Katzenbaum: Gemeinschaft. Sichtbar
29.09.2020-04.03.2021
Open House: 02.10.2020, 10:00 - 17:00 Uhr
Erst in der Gemeinschaft erkennen wir uns in unserer Einzigartigkeit. Der Weg zur Selbsterkenntnis bedarf des anderen Blicks.
Die Gruppenausstellung Gemeinschaft. Sichtbar bringt im Erdgeschoss für alle Passant*innen und Neugierigen, die sich das Haus von innen anschauen wollen, das Thema Gemeinschaft auf zwei Ebenen zusammen. Einerseits zeigen die teils abstrakten, teils figurativen Arbeiten Gemeinschaft als einen Prozess der Zusammenstellung: Gemeinschaft ist hier eine Sammlung von Menschen, Häusern oder geometrischen Formen, die sich anziehen und zueinander in Beziehung stehen. Das Thema Gemeinschaft, das alle Arbeiten eint und von der Liebe zur Freundin oder Schwester, zur Mutter, zum Freund oder auch zum Vorbild aus Film oder anderen Medien spricht, ist hier fantastisch individuell.
Die zweite Ebene der Ausstellung macht Künstler*innen sichtbar, die oft etwas abseits des klassischen Vertriebssystems der Kunst arbeiten: Alle hier zum Thema versammelten Arbeiten wurden geschaffen von Menschen mit Behinderung(en), die in Graz im Randkunst-Atelier der Lebenshilfe oder im Studio der Malwerkstatt von Jugend am Werk arbeiten. Die künstlerischen Arbeiten produzieren sie dort in einer beeindruckenden Kontinuität, die sowohl sich mitteilende als auch aktive Teilhabe am gemeinschaftlichen Wesen der Gesellschaft bedeutet. Sie alle sind Ausdruck und präzise Beschreibungen von individuell erfahrener Welt.

Die aus dem Irak stammende Juka Abdilwahid beschreibt in ihren Bildern das Leben um sie herum ganz genau. Taschen oder Vögel werden in ihrer Muttersprache bezeichnet – mit unserem westlichen Blick „gemalte Worte“ in arabischen Schriftzeichen, die sie zwischen die dargestellten Figuren setzt. Auch ihre Schwester Sara ist unmissverständlich wichtiger Teil ihrer Welt. Sie taucht häufig in den Werken der jüngeren Schwester auf und vermittelt den Eindruck einer emanzipierten jungen Frau. Starke Farben und ein fantasievoller Umgang mit ihren Motiven, in denen sich sichtbar zwei Kulturen vermischen, verleihen Juka Abdilwahid einen unverkennbaren Stil.

Florin Aseis grafische Muster und Bildschriften hingegen bevölkern das Blatt, als seien sie lebendige Schwärme, jederzeit zum koordinierten Weiterziehen bereit. Schematisch tauchen hie und da menschliche Figuren oder Tiere auf, die sich in den Leerstellen des Ornaments aus angedeuteten Buchstaben bewegen, ohne dieses zu berühren. Die sich stetig wiederholenden Worte, die Florin Asei schreibt, sind ohne Bedeutung und zumeist auch nicht zu entziffern; das kalligrafische Schriftbild wird zur reinen Übersetzung eines Vorgangs, der sich im Inneren des Künstlers abzuspielen scheint.

Adi Brunner wiederum ist ein gewandter Zeichner, dessen Strich das Wesen der Anziehung zwischen Liebenden in der schnellen Tuschezeichnung perfekt zum Schwingen bringt. In seinen bereits häufig ausgestellten Werken ist seine Signatur unverkennbar – ein Zeichen der Liebe an sich. Für die Schlagersängerin Monika Martin schwärmt er sichtbar, sodass diese in ihrer ganzen Bedeutung gemeinsam mit ihm das hochformatige Bild zum Bersten bringt.

