisten kann in Relation dazu, wo die Prioritäten und Zielgruppen liegen. Wenn ein Geschäftsführung wie Max Hollein (der kürzlich zum neuen Direktor des Met berufen wurde) eine erfolgreiche Schiene mit Schwerpunkt Digital vorgibt, dann wird sie auch für die notwendigen Ressourcen sorgen. Wenn hingegen der Geschäftsführung der Weitblick fehlt, können sich die Mitarbeiter/innen auf den Kopf stellen (oder einen anderen Job suchen).

Inwiefern Museen ohne digitale Angebote heute noch wettbewerbsfähig sind, lässt sich, wie Christian Gries bemerkt, genauso wenig pauschalieren. Ein überzeugendes digitales Profil ist von den Online- und Offline-Besucherinnen und -Besuchern abhängig. Die Strategie eines internationalen Museums beinhaltet höchstwahrscheinlich den Aspekt der Verfügbarkeit von Inhalten in verschiedenen Sprachen oder die Auffindbarkeit auf Baidu während wir auf unserer Museumswebseite gerade einmal die notwendigsten Inhalte übersetzen, damit zumindest Öffnungszeiten, Preise und Ausstellungen auf Englisch verfügbar sind. Natürlich könnte man behaupten, wir hätten mehr Traffic auf englischen Inhalten, wenn wir mehr übersetzen würden. Aber bringt es das wirklich, wenn das Programm vor Ort nur auf Deutsch verfügbar ist?

Die Zugänglichkeit von digitalen Sammlungen spielt bekannterweise eine große Rolle. Museen machen vermehrt ihre Daten über Creative Commons Lizenzen und APIs zugänglich. Für die museumsübergreifende Forschung sowie die Verbreitung der Sammlungsobjekte ergeben sich daraus neue Möglichkeiten. Dies setzt aber die Digitalisierung der Sammlung voraus, was wiederum von finanziellen und personellen Ressourcen abhängt.

Digitale Vermittlungsangebote hingegen werden unter anderem vom Ausstellungskonzept abhängig sein. So sieht das Publikum selbst bei besonders interaktiven Museen wie dem Technischen Museum Wien keinen Bedarf für eine App vor Ort. Trotzdem gäbe es Möglichkeiten, z. B. über AR die Funktion von Maschinen zu animieren – aber muss das sein, nur um Digital zu bedienen? Manche Apps wie Artivive sind meiner Meinung nach eine unterhaltsame Spielerei ohne informativen Mehrwert (kann inhaltlich natürlich ausgebaut werden), während z. B. die Carnuntum App antike Bauten virtuell erlebbar macht. Nicht jede digitale Maßnahme ist zwangsläufig zielführend und erfolgreich. Was zur nächsten Frage führt – wie definiert man denn Erfolg? Und ob bzw. wie werden digitale Besucher/innen gezählt? Zentrale Fragen, wenn es um die Formulierung einer digitalen Strategie geht.

Wie das digitale Museum in der Zukunft aussehen kann, muss aus Sicht der Besucher/innen sowie aus Sicht der Mitarbeiter/innen gesehen werden.

Aus Sicht der Besucher/innen kommen Museen nicht umhin, dem wachsenden digitalen Verhalten und Anspruch zu entsprechen. Museen durchdringen auch immer mehr den digitalen Raum. So meint Loic Tallon vom Met:

„[…] making our content available on third-party websites and seeing that as success; for a long time, most museums saw success as traffic to their websites, but we’re redefining that charge as traffic to the museum’s collection, to the museum’s content, no matter where that content is. Another lever is building APIs to our content so third-party platforms can access it more easily.“

Der Einsatz von Artificial Intelligence wird besonders interessant werden, hier könnte z. B. durch Facial Recognition in Kombination mit einer Bot-App den Besucherinnen und Besuchern eine personalisierte Führung angeboten werden, basierend auf den Objekten, die man gerade betrachtet. Vielleicht kann man ein besonders beliebtes Ausstellungsobjekt über die App bestellen und im Anschluss beim 3-D-Drucker im Shop abholen.

Das Smithsonian experimtertiert derzeit mit 25 Robotern als Tour Guide um mehr Aufmerksamkeit in den Ausstellungsbereichen zu generieren, die nicht so zahlreich besucht werden.

Wer hätte gedacht, dass es dazu erste Versuche bereits 1997 im Deutschen Museum Bonn gab? In einerm Zeitraum von 6 Tagen vermittelte damals Roboter RHINO über 2.000 Besucher/innen und konnte sogar über das Web gesteuert werden.

RHINO im Deutschen Museum Bonn, 1997, (C) Elsevier

Inwiefern AI die Digitalisierung von Sammlungen z. B. durch die Generierung von Metadaten unterstützen kann, wird sich weisen. Tom Scott, Head of Digital Engagement am London Wellcome Collection, erklärte kürzlich, dass das Museum Machine Learning für die teilweise Generierung ihrer Datenbank nutzt.

Intern ist ein massiver Aufholbedarf bei der Qualifizierung notwendig, der sich aber nicht so einfach und vor allem nicht so rasant, wie sich die Technologie weiterentwickelt, bewerkstelligen lässt. Staatlich geförderte Museen haben Schwierigkeiten Förderungen zu beantragen um externe Expertise ins Boot zu holen. Vermutlich wird ein interner Wandel eher träge mit einem Generationswechsel einhergehen, was auch zwangsläufig bedeutet, dass Museen dem digitalen Anspruch hinterherhinken. Das betrifft die wissenschaftliche Arbeit sowie Vermittlung und Kommunikation – nicht alle Mitarbeiter/innen können und wollen neue Skills lernen und Museen werden und können nicht einfach die Belegschaft austauschen.

Für all diese Fragen gilt, dass eine heute entwickelte Strategie dazu führen sollte, dass langfristig intern vernetzter, effizienter und abteilungsübergreifend gearbeitet wird und extern die Besucherbedürfnisse ins Zentrum rücken, damit Technologie strategisch eingesetzt wird, statt punktuell (Insel-)Lösungen zu kreieren.

Vielen Dank für den Aufruf zur Blogparade!

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