Bildinformationen
Laufzeit
21.03. - 08.11.2026
Eröffnung
20.03.2026 19:00
Ort
Kunsthaus Graz, Space02
Kuratiert von
Katrin Bucher Trantow und Andreja Hribernik
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Der Löwenzahn – als Blume, botanisches Gewächs, kulturelles Symbol und ästhetisches Phänomen – besitzt Stärke und stillen Mut. Unauffällig und doch ausdauernd passt er sich radikal an, kehrt zurück und leistet Widerstand. Unter dem Titel 30 % Löwenzahn vereint die Ausstellung im Kunsthaus mehr als 20 zeitgenössische künstlerische Positionen, die sich der Blume und ihrer direkten Verbindung mit dem Menschen widmen – der Mensch teilt etwa 30 % seines genetischen Materials mit der Blume –, mit einzelnen Leihgaben aus den Sammlungen des Universalmuseums Joanneum. In den Arbeiten begegnen wir der Schwermut einer bröckelnden Gegenwart. Gleichzeitig nehmen sie uns mit auf eine Reise in die uns vertraute, schöne und berauschende Ästhetik der Blume und ihres Ausdrucks der Lebensfreude. Es geht dabei um wiederkehrende Ankunft, symbiotische Kooperation und Abschied: poetisch, politisch und ökologisch.
Der Löwenzahn fungiert dabei sowohl als Leitbild für adaptive Stärke als auch für eine Sprache, die von allen gesprochen wird. Im Geiste der Floriographie – der historischen Sprache der Blumen – wird er zu einer transkulturellen Geste der Anerkennung und Kommunikation: übersehen, aber beharrlich und schön. Als Blume der Ränder, der Wiesen und Gärten bietet er ein symbolisches Vokabular, das sich normierender Einengung widersetzt, in Alltagssprachen spricht, Heilkräfte besitzt und niederschwellig in der strahlenden Farbe der Sonne die ihn befruchtenden Insekten anlockt. Die Ausstellung stützt sich dabei ebenso auf das Konzept des "entanglements" wie auf philosophische und ökologische Rahmenkonzepte der „ästhetischen Offerte“ (Elaine Scarry) und der „kritischen Hybridität“ – und verbindet sich darüber auch mit der Ausstellung Hybrid Pleasures. Helen Chadwick supported by Liesl Raff im Obergeschoss, in der produktive und provokative Formen einer vielstimmigen Hybridität zum Thema werden. Die „entanglements“ bzw. Verflechtungen werden dabei, wie es von Denker*innen wie Donna Haraway, Karen Barad und Timothy Morton formuliert wurde, ebenso politisch und kolonial aufgeladen wie als gattungs- oder geschlechterüberschreitend verstanden. Wenn Haraway schreibt: „Wir werden miteinander oder gar nicht“, gilt es, diesen Verbindungen auf die Spur zu kommen und die Erkenntnisse für eine gerechte Zukunft nutzen.
Inmitten ökologischer Krisen, kolonialer Nachwirkungen und digitaler Beschleunigung fordert 30 % Löwenzahn neue Formen der Aufmerksamkeit – abgestimmt auf das, was langsam wächst, Zeit fordert und still zurückkehrt. Die Blume an sich, aber auch der Löwenzahn mit seinen sich ausbreitenden Samen, seiner natürlichen Heilkraft und seinem gemeinschaftlichen Gedeihen verkörpert dieses Prinzip einer ethischen Lebensweise der Koexistenz.
Mit Werken u. a. von Anita Fuchs, Spencer Finch, Barbara Frischmuth, Joiri Minaya, Nina Schuiki, Claudia Larcher, Jonas Mekas, Marwa Arsanios und Anna Ridler entfaltet sich die Ausstellung als vielstimmige Auseinandersetzung mit der Blume, ihrer Zuschreibung und Kraft der Anziehung.
Das Projekt ist Teil des Kooperationsprojekts BLOOM, das von Frühling bis Winter 2026 die Standorte des Universalmuseums Joanneum verbinden wird.