Kulturhistorische Sammlung

Die Kulturhistorische Sammlung am Universalmuseum Joanneum ist im Wesentlichen das Werk von Karl Lacher (1850–1908). Der aus Süddeutschland zugewanderte Bildhauer und Kunstgewerbelehrer macht in Nürnberg gesammelte Erfahrungen für die Steiermark nutzbar und entfaltet eine überaus rege Sammeltätigkeit. Resultat ist das „Culturhistorische und Kunstgewerbemuseum“, das 1895 von Kaiser Franz Joseph persönlich eingeweiht wird. Zu diesem Zeitpunkt weist sie bereits 5.394 Objekte auf; bis heute ist der Bestand auf rund 35.000 Objekte angewachsen.

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Geschichte

Das von dem Wiener Architekten August Gunolt entworfene, im neobarocken Stil der Zeit errichtete Museum ist das erste zu diesem Zweck errichtete Gebäude in Graz. Die formale Anlehnung an die Metropole Wien, wo zu dieser Zeit der Ausbau der monumentalen Hofmuseen vorangetrieben wird, ist kennzeichnend für den Repräsentationswillen in der späten Donaumonarchie.

Handarbeit und angewandte Kunst geraten in der Gründerzeit in den Sog verstärkter Industrialisierung. Zahlreiche internationale Präsentationen und nicht zuletzt die großen Weltausstellungen ab 1851 lösen eine Gegenbewegung aus, die dem Kunsthandwerk zu neuer Wertschätzung verhelfen. Aus der Furcht vor endgültigem Verlust durch Zerstörung und Verschleuderung erwächst das Bedürfnis nach gewachsener Identität im Spiegel regionaler wie nationaler Vergangenheit jenseits der großen Kunstgalerien. In den Metropolen vieler europäischer Groß- und Mittelstaaten entstehen Kunstgewerbemuseen, deren Bestände kontinuierlich wachsen: das Victoria & Albert Museum in London, das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg oder das „k. k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie“ in Wien, heute Museum für angewandte Kunst (MAK).

Diese Bewegung erreicht auch die Kronländer des Habsburgerreiches. Wie in den Statuten von 1887 beschlossen, sollte das neue Grazer Museum die „Kulturepochen des Landes ... von der früheren Zeit des Mittelalters ... bis zur Gegenwart zur Anschauung bringen“. Der repräsentative Neubau dieses Museumsgebäudes wurde wegen seiner „volkswirtschaftlichen Bedeutung“ als „eine mächtige Waffe [im] schweren Kampf, den das Gewerbe zu führen hat“ bewilligt.

Lachers pädagogische Absicht ist es, das heimische Handwerk mithilfe einer ausgedehnten Mustersammlung im Geist des Historismus systematisch zu schulen. Das Publikum soll durch Anschauung zu einem regionalen Kulturbewusstsein erzogen werden. Dem neuen Museum kommt die Aufgabe zu, ein „übersichtliches ethnografisches Bild von dem Wohnen, dem häuslichen Leben und Schaffen der Bewohner der Steiermark“ zu bieten.

Objekte aus unserer Sammlung
Arhat, 19. Jh.
Arhat (Sanskrit für „Der Würdige“) bezeichnet den zu vollkommener Erleuchtung gelangten Jünger Buddhas, der dessen Lehre zufolge durch Erreichen des Nirwana dem Kreislauf der Wiedergeburten enthoben ist.

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Beerenmesser, 19. Jh.
Umfang und Reifegrad von Naturprodukten wie Beeren waren für die Preisfestsetzung maßgeblich. Dafür mit genauen Messskalen ausgestattete Beerenmesser hergestellt, einfach zu handhabende, effektive Instrumente.

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Bronzeplakette, 1561
Nach Art großformatiger Altarbilder der Renaissance schildert hier der Bildhauer Gian Federico Bonzagni, genannt „Il Parmese“, das Ereignis der Heiligen Nacht. Ein umgedrehtes Kapitell zeigt die Jahreszahl.

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Christus auf der Weltkugel, 18. Jh.
Die um 1750 geschaffene Statuette zeigt Christus als „Salvator mundi“ (= Weltenerlöser). Sie stammt aus der Kartause von Seitz/Zice bei Cilli/Celje in der ehemaligen Untersteiermark.

