3. Juli 2015 / Hannah Lackner

Selbstporträts zwischen Auflösung und Maskierung im BRUSEUM

Neue Galerie mit BRUSEUM

Bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Gesichter. Arbeiten bis zur körperlichen Erschöpfung. Das Aufreißen des Körpers, um zu sehen, was drinnen ist – im BRUSEUM dreht sich noch bis 4. Oktober 2015 alles um Selbstwahrnehmung, Selbstdarstellung und das Gefangensein im eigenen Ich.

 

Günter Brus, Selbstbildnis, 1984; Maro und Jochen Jung

Günter Brus, Selbstbildnis, 1984;
Maro und Jochen Jung

 

Die Ausstellung Das gezeichnete Ich im BRUSEUM der Neuen Galerie Graz steht ganz im Zeichen des Selbstporträts, das den Blick ins Innere fokussiert. Der Ausstellungstitel verweist nicht nur auf die Zeichnung als Medium, sondern zugleich auch auf die Mühen und Lasten, die das Antlitz mit der Zeit prägen.

Darstellung des Inneren …

Angelehnt ist die Ausstellung an die Aktualität der Thematik von Zerrissenheit und der zunehmenden Verunsicherung des Menschen in einer rastlosen und ständig fordernden, industrialisierten Welt. Kunstschaffende wie Günter Brus, Maria Lassnig, Thomas Palme oder Max Peintner geben in ihren Werken intime und teils schockierende Einblicke in ihr Innenleben.

Die Zeichnung als Darstellungsmedium und der Drang, tief in sich selbst vorzudringen, verbindet die Künstler/innen dieser Ausstellung. Der Australier Mike Parr untermauert den Extremismus seiner Werke mit der Performance 100 Breaths (2003). Dabei hebt er Zeichnung um Zeichnung auf und saugt sie mit einem kräftigen Atemzug so impulsiv an sich, dass das Blatt an seinem Mund haften bleibt. Diesen Vorgang wiederholt er bis zur drohenden Hyperventilation. Das Video verdeutlicht beide Aspekte, die für Parr bei einer Zeichnung wesentlich sind: die körperliche Anstrengung und das Sich-Selbst-Verletzen mit dem Material.

… zwischen Verfremdung, Transformation und Zerstörung

Das Zerwürfnis des Individuums wird in den ausgestellten Werken etwa durch lähmende Gefühle der Erschöpfung, Zwänge und Ängste deutlich. So hat etwa Günter Brus in seinen Körperanalysen eine ständige Entwicklung und Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst festgehalten, die sich teils über Jahrzehnte vollzieht.

Thomas Palme, der von Brus inspiriert ist, setzt sich mit tabuisierten Themen wie Sexualität, Schmerz und Tod auseinander. Der Künstler arbeitet mit einer Kombination aus provokativen Elementen und einem humorvollen Gegensatz in Form von Begleittexten. Das Thema Tod greift auch Chloe Piene auf, deren (Früh-)Werke vor allem durch skelettiere Körperdarstellungen ins Auge fallen. „Sie ist das junge Mädchen und in ihr ist der Tod“, beschreibt Kurator Roman Grabner Pienes Werk. Er meint damit nicht etwa, dass sich Piene selbst als den Tod darstellt, sondern dass sie diesen als fixen Bestandteil des Lebens sieht. Ähnlich wie Maria Lassnig inszeniert Piene intensive Gefühle wie Schmerz in einer Art des Sich-Selbst-Verlierens und Auflösens. In ihren neuesten Arbeiten verschwindet die Darstellung des Gesichts zunehmend, ein Phänomen, das auch bei  Max Peintner zu beobachten ist.

Guillaume Bruère beschäftigt sich mit der „Was-wäre-wenn“-Frage und setzt sich mit Idealen sowie der Neuinterpretation von Alten Meistern auseinander. Aspekte der Selbstinszenierung faszinieren an den Werken von TOMAK, der mit seinen unterschiedlichen Alter Egos Verbindungen zu einem Maschinenmenschen zieht und eine Selbstkonstruktion im gesellschaftlichen Kontext anvisiert. Er fordert mit Aufschriften auf seinen Werken dazu auf, „wieder zu zeichnen“,  „wieder zu sehen“ und sich „wieder auf sich selbst zu besinnen“.

 

Das gezeichnete Ich. Zwischen Auslöschung und Maskierung
Neue Galerie Graz, BRUSEUM, Joanneumsviertel, 8010 Graz
Bis 04.10.2015
www.neuegaleriegraz.at
Führungen nach Voranmeldung: 0316/8017-9100

Kategorie: Neue Galerie mit BRUSEUM
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