13. Juni 2016 / Christine Rabensteiner
Die Erschaffung der Tiere, Wunder Tier Teil 4
Tiere im Paradies
In Raum 9 der Alten Galerie ist das Apostolische Glaubensbekenntnis (Symbolum Apostolorum) von Teodoro Ghisi (1536–1601) zu sehen. Dieses Gemälde hatte der Regent von Innerösterreich, Erzherzog Karl II., für seine Residenz – die Grazer Burg – bestellt. Es ist ein wichtiges Zeugnis für die Zeit der konfessionellen Auseinandersetzungen und den Beginn der Gegenreformation, die am Grazer Hof einen wesentlichen Ausgang nahm. Der spätere Kaiser Ferdinand II., unter dessen Regierung mit dem Prager Fenstersturz der Dreißigjährige Krieg einsetzte, war Karls Sohn. Seine Mutter, Maria von Bayern, war eine entschlossene Befürworterin der katholischen Kirche und nahm in diesem Sinne großen Einfluss auf Ferdinand. Ghisis Gemälde enthält zwölf Einzelbilder und eine Kartusche mit der Datierung M. D. L. XXXVIII (1588). Im Rahmen des Rundganges „Wunder Tier“ interessiert uns besonders das große zentrale Bild mit der Schöpfungsgeschichte. Dem Bibeltext der Genesis entsprechend, wird Gottvater mit dem ersten Menschenpaar im Paradies gezeigt.
„Und Gott segnete sie (Adam und Eva) und sprach: (… ) seid Herren über die Fische des Meeres, und über die Vögel des Himmels, und über alle Tiere, die sich auf Erden regen.“ (Gen 1, 28)
Inspiriert von alten Schriften
Das ganze Paradies ist mit Tieren gefüllt: Im Vordergrund halten sich einheimische Tiere auf, nach hinten zu überwiegen exotische Arten. Hier nutzte der aus Mantua stammende Teodoro Ghisi unter anderem das Tierbuch von Pier Candido Decembrio als Vorlage, das dieser dem Herrscher von Mantua, Ludovico Gonzaga gewidmet hatte. Decembrio (1399–1477) war Politiker und humanistischer Autor. Sein Tierbuch De animantium naturis bezeugt den Willen, das Wissen über die Tierwelt, das er antiken Schriften entnehmen konnte, mit eigenen Erfahrungen zu verknüpfen. Bei allen Bemühungen um realistische Beobachtungen finden sich aber auch Fabelwesen in diesem Buch, z. B. Kentauren oder der Pegasus. Das Manuskript entstand um 1460 und ist heute im Besitz der Biblioteca Apostolica Vaticana (Codex Urbinas Latinus 276). Erst um 1530 dürfte es in Mantua illustriert worden sein. Ein bisher nicht identifizierbarer Maler zeigt dem Text entsprechend am unteren Bildrand das jeweilige Tier. Auf jeden Fall kann Ghisi das Manuskript in Mantua in Händen gehalten haben.
Die Universitätsbibliothek Graz überlässt der Alten Galerie ein Faksimile dieses Buches bis 30. Oktober 2016. Es ist in der Dauerausstellung vor dem Apostolischen Glaubensbekenntnis von Ghisi präsentiert. Hier können auch die Giraffen im Buch und auf dem Gemälde verglichen werden!
Manuskript:
Schlagworte: Sammlungsobjekte | Tiere im Museum | Wunder Tier