Die Arbeiten der bereits verstorbenen Manuela Hillebrand sind von großer Dichte geprägt. Stets sind es winzig klein gezeichnete Häuser, die sich in den Werken dicht aneinanderdrängen. Auf den hier gezeigten Leinwänden bilden sie einen homogenen Hintergrund für fantasievolle Tierwesen, halb Fisch, halb Vogel, die sich aus dem Häusermeer abheben und gleichzeitig mit ihm verschmelzen.

Die Muster von Peter Milosavljevic ziehen sich wie filmische Zeitzeugen einer Wanderung durch Straßenschluchten über das gesamte Bild. Kein Platz bleibt leer, alles ist bevölkert, bietet Platz für Farbe und Form. Aus dem Muster wächst das Objekt, aus dem Objekt fließt die harmonische Form. Zumeist in erdigen Farbtönen gehalten, erinnern die fast ausschließlich mit Lackmarkern gefertigten Werken aus der Ferne betrachtet an abstrakte ethnische Ornamente.

Jörg Rath ist ein begnadeter Zeichner. Seine meist in Schwarz-Weiß gehaltenen Werke sind angereichert mit unzähligen Zitaten, die ebenso aus der Kunstgeschichte stammen wie aus Unterhaltungsmedien oder der eigenen Lebenswelt. So lesen sich Jörg Raths Zeichnungen wie Notizen, die fragmentarisch und abstrahiert von den Interessen und persönlichen Erfahrungen des Künstlers berichten. Fantastische Wesen, unheimliche, teils groteske Gesichter und Körperteile fließen in einem endlosen Assoziationsnetz ineinander und geben uns einen kleinen Einblick in die Vielfalt, mit der Jörg Raths Gedanken zu zirkulieren scheinen.

Die Arbeiten von Bettina Winter, in Mischtechnik unter Zuhilfenahme von Pinsel und Stift gefertigt, setzen die ihr wichtigen Menschen in eine konstrastreiche und bunte Farbumgebung. Atomic Kitten, eine britische Pop-Girlgroup, die in Bettina Winter einen Fan gefunden hat, tauchen darin ebenso auf wie eine Mutter, die mit liebevoller Geste ihrem Kind die Brust anbietet.
Die Ausstellung ist eingebettet in einen intensiven andauernden Dialog über Inklusion und die Chancen institutioneller Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung(en), sei es in künstlerischer, inhaltlicher oder vermittlungstechnischer Perspektive, dem etwa das Werk von Heribert Friedl an der Fassade Rechnung trägt.
Am 02. Oktober findet außerdem die Präsentation des Publikumswettbewerbs VOI Fesch vor dem Kunsthaus statt, der Kunstwerke von Menschen mit Behinderung(en) auf großflächigen Lastwagenplanen durch die Lande trägt. Ganz im Sinne der Idee, Gemeinschaft sichtbar zu machen.
Inklusionsführungen
Di, 20.10., 16 Uhr: Inklusionsführung und Gespräch mit Eva Ofner, den Kuratorinnen sowie Künstler*innen und dem Team der Malwerkstatt
Di, 03.11., 16 Uhr: Inklusionsführung und Gespräch mit Eva Ofner, den Kuratorinnen sowie Künstler*innen und dem Team des Ateliers Randkunst
Mit Werken von
Juka Abdilwahid, Florin Asei, Adi Brunner, Manuela Hillebrand, Peter Milosavljevic, Jörg Rath, Bettina Winter
Alle Werke können Sie käuflich erwerben. Nähere Auskunft erhalten Sie in unserem Kunsthaus Shop.
Aus dem Programm
Di 20.10.
16:00-17:00
Gemeinschaft. Sichtbar: Inklusionsführung und Gespräch
Führung> Kunsthaus Graz
Führung
> Kunsthaus Graz
Bildergalerie
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Kunsthaus Graz
Lendkai 1
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Führungen
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Fr, Sa 9-2 Uhr
So 9-20 Uhr
Snackkarte
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T +43-316/714 957
Zusätzlich geöffnet:
1. Mai 2023
29. Mai 2023
Ausnahmsweise geschlossen:
24. bis 25. Dezember 2023