16. Mai 2012 / Paul Schuster

Glanzlichter in Eggenberg

Schloss Eggenberg

-Schloss Eggenberg bei Kerzenlicht Während in anderen Schlössern nur in Ausnahmefällen die Glühbirnen aus den Kronleuchtern gedreht werden, um sie für kurze Zeit mit Kerzen zu bestücken, gibt es in Schloss Eggenberg seit der Mitte des 18. Jahrhunderts ausschließlich Kerzenlicht. Bis heute sind die barocken Luster samt Kerzen nach Einbruch der Dunkelheit die einzige Lichtquelle in der Beletage.

Schloss Eggenberg öffnet heuer vier Mal seine Tore nach Sonnenuntergang und lädt zu Führungen bei Kerzenlicht durch den Planetensaal und alle 24 Prunkräume. Natürlich erfahren Sie dabei auch Neues aus dem Leben der Barockzeit und dem Alltag hinter den Kulissen eines fürstlichen Hauses.

168 Kerzen geben dem Planetensaal einen besonderen Glanz,
Foto: UMJ/P. Gradischnigg

Über 600 Kerzen tauchen die Raumfolge in ein besonderes Licht. Ein Besuch bei Kerzenlicht verspricht eine einzigartige Zeitreise in die Welt des Rokoko und lässt die Innenräume so erleben, wie sie deren Bewohner vor über 250 Jahren gesehen haben.
 

Der große Luxus Licht

Über Jahrhunderte hinweg bedeutete Licht vor allem Luxus. Die Möglichkeit, nach Sonnenuntergang ganze Innenräume über mehrere Stunden hinweg mit Kerzen zu beleuchten, war nur wohlhabenden Gesellschaftsschichten vorbehalten. Im Barock wurde (Kerzen)-Licht – geschickt inszeniert mit kostbaren Kronleuchtern aus Glas, Silber oder Gold – zu einem wichtigen Bestandteil fürstlicher Repräsentation. Wie in vielen anderen Bereichen auch, galt auch hier der französische Königshof als das Vorbild für ganz Europa.

Auch Johann Seyfried von Eggenberg (1644–1713) scheute bei der Einrichtung und Dekoration seiner Residenz westlich von Graz keine Kosten. Alleine für die Ausstattung seiner Hochzeitszeremonie 1666 und die Geschenke an seine junge Braut gab er in einem Jahr über 140.000 Gulden aus – mehr als sein Jahreseinkommen – und er verwendete dieses Vermögen zum Ankauf von Luxuswaren: Juwelen und Kleidung, Gemälde und Dekor, Möbel und Textilien, Instrumente, Pferde und Wagen. Der teuerste Einzelposten darunter: eine bemalte und vergoldete französische Kutsche um 1.200 fl.

Schloss Eggenberg um 1700, Foto: UMJ

Die ordinari Körzen

Um dem ungeduldigen Drängen des Fürsten nach rascher Fertigstellung seines Schlosses Folge zu leisten, mussten Künstler und Handwerker auch in Nachtschichten arbeiten. Dazu benötigte man natürlich auch Licht. In den Rechnungsbüchern der Herrschaft Eggenberg der 1660er- und 1670er-Jahre findet man daher auch Posten zur Herstellung von Körzen. Zu diesem Zweck wurde jährlich eine große Menge Rinder- und Hammelfett gekauft, aus dem durch ebenso mühsames wie wenig appetitliches Schmelzen Unschlitt zur Herstellung von Talgkerzen gewonnen wurde. Jährlich wurden rund 350 kg davon von Taglöhnern zu einfachem Licht für Haushalt und Handwerker in Eggenberg verarbeitet.

Die so gewonnenen Talgkerzen oder Talglichter wurden an die im Schloss beschäftigten Maler, Tischler oder Weber ausgegeben – wenn es eilig war, in Extra-Rationen für Nachtschichten. Diese billigen, aber braun-gelben, stark rußenden und vor allem übel riechenden ordinari Körzen waren Gebrauchslichter im Alltag und bei der Arbeit am neuen Gschloss. Zur Verwendung in den fürstlichen Appartements waren sie jedoch gänzlich ungeeignet.

