Führung beim Weltfriedenstag mit Albert Gramer, Foto: UMJ

29. Oktober 2014 / Stefan Gröchenig

Wenn Biene Maja mit Struwwelpeter in den Krieg zieht

Kunst- & Naturvermittlung | Museum für Geschichte

Wie beeinflusste der „Große Krieg“ den Alltag und das Leben der Menschen? Wie schrieb sich der Krieg im Erscheinungsbild einer Stadt fest? Was erinnert heute noch daran? Diese und andere Fragen versucht die Ausstellung Die Steiermark und der „Große Krieg“ zu beantworten, die im Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren noch bis zum 5. Juli 2015 im Museum im Palais zu sehen ist.

Mithilfe von mehr als 200 Objekten und unzähligen Fotos – teils aus den Beständen des Joanneums, großteils von öffentlichen und vor allem aus Privatsammlungen – macht Kurator Helmut Konrad die Auswirkungen vor Ort sowie die große Entwicklung im Regionalen nachvollziehbar.

Aber wie bringt man das Thema „Krieg“ Kindern und Jugendlichen näher? Stefan Gröchenig hat dazu mit Eva Maria Pomberer gesprochen, die die Kunst- und Kulturvermittlung im Museum im Palais und im Landeszeughaus leitet.

Was ist die richtige Altersgruppe für eine Führung durch das Museum?

Das ist von Ausstellung zu Ausstellung verschieden. Falls notwendig, geben wir eine Altersempfehlung aus – so wie für die aktuelle Ausstellung zum Ersten Weltkrieg. Wir verbieten natürlich niemandem, die Ausstellung zu besuchen, aber wir raten etwa ab, die Die Steiermark und der „Große Krieg“ mit Kindern unter 12 Jahren zu besuchen. Es gibt Objekte in der Ausstellung, die unseres Erachtens für kleine Kinder nicht geeignet sind. Wir haben einen Bildungs- und Vermittlungsauftrag, und den versuchen wir nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.

Stephan Kohlhauser vermittelt den Kindern und Jugendliche bei seiner Führung die Geschichte des Ersten Weltkriegs in der Steiermark, Foto: UMJ

Stephan Kohlhauser vermittelt den Kindern und Jugendlichen bei seiner Führung das Thema “Krieg”, Foto: UMJ

Also das Äquivalent zu einer Altersempfehlung im Kino?

Genau. Wir haben normalerweise keine Probleme mit dieser Altersbegrenzung. Trotzdem gibt es natürlich immer wieder Eltern, die trotzdem mit kleineren Kindern in die Ausstellung gehen.

Wie reagieren Jugendliche auf die Ausstellung? Sind sie schockiert?

Das kann man nicht pauschal sagen. In unseren Führungen erleben wir oft Jugendliche, die bei Ausstellungsstücken, bei denen man es nicht erwarten würde, zu lachen anfangen. Da kann man oft nur darüber spekulieren, ob es vielleicht daran liegt, dass diese jungen Mädchen und Buben vielleicht ihr Unbehagen nicht anders artikulieren können. Für die meisten ist Krieg natürlich und Gott sei Dank eine abstrakte Sache. Wahrscheinlich hat oft nicht einmal ihr Uropa einen direkten Bezug zum Ersten Weltkrieg.

Musste schon einmal eine Führung abgebrochen werden?

Nein, bisher noch nicht.

Wie bereitet ihr solche Führungen auf? Wie konzipiert man so etwas?

Natürlich gibt es – wie bei jeder anderen Ausstellung auch – Überblicksführungen. Wie diese gestaltet sind, ist oft eine Sache des Gespürs. Die Kolleginnen und Kollegen in unserem Team haben aufgrund der langjährigen Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen und aufgrund ihrer pädagogischen Ausbildungen ein gutes Gefühl dafür, wie man mit den jeweiligen Jugendgruppen reden muss. Außerdem können wir unter Umständen auch auf individuelle Wünsche – um im konkreten Fall bei den Jugendlichen zu bleiben – der Schulen eingehen.

Hast du ein Beispiel dafür?

Albert Gramer vergleicht in seiner Führung „Als Biene Maja und der Struwwelpeter in den Krieg zogen“ beispielsweise die Erziehung und das „Jugendlich-Sein“ im Jahr 1914 mit 2014. Wie sah das Leben eines Mädchens oder Buben im Jahr 1914 aus? Was lernten sie in der Schule, was bedeutete und bedeutet es, politisch zu sein? Durch einen starken Bezug zur Gegenwart – es wird (Protest-)Musik genauso besprochen wie z.B. Comics, versuchen wir den Jugendlichen das Thema in verständlichem Maße und auf spannende Art und Weise näherzubringen. Wie auch die meisten unserer anderen Angebote fußt dieses Programm auf 5 Säulen, von denen Gegenwartsbezug und soziales Lernen wichtige Bestandteile sind.

Das klingt nach tollen Ansätzen, die ich in meiner Jugendzeit auch gerne gesehen hätte. Wie lange hat Albert Gramer für die Entwicklung des Konzepts gebraucht?

Albert war sehr engagiert bei der Sache und hat ein wirklich gut strukturiertes und fundiertes Programm erstellt. Da es neben der Erstellung von Konzepten zu seinen Hauptaufgaben zählt, Führungen etc. abzuhalten, konnte er natürlich immer nur in führungsfreier Arbeitszeit am Programm arbeiten. Wie lange das genau gedauert hat, lässt sich nur schätzen. Sicher ein paar Monate.

Was wollt ihr zurzeit umsetzen? Habt ihr neue Ideen oder Ziele?

Wir versuchen in unseren Vermittlungsangeboten immer wieder neue Wege zu gehen. Beispielsweise mit dem neuen Programm „Deine Wahrheit? Meine Wahrheit!“ In der Ausstellung geht es unter anderem auch um Personen, deren persönliche Schicksale (Wahrheiten) aufgearbeitet werden. So gibt es neben Objekten und Bildern, die diese Personen betreffen, auch Hörstationen, bei denen aus deren Briefen oder Tagebüchern vorgelesen wird. Mithilfe all dieser Dinge versuchen wir zusammen mit den Jugendlichen ein persönliches Bild des Ersten Weltkrieges zu erschaffen. Im Team arbeiten die Schülerinnen und Schüler je ein Schicksal aus, das sie dann in der Führung präsentieren. Die Tourguides sind dabei Koordinatorinnen und Koordinatoren des Wissens, die Hilfestellungen leisten und das später Gesagte mit der Ausstellung und dem generellen Geschichtsbild in Verbindung bringen. So kann die Wahrheit der jeweiligen Person vielleicht zur eigenen Wahrheit werden, oder eben auch nicht! Darüber lässt sich diskutieren.

Funktioniert das auch bei Erwachsenen?

Generell eher nicht. Erwachsene schätzen Überblicksführung, wobei vor allem Lehrerinnen und Lehrer schon geneigt sind, solche Neuerungen auszuprobieren.

Vielen Dank für das Interview!

Kategorie: Kunst- & Naturvermittlung | Museum für Geschichte
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