4. Bezirk LEND

Der Lend bildete gemeinsam mit dem Gries die Murvorstadt, die klassische Vorstadt von Graz. Der Name rührt vom Anlegen, dem Anlenden/Anländen der Flöße und Plätten her, die bis in das frühe 20. Jahrhundert auf der Mur verkehrten.

Zwischen Lendplatz und Südbahntrasse

 

Die Aufnahme zeigt Kloster und Kirche der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul (Mariengasse 12) und die im Bau befindliche Kirche des Lazaristenklosters.

Die evangelische Kreuzkirche

 

Das Anwachsen der protestantischen Gemeinde am rechten Murufer führte 1914 zur Errichtung der Bekennerkirche, ab 1917 Kreuzkirche, am Rande des Volksgartens.

Mit dem Flugzeug über das Lendviertel

Julie und Emilie Reininghaus-Stiftung zur Speisung armer Kinder

 

Die Murvorstadt war nicht primär aus einem Bevölkerungsüberschuss entstanden. Ihr Werden hing vielmehr mit der Möglichkeit zusammen, billiger zu wohnen. Baugründe, Lasten und Abgaben lagen unter dem Preisniveau der Stadt. Demnach dominierten hier die unteren Sozialschichten, ab dem 19. Jahrhundert war es das Industrieproletariat. Man sprach von den „minderen Vierteln“, hier war die Armut zu Hause.

Bomben auf Graz

Bombenplan Graz der Nationalsozialisten

 

Die deutsche Luftwaffe hatte einen Bombardierungsplan für Graz ausgearbeitet. Sollte die Stadt von den Alliierten eingenommen werden, hätte die Luftwaffe im Sinne einer „Politik der verbrannten Erde“ die Bahn- und Fabriksanlagen vernichtet.

Bombenschäden im Bereich des Südbahnhofs (Hauptbahnhof)

 

In den letzten Kriegsjahren wurde Graz das Ziel von 56 Luftangriffen. 29.000 Bomben fielen auf die Stadt, insbesondere auf die Bezirke Lend und Gries. Die schwersten Bombardierungen fanden zwischen Allerheiligen 1944 und Ostern 1945 statt. Dabei kamen 2.000 Menschen ums Leben, 20.000 Wohnungen wurden zerstört.

Südbahnhof/Hauptbahnhof

 

Mit der Eröffnung des Südbahnteilstückes Mürzzuschlag–Graz 1844 (1857 Fertigstellung der gesamten Strecke Wien–Triest) erhielt die steirische Landeshauptstadt ihren ersten Bahnhof. Der ständig zunehmende Verkehr machte 1870/1876 einen Erweiterungsbau im Stil der Gründerzeit notwendig. Dieser wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört. 1955 wurde der neue, großzügig, aber nüchtern im Stil der Zeit angelegte Bahnhof seiner Bestimmung übergeben. 2010 startete das Bauprojekt „Grazer Hauptbahnhof 2020“. In einem Leser/innen-Wettbewerb der „Kleinen Zeitung“ erhielt das ovale Dach am Vorplatz den Namen „Golden Eye“.

Die Keplerbrücke mit dem „2er“ in den 1950er Jahren

 

Die Keplerstraße, die bei der gleichnamigen Brücke beginnt, entstand nach der Annenstraße als zweite Bahnhofstraße. Über sie führte die Ringlinie der Straßenbahn (2er) vom Glacis zum Hauptbahnhof, um über die Annenstraße wieder den Ausgangspunkt Jakominiplatz zu erreichen.

Dampfwäscherei am Erlenbach

 

Zum Antrieb von Mühlen ließ sich die Mur wegen ihrer stark schwankenden Wasserführung nicht nutzen. Daher wurden Mühlen, Hammerwerke und andere gewerbliche Betriebe an natürlichen Seitenarmen der Mur,  den „Mühlgängen“, errichtet. Der rechtsseitige Mühlgang bestimmte bis in das 19. Jahrhundert das gewerbliche Leben im Lend.

