8. August 2013 / Anna Fras
Erzählräume vs. neutrale Räume im Museum
Elf Berliner Museen mit ihren differenzierten Präsentations- und Ausstellungskonzepten bereiteten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Museumsakademie-Exkursion fünf Tage lang „Kopfzerbrechen“ und „hitzige Diskussionen“ (siehe auch Blogbeiträge Museen, ihre Architektur und Objektpräsentation und Historische Museen: Populäre Architekturen).
Viele von den Beteiligten befanden sich zur Zeit der Expedition in einer Projekt- und Ideenfindungsphase zur Neugestaltung ihres eigenen Hauses und wollten das Besprochene und Erlernte für den Alltag nützen. Eine der essenziellen Fragen war, ob es eine allgemeingültige Regel gäbe, wie eine Ausstellung aufgebaut und gestaltet werden sollte. Antworten erhoffte man sich vom Expeditionsleiter Michael Fehr und der Expeditionsleiterin Bettina Habsburg-Lothringen.
Grundsätzlich ist es schwer zu sagen, wie Objekte in Museen richtig oder falsch in Szene gesetzt werden können. Bereits bei einer „Aufwärmübung“ am ersten Tag, in der wir in Gruppen eingeteilt wurden und Objekte zugeteilt bekamen, kristallisierte sich heraus, dass die Wahrnehmung der jeweiligen Gestalterinnen und Gestalter und jene der Betrachterinnen und Betrachter stark divergierten. Obwohl es sich nur um einige wenige Objekte handelte, die in einen Kontext gesetzt wurden, konnte dieser nicht eindeutig herausgelesen werden.
Wiederkehrende Fragen in Bezug auf die Präsentation begleiteten uns rund um die Uhr: Soll vermehrt die Szenografie im Vordergrund stehen und sollen – so wie im DDR-Museum – mithilfe von Ausstellungsarchitektur Erzählräume geschaffen werden? Ist eine objektive Wissensvermittlung nur gewährleistet durch die Aneinanderreihung von Artefakten in einem neutralen Ausstellungsraum?
Museen gestalten, aber wie?
Da es bis zur letzten Station, dem Schwulen Museum (www.schwulesmuseum.de), keine eindeutigen Antworten darauf gab, wurden die Fragen am Ende noch ein Mal aufgegriffen. Doch auch das abschließende Ergebnis ließ vieles offen. Fest steht: Es kann keine klare Vorgabe für die „erfolgreiche“ Gestaltung eines Museums geben, vor der Entwicklung des Ausstellungskonzepts solle man daher bestimmte Parameter beachten: Wie soll gezeigt und ausgestellt werden? Was soll erzählt und vermittelt werden? Wer soll angesprochen werden?
Vom in den letzten Jahren wahrgenommenen Trend hin zur Ausstellungsszenografie, die das Ausstellen im „White Cube“ ablöste, nahm man inzwischen wieder etwas Abstand. Ein Kritikpunkt an dieser Präsentation liegt in der Tatsache, dass eine „realistische“ Nachbildung der Lebensbedingungen zu einer Verfälschung der Realität führe. Auch aus den Reihen der teilnehmenden Wissenschaftler/innen kam z. B. der Vorwurf, dass das Leben der Römer trotz diverser Quellen nie adäquat nachgestellt und abgebildet werden könne. Besser wäre eine beschreibende Erklärung, anstatt fest vorgeformte Bilder in die Köpfe der Besucher/innen zu pflanzen.
Wiederum anders verhielt sich die Situation beim Jugendmuseum (http://www.jugendmuseum.de/), dessen Zielgruppe ein junges und regionales Publikum aus Berlin Schöneberg ist. Bei der Vermittlung wurde besonderer Wert auf die fast authentische Darstellung der Lebensräume von Personen unterschiedlicher Nationen gelebt und ihre Wohnungen fast 1:1 nachgebildet. In diesem Falle ein adäquate Präsentationsform.
Die Frage nach einem „Patentrezept“ konnte somit leider nicht beantwortet werden, jedoch konnten wir alle viele Anregungen und Inspirationen mitnehmen. Michael Fehr und Bettina Habsburg-Lothringen meinten jedoch, dass sie sich schon auf die Ergebnisse der verschiedenen Neugestaltungen freuen. Vielleicht führt uns die nächste Expedition mit weiteren Diskussionen, Gesprächen und Impressionen wieder einen Schritt näher an eine Lösung des Problems der optimalen Präsentation heran.
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Schlagworte: Berlin | Museumsakademie