Vitrine 4

Geschichte wird gemacht

Steirischer „Raufjodl“, 1680

 

Von volkskundlichem Interesse

Die Figurine wurde nach der Abbildung eines Liedflugblattes aus dem späten 17. Jahrhundert zusammengestellt bzw. rekonstruiert. Der Grazer Kaufmann Adolph Kroath hatte das Blatt auf einem „Fetzenmarkt“erworben, es wurde an Konrad Mautner weitergegeben, der sich als Volksliedforscher mit dem Text beschäftigte. Mautner beschrieb, dass der Ausdruck „Jodl“ vielfach als Kollektivbezeichnung für die bäuerliche Bevölkerung verwendet wurde. „Jodl“ wird in der Literatur auch als „lärmender Mann“, „Dummkopf“ oder „grober Lümmel“ übersetzt. Dass der „Bub von dreyssig Jahren“ in der „edlen Steyermark“ zu Hause war, wie es der Liedtext verkündet, hat Konrad Mautner jedoch angezweifelt. Ähnliche Charaktere, so spätere volkskundliche Stimmen, seien in Bayern, Tirol, Salzburg und Oberösterreich öfter als in der Steiermark anzutreffen. Die Eisenerzer Bergreihen von 1655 erzählen von „Fäusthelden oder Räiffer“ in der Obersteiermark und in Oberösterreich. Diese gingen mitunter meilenweit, um sich bei Tänzen oder Hochzeiten mit ihresgleichen zu duellieren. Generell waren Raufereien häufige Begleiterscheinungen von dörflichen Veranstaltungen wie Kirtagen.

Federn als Zeichen

Die Form des Hutes war für Geramb Vorläufer von verschiedenen späteren bäuerlichen Männerhüten und galt als Stimmungsbarometer: Je nachdem, wie der Hut aufgesetzt wurde oder wie der Federschmuck steckte, wurde angezeigt, ob die Person zu einem Raufhandel aufgelegt war. So heißt es in den Bergreihen weiter: „(...) die auf ihren Hüten eine Kranichfeder trugen, alsdann muß er sich auf zween seiner Gegner wagen, und ihnen, wie sie es nennen Bescheid thun“. Kranichfedern wurden nur vom Autor dieser Schrift, Matthias Abele von und zu Lilienberg, beschrieben. Konrad Mautner erwähnte Schildhahnfedern. Für den Hut der Figurine im Trachtensaal verwendete Viktor Germab die Federn eines Haushuhns.

Bildinformationen

Figurine

Alexander Silveri

Entstehungszeit

1936

Foto

N. Lackner/UMJ

Abb.:

Konrad Mautner, Zwey schöne lustige Lieder. Das Erste von dem Schrägel-Thomerl / Das Anderte von dem Jungen Rauff-Jodel, Wien 1920.

Text

Johannes Maier

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Leobner Kellnerin, 1669

 

Ein Detail auf einer Schützenscheibe in der Sammlung des Volkskundemuseums – zuvor in der Kulturhistorischen Sammlung des Universalmuseums Joanneum – diente als Vorlage für diese rekonstruierte Frauenkleidung aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Kleidungsstücke wurden von Geramb in Auftrag gegeben und von Melitta Maieritsch angefertigt. Einzige Ausnahmen sind die Schuhe, die von einem unbekannten Grazer Schumacher stammen. Bis zur Umgestaltung 1985 trug die Figurine eine weiße Leinenhaube.

Weiß nicht ohne Grund

Die weiße Schürze war für Kellnerinnen und Sennerinnen üblich – so Viktor Geramb im Steirischen Trachtenbuch. Maria Kundegraber, Volkskundlerin am Museum in den 1980er-Jahren, hatte aufgezeigt, dass die Schürze auf dem Gebiet der Steiermark ab Mitte des 15. Jahrhunderts Verbreitung fand und als Arbeitsschürze zumeist weiß und aus grobem Leinen war – aus Kostengründen und wegen der einfacheren Reinigung. Weiße Schürzen waren bis in das 18. Jahrhundert auch Teil des Festtaggewands. Als eine Art Standeszeichen, etwa für Sennerinnen, hielt sich die weiße Schürze bis ins 19. Jahrhundert.

Bildinformationen

Figurine

Alexander Silveri

Entstehungszeit

1936/37

Foto

N. Lackner/UMJ

Abb.:

 Ausschnitt aus der Leobener Schützenscheibe 1669, Foto: unbekannt, Volkskundemuseum /UMJ

Text

Birgit Johler, Johannes Maier

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Obersteirerin aus Traboch, 1696

 

Die Obersteirerin aus Traboch wurde einem Votivbild aus der gleichnamigen Gemeinde im Bezirk Leoben nachempfunden – ebenso wie die danebenstehende Figurine und Kleidung des Obersteirers aus Traboch. Bis auf den Hut mit dem strohgeflochtenen „Krimskrams“ – eine Schenkung von Th. Ferstner an das Museum – wurden die Kleidungsstücke von Melitta Maieritsch rekonstruiert. Laut Viktor Geramb sind Teile der Kleidung aus der spanischen Mode abgeleitet, an Hut und Halskrause, auch „Krös“ genannt, sind diese Einflüsse am deutlichsten zu erkennen. Die Halskrause wurde 1985 von der Museumsmitarbeiterin Ursula Kainz aus Baumwollstoff mit Drahtverstärkung neu angefertigt.