Grazer Brückenbauanstalt und Kesselschmiede der Waagner-Biró AG

 

Im Eisenbahnzeitalter siedelten sich die Industrieanlagen verstärkt an der Schienentrasse an, wo die notwendige Kohlezufuhr und die Rohstoffversorgung sowie der Export einfach waren – so auch die Brückenbauanstalt der Andritzer Maschinenfabrik. Später, als Grazer Werk der Waagner-Biro AG, wurden hier Brücken- und Kesselanlagen für die ganze Welt erzeugt. Heute befindet sich auf dem Areal die Helmut-List-Halle.

HUMANIC

 

1870 gründete Heinrich Pollack an der Südbahntrasse (Lastenstraße) die damals größte Schuhfabrik Mitteleuropas, die 1904 der Lederfabrikant Carl Rieckh erwarb. Nach dem Ersten Weltkrieg firmierte das Unternehmen unter dem Namen „HUMANIC“. Die Werbung konnte zunächst als  „bieder“ bezeichnet werden. Doch unter Werbechef Horst Gerhard Haberl trat die Firma in den 1970er-Jahren an, die zeitgenössische Kunst als  Werbebotschafter einzusetzen. Künstler wie Othmar Krenn (1952–1998) wurden eingeladen und Karl Neubacher (1926–1978) kreierte den legendären „franz“.

Wienerstraße

 

Die Wienerstraße war Teil der Kommerzialstraße Wien-Triest.

Das vielleicht älteste Foto des Lendplatzes

 

Der Lendplatz war seit jeher Marktplatz: Viehmärkte wurden hier abgehalten, Brennholz verkauft. Die Fetzenmärkte zogen Neugierige an und 1891  kam der Lebensmittelmarkt vom Mariahilfer Platz hierher.

Das Stammhaus des Steirischen Konsum

 

1857 entstand, initiiert von Arbeitern, die erste Verkaufsstelle dieses genossenschaftlichen Vertriebssystems.

Der Lendplatz mit den Straßenbahnlinien 3 und 2

 

Der Platz war ein Straßenbahnknotenpunkt. Hier kreuzte sich die Ringlinie 2 und der aus Gösting kommende „3er“.

Die Baustelle des Lendplatzhochauses

 

Im Zuge des Wiederaufbaus entstand als Zeichen der Urbanität das Hochhaus.

Lendplatz/Ökonomiegasse

 

Das Bild vermittelt den vorstädtischen Charakter des Viertels.

Ein Gästezimmer im Gasthof Volksgarten

 

In der Nähe der überregional bedeutsamen Durchzugsstraße entstanden zahlreiche, oft einfache Gastro- und Beherbergungsbetriebe.

Gasthof „Zum Königstiger“

 

Das Gasthaus war ein für die Arbeiterschaft wichtiges Versammlungslokal.

Der Mariahilferplatz um 1870

 

Die unregulierte Mur kam dem Platz mit der Wallfahrtskirche auch bei Normalwasserstand sehr nahe.

Das Haus von Eisen in Gratz (Südtirolerplatz)

 

Das Haus war 1847/48 nach den Plänen von Josef Benedikt Withalm erbaut worden. Das  Gusseisenskelett im Obergeschoss des als Café errichteten
Gebäudes zählt international zu den sehr frühen Beispielen der Eisenanwendung im Hochbau. 1877 wurde im „Eisernen Haus“ das „Großhandlungshaus Brüder Lechner“ eröffnet.

Kunsthaus und Südtirolerplatz

 

Als Graz im Jahr 2003 Europäische Kulturhauptstadt wurde, konnte nach langen Standortdiskussionen das Kunsthaus am Lendkai eröffnet werden. 

Annenstraße



Nach der Gemahlin Kaiser Ferdinands I., Anna Maria von Sardinien, benannt, wurde die Straße 1846 mehr...

Öl auf Leinwand, Maria Peter Reininghaus, um 1920 (Sammlung Kubinzky)

An der Mur



Die Mur ist eine Lebensader für Graz, sie verbindet aber sie trennt auch: „Im Allgemeinen bietet mehr...

Museum für Geschichte

Sackstraße 16
8010 Graz, Österreich
T +43-316/8017-9800
geschichte@museum-joanneum.at

 

Öffnungszeiten


Di-So, Feiertag 10 - 18 Uhr

 

24. bis 25. Dezember 2023