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Contrefaitkugel, um 1650
Drechselarbeiten zählten im Barock zum raffinierten Kunsthandwerk, den „artificialia“. Der Nürnberger Lorenz Zick wirkte 1642-1643 als „Kammerdrechsler“ und Lehrer dieser Kunst am Wiener Hof.

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Damenkleid, um 1760
Im 18. Jahrhundert strebt die höfische Gesellschaft nach äußerster Verfeinerung. Tonangebend ist hier der Hof von Versailles, eine europaweit unübertroffene Bühne für Luxus und Raffinement.

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Dose, 19. Jh.
Das Erziehungsprogramm des Wiener Hofes sah vor, dass die jungen Erzherzöge ein Handwerk erlernten. In diese Tradition gehört jene Dose, die Erzherzog Johann eigenhändig fertigte und seinem Kutscher schenkte.

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Elfenbeinrelief, 14. Jh.
Kleinformatige Elfenbeinreliefs aus Paris zählen zu den bekanntesten Exportgütern aus der Blütezeit der gotischen Kathedralen. Die Themen wurden seriell verarbeitet und europaweit verbreitet.

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Emailteller, Mitte 16. Jh.
Herkules galt in der Renaissance als selbstloser Tugendheld, der übermenschliche Mühen auf sich nahm. Dazu gehört die Aufrichtung zweier Säulen bei Gibraltar, nach antikem Verständnis das Ende des Erdkreises.

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Fächer, um 1770
Bemalte Fächer sind wichtige Accessoires im 18. Jahrhundert. Hier wird ein großes Fresko von Andrea Sacchi im Palazzo Barberini in Rom aus dem 17. Jahrhundert wiederholt, das die „Göttliche Weisheit“ darstellt.

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Fayencegruppe, 17. Jh.
Die Erlegung der vielköpfigen Hydra zählt zu den bekanntesten jener 12 Arbeiten, die Herkules von König Eurystheus als zweite Probe nach dem Sieg über den nemeischen Löwen auferlegt worden war.

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Flöte, Jean Hotteterre, 17. Jh.
Diese Traversflöte (oder Querflöte) ist aufgrund der Signatur die einzige authentische Arbeit des bedeutenden französischen Instrumentenbauers Jean Hotteterre (gest. 1691) und zählt daher zu den wertvollsten ihrer Art.

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Fragment, 17. Jh.
Das Fragment mit der Zusammenführung Adams und Evas durch Gottvater gehörte zu einem jener kleinen süddeutschen Altaraufsätze, wie sie für die häusliche Andacht in vornehmen Häusern gefertigt wurden.

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Franz II./I., 1812
Franz II./I. (reg. 1792–1835, ab 1804 als Franz I. von Österreich) erscheint hier in schlichter Toga in der Art des römischen „pater familias“, zugleich Ausdruck eines absoluten, „zeitlosen“ Herrschaftsverständnisses.

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Freimaurerschurz, um 1800
Der Maurerschurz gehört zur rituellen Bekleidung, die während der „Tempelarbeit“ getragen wird. Der Schmuck nimmt auf zentrale Inhalte der Freimaurerei wie die Erziehung zur Tugend Bezug.

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Sammlungskonzept der Kulturhistorischen Sammlung

Die Kulturhistorische Sammlung wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert mit dem Ziel begründet, 1) die Kulturepochen des Landes Steiermark vom Mittelalters bis zur Gegenwart zu dokumentieren sowie 2) eine Musterkollektion für das heimische Kunsthandwerk zu erhalten. Insgesamt umfasst die Sammlung heute gut 35.000 Objekte, darunter Andachtsbilder, Bücher und Grafiken, Orden und Medaillen, Eisenobjekte und Möbel, liturgische Geräte und Musikinstrumente, Kacheln, Geschirr und Vasen, wissenschaftliche und technische Geräte, Uhren und Teppiche, Kleidungsstücke und Schmuck. Einen besonderen Sammlungsbestand stellt eine Reihe historischer, im Land zusammengetragener Raumensembles dar.

Restaurierung von Sammlungsobjekten

Objekte aus den Sammlungen des Museums für Geschichte werden auch für Ausstellungen in anderen Häusern des Universalmuseums Joanneum verliehen. Im Vorfeld müssen diese vom Team der Restaurierung untersucht und vorbereitet werden.