Bildinformationen

Figurine

Alexander Silveri

Fassung

Fritz Silberbauer

Entstehungszeit

1936/37

Foto

N. Lackner/UMJ

Abb.:

 Aquarell nach einer Votivtafel aus Traboch, 1696, Volkskundemuseum/UMJ

Text

Johannes Maier

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Obersteirer aus Traboch, 1696

 

Der Obersteirer aus Traboch wurde einem Votivbild aus der gleichnamigen Gemeinde im Bezirk Leoben nachempfunden – ebenso wie die danebenstehende Figurine und Kleidung der Obersteirerin aus Traboch.

Alle Kleidungsstücke sind Rekonstruktionen, die Viktor Geramb in Auftrag gegeben hat. Rock und Strümpfe bestehen aus hellgrauem und grünem Loden. Rock, Strümpfe und Halskrause wurden von Melitta Maieritsch hergestellt. Die Museumsmitarbeiterin Ursula Kainz hat den in Rüschen gezogenen Abschluss des Kragens 1985 neu angefertigt. Lederhose und Lederschuhe stammen von nicht bekannten Produzenten aus Graz.

Bildinformationen

Figurine

Alexander Silveri

Fassung

Fritz Silberbauer

Entstehungszeit

1936/37

Foto

N. Lackner/UMJ

Abb.:

Aquarell nach einer Votivtafel aus Traboch, 1696, Volkskundemuseum/UMJ

Text

Johannes Maier

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Bauer aus dem oberen Murtal, um 1760

 

Die Figurine ist eine Rekonstruktion nach einer Darstellung des heiligen Isidor auf einem Ölbild in der Kirche von Saurau im Bezirk Murau. Der heilige Isidor galt als Schutzpatron der bäuerlichen Bevölkerung und wurde in manchen Regionen auch als „Steirischer Herrgott“ bezeichnet. Viktor Geramb beschrieb, dass der grüne Langrock mit rotem Futter der bäuerlichen Kleidung in der Steiermark um die Mitte des 18. Jahrhunderts entspricht und der schwarze Halsflor („Beffchen“) noch aus der Mode der Reformationszeit stammt.

Die Figurine wurde mit rekonstruierter Kleidung von Melitta Maieritsch und von nicht bekannten Lederhosen- und Schuhmachern aus Graz eingekleidet. Die sogenannten Hamburger Strümpfe hat eine ebenfalls namentlich nicht bekannte Grazer Strickerin rekonstruiert. Der Import von Strümpfen aus Hamburg ist bereits um 1660 nachgewiesen. In der Steiermark waren sie vorerst in wohlhabenden Kreisen verbreitet, um 1700 auch in der Landbevölkerung.

Bildinformationen

Figurine

Alexander Silveri

Entstehungszeit

1936/37

Foto

N. Lackner/UMJ

Abb.:

Der heilige Isidor und die heilige Notburga, um 1760, abgebildet in: Viktor Geramb (Hg.), Steirisches Trachtenbuch, Bd. 1, Graz 1932, S. 433.

Text

Johannes Maier

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Bäuerin aus dem oberen Murtal, um 1760

 

Die Figurine ist einer Darstellung der heiligen Notburga auf einem Ölbild in der Kirche von Saurau bei Murau im Westen der Steiermark nachempfunden, ebenso wie der Bauer aus dem Oberen Murtal, der dem heiligen Isidor entspricht. Die heilige Notburga wird vor allem von der bäuerlichen Bevölkerung als Patronin und Nothelferin bei Geburten, Viehkrankheiten und als Verteidigerin der Arbeitsruhe verehrt. Viktor Geramb wies darauf hin, dass die Heiligendarstellung Merkmale der zeitgenössischen lokalen bäuerlichen Kleidung aufweist. Weiße Schürzen waren auch im 18. Jahrhundert noch üblich. In Gerambs Auftrag fertigte Melitta Maieritsch sämtliche Kleidungsstücke an.

Bildinformationen

Figurine

vermutlich Alexander Silveri

Entstehungszeit

zwischen 1937 und 1939/1940

Foto

N. Lackner/UMJ

Abb.:

er heilige Isidor und die heilige Notburga, um 1760, abgebildet in: Viktor Geramb (Hg.), Steirisches Trachtenbuch, Bd. 1, Graz 1932, S. 433.

Text

Johannes Maier

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