24. August 2015 / Astrid Bernhard
Aus welchem Holz sind wir geschnitzt?
Die Vorstellung beginnt: Papa Steph and his Brass Band lassen „Traumschiff“-Melodien erklingen, Geppetto befindet sich im Walbauch – und wir mit ihm! Ein unermüdlicher Bewegungsmarathon startet, und bald ist uns klar: Nur weil drei Akteure auf der Bühne stehen, heißt das nicht, dass drei unterschiedliche Charaktere zu sehen sind. Karin Gschiel, Gerhard Prossliner und Christian Ruck schlüpfen immer wieder gleichzeitig in eine Rolle, die schlagartig auch wieder wechseln kann. Während des ganzen Stücks hauchen sie der Geschichte mit minimalen Mitteln Leben ein. Auch Stefan Balogh und sein Bruder Jan haben dabei – nicht nur mit ihren Instrumenten – ein Tönchen mitzureden. Einzige Requisiten sind Holzscheite, die sich ebenfalls als äußerst wandlungsfähig herausstellen: Sie werden zur Kerze, zu Thunfischdosen und Goldbarren, zur Manege oder zum Wald. Eine tolle Metapher dafür, aus welchem Holz der Hauptprotagonist des Stückes von Carlo Collodi geschnitzt ist.
Pinocchio, das Kiefernholz-Dummköpfchen, möchte seinem Vater Geppetto keine Sorgen machen, tappt aber in seinem Bemühen, ein besserer „Mensch“ zu werden, von einem Fettnäpfchen in das nächste – kleine Lügen bleiben dabei nicht unentdeckt!
Liebenswerte Komik mit dunklen Anklängen
Diese Inszenierung wächst sozialkritisch über die Textgrundlage hinaus: Der liebenswerte und respektvolle Umgang der Akteure untereinander ist zu spüren, wenn sie plötzlich im Spielen von Regisseur und Texter Thomas Sobotka aufgerüttelt und getadelt werden, der Geschichte und ihrer Botschaft doch endlich auf die Sprünge zu helfen. Ebenso beginnt es immer wieder unvermutet zu „menscheln“, wenn das Ensemble plötzlich im Plauderton über die Launen der eigenen Kinder klagt oder sich beim Flaschendrehen „Wahrheiten“ entlockt.
Der Theaterabend ist ein großer Spaß, und dennoch werden ernste Gedanken nicht ausgespart: Fragen nach dem Menschsein werden gestellt, nach Falschheit, Fantasie und Unterdrückung: Was wäre die Menschheit ohne ihre Lügen? Am Schluss bleibt uns nur das herzhafte Lachen über einen unterhaltsamen Abend, der zugleich eine bittere Wahrheit offenlegt: Wir tischen nicht nur anderen immer wieder Lügen auf – wie es Pinocchio so harmlos-naiv macht –, sondern auch uns selbst. So covert die Theatertruppe schließlich Rollins Band und singt eindringlich: „I’m a liar … I lie … I like it …. I feel good … And I’ll keep lying … I promise“
Die nächsten Aufführungen finden am 26., 27., 28. und 29. August, jeweils um 20 Uhr, statt.
Karten und Infos unter: info@theater-teig.at oder 0650/266 35 80
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