5. Juli 2012 / Christoph Pelzl
Tour de Joanneum: Landeszeughaus Graz
Die Landstände begegneten dieser Bedrohung mit umfassenden Maßnahmen zur Landesverteidigung, die neben einer Steuerreform auch die systematische Bewaffnung von Soldaten vorsah. Das älteste erhaltene Inventar des Waffendepots stammt aus dem Jahr 1557 und verzeichnete 19.400 Objekte (inklusive Kugelmunition). Nach dem Tod Kaiser Ferdinands I. (1564) wurde das Reich unter dessen Söhnen aufgeteilt, und Erzherzog Karl II. von Innerösterreich (1540-1590) errichtete seine Residenz in Graz.
Zum Schutz der Stadt wurde die Befestigung ausgebaut, und auch die Zahl der Waffen stieg an: Bald schon boten die Zeughütten und Gewölbe im Bereich des Landhauses und der Stadttore nicht mehr ausreichend Platz zur Unterbringung der rund 85.000 Kriegsgeräte, die das Zeughausinventar im Jahr 1629 bereits verzeichnete.
Dieser Situation begegneten die Stände mit der Errichtung des heutigen Zeughauses, das nach Entwürfen von Baumeister Antonio Solar zwischen 1642 und 1644 in der Herrengasse erbaut wurde und ab 1647 bezugsfertig war. Das fünfgeschossige Gebäude zeigt an der Eingangsfassade kunstvolle Gestaltungselemente wie ein frühbarockes Rustikaportal, den bekrönenden Panther und flankierende Monumentalstatuen der Götter Mars und Minerva, die Krieg und Wehrhaftigkeit symbolisieren.
Zeughaus Graz, Außenansicht
Foto: Universalmuseum Joanneum |
Die Waffen des Landeszeughauses dienten im 16. und 17. Jahrhundert in erster Linie zur Ausrüstung einfacher Fuß- und Reitsoldaten. In dieser Zeit waren rund 189.000 Objekte im Inventar des Landeszeughauses gelistet.
Schon seit dem 10. Jahrhundert musste sich die Steiermark gegen Ungarn verteidigen. Seit 1418 haben die Überfälle der Nachbarn aus dem Osten massiv zugenommen, und zwischen 1480 und 1490 waren große Teile der Steiermark durch ungarische Truppen besetzt. Vorübergehend kam es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Beruhigung, als die Habsburger den westlichen Teil Ungarns beherrschten (1526 erbte Ferdinand I. Teile von Ungarn.). Dazu kam noch die Bedrohung durch die Osmanen, die Ende des 15. Jahrhunderts begann und beinahe 250 Jahre andauerte. 1529 und 1532 kam es unter Sultan Suleiman I. (1494-1566) zur Verwüstung der Oststeiermark. Der letzte Einfall der Osmanen (1655) beendete die schreckliche Bedrohung aus dem Osten jedoch nicht. Es gab weiterhin Drohungen und Aufrüstungen auf beiden Seiten, die erst mit den Friedensschlüssen von Karlowitz 1699 und Passarowitz 1718 ein Ende fanden.
Bedeutungswandel
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts verlor die Waffen- und Rüstkammer ihre Bedeutung. 1749 erließ Maria Theresia eine Reform, um das Heereswesen zu zentralisieren. Alle brauchbaren Waffen sollten nach Wien geliefert werden. Die Landstände als Eigentümer des Zeughauses baten ihr Arsenal erhalten zu dürfen. Unter der Auflage, die Erhaltungskosten zu übernehmen, wurde den Steirern gestattet, das Haus als „Denkmal der Geschichte des Landes und der Tapferkeit ihrer Vorfahren“ weiterzuführen.
Erst im Zeitalter des Historismus setzte eine kritischere Auseinandersetzung mit dieser Sammlung ein, und die Rekonstruktion der annähernd authentischen Objektaufstellung wurde 1879 durch Fritz Pichler und Franz Meran beauftragt. 1882 wurde das Haus für die Öffentlichkeit geöffnet, zehn Jahre später erfolgte schließlich die Eingliederung des Landeszeughauses in das Landesmuseum Joanneum.
Pferdeharnisch, Werkstatt des Konrad Seusenhof, Foto: UMJ / N. Lackner |
Heute zählt das Landeszeughaus zu den prominentesten touristischen Zielen von Graz. Mit den 32.000 Blank- und Schutzwaffen könnte noch immer eine Armee von rund 5.000 Mann bewaffnet werden. Die Einzigartigkeit dieses Museums ist jedoch wesentlich von der authentischen Aura der Rüstkammer geprägt, die sich weitgehend am Erscheinungsbild des 17. Jahrhunderts orientiert.
Landeszeughaus
Herrengasse 16, 8010 Graz
zeughaus@museum-joanneum.at
T +43-316/8017-9810
Öffnungszeiten
1. April bis 31. Oktober: Mo und Mi–So 10-17 Uhr
1. November bis 6. Jänner und 1. bis 31. März nur im Rahmen einer Führung zugänglich
Schlagworte: Tour de Joanneum
Universalmuseum Joanneum
Danke für das Kommentar und die Anregungen. Werden wir in Zukunft versuchen, zu berücksichtigen!
Lieb Grüße!
Christian Klepej
Vielen Dank für den ausnehmend interessanten Blogbeitrag. (Das Zeughaus ist ja in der Tat für jederart Besuch, den man aus fremden Ländern erhält, ein Fixpunkt. Und ein toller noch dazu!)
Nur eine Bitte, Frage oder Anregung: die Bilder auf Flickr, die (sehr umfangreich und von durchwegs sehenswerter Qualität) vom Joanneum präsentiert werden, sind alle so verdammich klein.
Vielleicht könnte man die etwas größer raufladen. Um diese wenigstens am Computer gut anschauen zu können. (Ideal wäre natürlich, soferne das rechtlich möglich ist, ein Raufladen der Bilder in Druckauflösung.)
Ansonsten nochmals danke.
LG CK