Steiermark-Relief

Als absolutes Highlight des Joanneums und als unvergleichlicher Schatz des Naturkundemuseums gilt das 6 mal 6 Meter große Steiermark-Relief. Eine mediale Inszenierung verknüpft die einzigartige historische Technik des Reliefs mit modernsten Technologien. Diese zeitgemäße Interpretation stellt die Geschichte des Reliefs der aktuellsten Geodaten-Technik gegenüber: dem Geografischen Informationssystem (GIS), einem wissenschaftlichen und populären Werkzeug zur Beschäftigung mit dem Naturraum der Steiermark.

In den Jahren 1890 bis 1905 fertigten die beiden Leobener Uhrmacher Friedrich und Julius Kienzle das Steiermark-Relief auf Basis der Österreichischen Militärstabskarte im Maßstab 1:75.000 an. Mithilfe eines eigens von den Kienzles entwickelten rotierenden Reliefpantografen (Prinzip Storchschnabel) wurden insgesamt 111 Teile („Sektionen“) als Negativformen im Maßstab 1:37.500 hergestellt.

Die Wiener Gipsgießerei im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie am Stubenring goss daraus Positive, die in Graz durch „Aufgipsen“ auf eine Zementplatte auf einer Fläche aus Holzbrettern die große Reliefkarte ergaben. Das daraus entstandene Riesen-Relief zeigt die Steiermark dreidimensional – mit dem Gebiet der ehemaligen „Untersteiermark“.

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Die Entstehung des Steiermark-Reliefs

Als das Steiermark-Relief gefertigt wurde, hatte die Steiermark noch andere Grenzen. Die ehemalige Untersteiermark (heute ein Teil Sloweniens mit der Bezeichnung Stajerska) und aus Umrissgründen auch der nördlichste Teil von Kroatien bilden den südlichen Abschluss der dreidimensionalen Karte.

Zwei Leobener Graveure, Friedrich und Julius Kienzle aus der berühmten Kienzle-Dynastie (Schwarzwald), hatten einen speziellen Relief-Pantografen (Prinzip Storchschnabel) konstruiert. Damit konnten die Höhenschichtlinien aus der damaligen Generalstabskarte der Monarchie im Maßstab 1:75.000 dreidimensional auf Gipsblöcke übertragen werden. Die gestufte Oberflächengestalt wurde per Hand geglättet und daraus stellte man Negativformen her.

Die einzelnen Fertigungsschritte sind in einem eigenen Bereich am Relief selbst dargestellt. In der Gipsgießerei des Museums für Kunst und Industrie in Wien goss man aus den Negativen die endgültigen Platten. Diese wiederum wurden auf einem massiven Holzuntergrund zusammen zementiert. Bei der Konstruktion wurde auch die Erdkrümmung berücksichtigt. Deswegen ist die Reliefmitte um 22 mm höher als die Randbereiche.

1956 wurde das Steiermark-Relief geodätisch vermessen – das ergab eine unglaubliche Genauigkeit mit Fehlern von nur wenigen Millimetern auf Entfernungen von mehreren Metern. Deshalb wurden im Vorfeld der Standortbestimmung für das Radarsystem „Goldhaube“ auf der Koralpe Messungen an diesem historischen Steiermark-Relief durchgeführt.

Bereits kurz nach der endgültigen Fertigstellung 1905 wurde das Relief auch in den Unterrichtsbetrieb der Universität Graz einbezogen und in Zeitungsartikeln als große Sensation beschrieben. Man muss diese Einzigartigkeit aus der Sicht der damaligen Zeit betrachten, in der Reisen selbst in die nähere Umgebung nicht alltäglich waren – geschweige denn Fotografie aus der Vogelperspektive oder gar Satellitenaufnahmen der Erde und deren Verfügbarkeit für jeden Computernutzer in den eigenen vier Wänden. Aber auch heute noch – vielleicht mehr denn je – fasziniert an diesem historischen Steiermark-Relief die Möglichkeit des Betrachtens einer so großen Fläche auf einen umschweifenden Blick, und natürlich die handwerkliche Meisterleistung aus einer Zeit ohne Laserabtastung und automatischer 3-D-Fräse.

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Interessante topografische Details

Interessant sind aus aktueller Sicht aber auch manche topografische Details, z. B. die Darstellung der damals oft sehr stark mäandrierenden Hauptflüsse der Steiermark wie Mur, Mürz und Enns. Heute fließen diese Flüsse fast alle in reguliertem Verlauf begradigt. Im Ennstal, im Bereich zwischen Schladming und Admont, sind am Relief sowohl der ursprüngliche Mäanderlauf des Flusses als auch die damals kurz davor durchgeführten Ennsdurchstiche zu sehen. Aufgrund der monochromen Darstellung im patinierten Weißgrau der Gipsoberfläche ist auch die topografische Architektur der Alpen mit den gesteinsbedingten
Unterschieden zwischen Nördlichen Kalkalpen und Zentralalpen gut zu erkennen.

Auch die Tal- und damit Gewässernetze funktionieren in diesen beiden Gebirgseinheiten nach völlig anderen Prinzipien. Der Übergang von den Gebirgen in die Ebenen in Form des Abtauchens der Südostausläufer der Ostalpen in die Beckenlandschaften zwischen Hartberg, Fehring und Bad Radkersburg sowie zwischen Köflach, Leibnitz und Eibiswald erschließt sich ebenfalls dem staunenden Auge.

Moderne Methoden der Geo-Datenverwaltung

Als Novum ist das Steiermark-Relief im Naturkundemuseum nun im Kontext mit den Möglichkeiten moderner Methoden der Geo-Datenverwaltung präsentiert. Es wird mit Projektionen aus dem zeitgemäßen Geografischen Informationssystem GIS-Steiermark bespielt.

Beispiele aus der breiten Einsatzpalette, was Darstellungsvarianten und Fragestellungen betrifft, sind zu einem Loop zusammengefügt, der mit Bild, Text und Ton vertiefte Informationen bietet. Spezialthemen können zukünftig ebenfalls in eigenen Kurzpräsentationen abgehandelt werden.

Audioguide: Steiermark-Relief