Kerzenherstellung

Die einzige Alternative bis zur Gewinnung von Paraffin (aus Erdöl) um 1800 stellten Kerzen aus Bienenwachs dar. Wachszieher waren seit dem Mittelalter angesehen und führten die Herstellung von Kerzen auf ein hohes Niveau. Ihre wichtigen Erfahrungswerte über das richtige Verhältnis von Kerzenhöhe, -durchmesser und Qualität des Dochts gingen schließlich mit der industriellen Fertigung im 19. Jahrhundert langsam verloren. Für die Beleuchtung von Innenräumen hatten Kerzen aus Bienenwachs den Vorteil, fast nicht zu rußen, sie verbreiteten keinen unangenehmen Geruch und ihr Äußeres konnte durch Bleichen mit giftigem Arsenik hell, fast weiß werden. Wegen ihres kostbaren Rohstoffes waren sie aber auch deutlich teuer und daher ausschließlich besonderen Räumen vorbehalten. Neben Kirchen fanden sie vorwiegend in den Palais und Schlössern des Adels Verwendung.

Licht für Schloss Eggenberg

Den Beleg, dass auch Johann Seyfried tief in die fürstliche Hofkassa griff, um die Innenräume von Schloss Eggenberg auch abends prunkvoll zu beleuchten, erbringt eine Eintragung aus dem Jahr 1689. Darin ist der Erwerb eines großen silbernen Hangleichters am Grazer Ägidimarkt verzeichnet: Kostenpunkt: 1.037 fl.! Wenn man bedenkt, dass die erwähnte vergoldete Kutsche aus Frankreich nur wenig mehr kostete (1.200 fl.), sich der Erwerb des Ölgemäldes „Triumph des Todes“ von Jan Brueghel d. Ä. (heute in der Alten Galerie zu sehen) mit 150 fl. zu Buche schlug, oder dass der höchstbezahlte Hofkünstler Weißenkircher 400 fl. Jahreseinkommen erhielt, gewinnt man ein Gefühl für den heute unglaublichen Wert eines Lusters.

Die Nachfrage nach prunkvollen Beleuchtungskörpern steigerte sich im 18. Jahrhundert noch weiter: Glasluster aus Venedig oder Böhmen, kunstvolle Lusterbehänge aus geschliffenem Bergkristall aus Mailand oder Genua fanden in ganz Europa Verbreitung. „Luster“, „Kronleuchter“, „Chandeliers de cristal“ oder „Lampadari di cristallo“ – poliert, versilbert oder vergoldet – durften in keinem repräsentativen Innenraum mehr fehlen. Als Maria Eleonora von Eggenberg (1694–1774), Johann Seyfrieds Enkelin und Erbin von Schloss Eggenberg, 1754 gemeinsam mit ihrem Ehemann die Neuausstattung der Prunkräume im Geschmack des Rokoko in Auftrag gab, hielten auch die Luster, Girandolen und Spiegelappliquen mit Glasbehang Einzug in die Eggenberger Beletage, die bis heute die einzige Lichtquelle darstellen.

Eine von über 600 Kerzen in den Prunkräumen von Schloss Eggenberg,
Foto: UMJ/P. Gradischnigg

Mehr über die Geschichte des Lichts und der Luster in Schloss Eggenberg sowie über die Nutzung der Beletage im Rokoko erfahren Sie im zweiten Teil dieser Reihe im Joanneums-Blog.
Oder Sie sichern sich Ihr Ticket zu einem der „Glanzlichter- Termine“.

Glanzlichter 2014 – Führungen bei Kerzenlicht
11.04., 25.04., 09.05., 23.05, 06.06., 13.06., 29.08., 19.09., 03.10. und 17.10.
jeweils um 20.30 Uhr
Um Anmeldung (0043-316/8017-9532) wird gebeten
max. 25 Teilnehmer/innen
Kosten: 25 €/Person

Kategorie: Schloss Eggenberg
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