Erste filmische Spur in der Steiermark, Ankündigung einer Vorstellung in Leoben, Obersteirische Volkszeitung, 13.9.1896 © Steiermärkische Landesbibliothek, Graz

24. Februar 2014 / Christoph Pelzl

In Bewegung geraten – Wanderkinos in der Steiermark

Museum für Geschichte

In einer kleinen Miniserie zur Sonderausstellung Streiflichter. Film und Kino in der Steiermark 1896-1945 beleuchten wir die Filmgeschichte in der Steiermark. Was hatte es mit Wanderkinos auf sich, wer waren die Pioniere und waren die Filme anfangs wirklich nur schwarz-weiß und "stumm"?

 

Anton Ramisch, „Die geehrten Damen werden höflichst ersucht die Hüte abzunehmen“, Kinowerbung, o. J. Privatbesitz

Anton Ramisch, „Die geehrten Damen werden höflichst ersucht die Hüte abzunehmen“,
Kinowerbung, o. J.
Privatbesitz

Vereinzelt gibt es sie auch heute, allerdings in anderer Funktion: Wanderkinos, die von Ort zu Ort touren, um ihre Filme vorzuführen. Während diese Veranstaltungen heutzutage Event-Charakter besitzen, ähnelte das historische Wanderkino eher einer Jahrmarktattraktion. Doch der durchschlagende Erfolg des Mediums Film (sowie der sich allmählich entwickelnde Filmverleih) ebenten den Weg für ortsfeste Kinos  – so auch in der Steiermark, wie die diesjährige Sonderausstellung Streiflichter in den Multimedialen Sammlungen zeigt.

Vom Lückenfüller zum Spektakel

Schaustellerfamilien sahen in den Filmvorführungen die Chance, ihr Angebot auszubauen und statteten sich mit Kinematographen aus. Anfangs noch ein Programmpunkt unter vielen, entwickelten sich die „Lebenden Photographien“ alsbald zum Herzstück des Programms. Vor allem mit den „Herrenabenden“, die bald nach Einführung der Wanderkinos organisiert wurden und bei denen zumeist schlüpfrige und nicht jugendfreie Filme zu sehen waren, ließ sich gut Geld verdienen.

Erste filmische Spur in der Steiermark, Ankündigung einer Vorstellung in Leoben, Obersteirische Volkszeitung, 13.9.1896 © Steiermärkische Landesbibliothek, Graz

Erste filmische Spur in der Steiermark,
Ankündigung einer Vorstellung in Leoben, Obersteirische Volkszeitung, 13.9.1896
© Steiermärkische Landesbibliothek, Graz

Die Anfänge der Lichtspiele in Graz

Auch der 1863 in Dresden geborene Oskar Gierke stammte aus einer Schaustellerfamilie. Er betrieb ein mechanisches Theater und tourte damit durch die Lande. 1897 erwarb Gierke seinen ersten Kinematographen von den Brüdern Lumière. Fortan waren die Filme Teil des Unterhaltungsprogramms. Wenngleich er sie später wieder aus dem Programm nahm – erst 1902 gab er wieder Filmvorführungen – war der Erfolg nicht mehr aufzuhalten und Gierkes Zukunft in der Kinobranche vorprogrammiert. In Städten lösten feste Kinos gegen Ende des ersten Jahrzehntes des 20. Jahrhunderts die Wanderkinos allmählich ab. Viele Wanderkinobetreiber wurden selbst sesshaft – so auch Gierke. Um 1905 war er das erste Mal in Graz und zeigte seine Filme im Versuchshof in der Annenstraße. Nach den ersten Bauverhandlungen für ein ortsfestes Kino 1906 eröffnete Gierke noch im selben Jahr das erste Grazer Kino in der Jakominigasse (heutige Conrad-von-Hölzendorf-Straße). Das „Bioskop“ hatte ein Fassungsvermögen von 300 Sitzplätzen. 1909 übergab Gierke die Leitung des Bioskops seiner Tochter Wilhelmine. Unter ihrer Ägide erhielt das Kino die heute bekannteren Namen „Lichtspiele und „Tonspiele“ (Die späteren Betreiberinnen Sissy Geiger und Edith Temmel benannten das Kino schlussendlich in  „Cinema“ um). Gierke selbst eröffnete 1909 das Annenhofkino, das damals schon 1000 Besucherinnen und Besuchern Platz bot.

Unbekannter Fotograf, Porträt Oskar Gierke, um 1909, Archiv Annenhofkino / Privatbesitz

Unbekannter Fotograf, Porträt Oskar Gierke,
um 1909,
Archiv Annenhofkino / Privatbesitz

Provinzkinos

In ländlichen Gebieten, wo kein Platz für feste Kinos war, dienten Mehrzwecksäle in Gaststätten als Kinosaal und boten Wanderkinobetreibern so die nötige Infrastruktur. In jenen Ortschaften, die keine Kinos beherbergten, machten Wanderkinos in regelmäßigen Abständen Station, um die ländlichen Gebiete zu versorgen. Wie etwa auch das Wanderkino von Augustine und Ferdinand Seitz. Das Ehepaar erwarb 1905 seinen ersten Kinematographen und zog damit vor allem durch die Steiermark. Als ihr Mann starb, führte Augustine den Betrieb bis 1914 alleine weiter. Genauso wie Gierke, machte sich auch Augustine Seitz nach einigen Jahren der Wanderschaft sesshaft. 1914 verkaufte sie ihren Wanderkinobetrieb und gründete in Weiz das örtliche Lichtspielhaus – eines von vielen zu dieser Zeit. Zu Spitzenzeiten gab es steiermarkweit über 100 Kinos. Wo wann welches Lichtspielhaus entstand, ist für Besucherinnen und Besucher der Sonderausstellung in einer Art Kinotopographie nachzurecherchieren.

Unbekannter Fotograf, „The Royal Biograph“ von Auguste und Ferdinand Seitz, um 1912, Archiv Annenhofkino/Privatbesitz

Unbekannter Fotograf, „The Royal Biograph“ von Auguste und Ferdinand Seitz, um 1912,
Archiv Annenhofkino/Privatbesitz

 

Lesen Sie am 26.02. allgemeines zu den Anfängen der ortsfesten Kinos und zum “Kinomusiker” im Speziellen. 

Streiflichter. Film und Kino in der Steiermark 1896-1945
Multimediale Sammlungen, Joanneumsviertel, 8010 Graz

Eröffnung: 27.02.2014, 19 Uhr
Laufzeit: 28.02.-02.11.2014
Kuratorin: Maria Froihofer

Kategorie: Museum für Geschichte
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