Die Natur erwandern. Im Kärntner Teil des Nationalparks Hohe Tauern und in den Nockbergen

Ein Rückblick auf einen Vortrag von Mag. Gertrud Tritthart

Am 11.12.2006 hielt Gertrud Tritthart einen Vortrag über den Nationalpark Nockberge und über einen Teil des Nationalparks Hohe Tauern in Kärnten. Hier gibt sie eine Zusammenfassung und führt einige Kapitel im Detail aus.

Am Beginn meines Vortrages führte ich die Zuseher mit meinen Bildern von Gmünd bis ins hinterste Maltatal, aber auch ins Pöllatal (nahe Rennweg) mit den wunderschönen Lanischseen und nachher zu den Zandlacher Böden in der Reißeckgruppe. Im Anschluss erwanderten wir ein paar Seitentäler des Mölltales, wie das Astental (nahe Mörtschach) und das Seebachtal (nahe Mallnitz) mit dem Stappitzersee und zuletzt das Gradental (nahe Putschall).

 

Zuletzt versuchte ich mit einigen meiner Fotos dem Publikum einen Eindruck von der wunderschönen Landschaft und Flora, aber auch der Tierwelt des Nationalparks Nockberge zu vermitteln. Auch die Geologie und die interessante Geschichte des Bergbaues blieb nicht unerwähnt!

 

Nach einer kurzen Zusammenfassung möchte ich noch etwas über die Bäuerliche Kulturlandschaft und deren Erhaltung berichten.


Allgemeines zum Nationalpark Hohe Tauer

 

Im Oktober 1971 unterzeichneten die drei Landeshauptleute von Kärnten, Salzburg und Tirol in Heiligenblut eine Vereinbarung, den Drei-Länder-Nationalpark Hohe Tauern zu errichten. Energiewirtschaftliche Interessen, schitouristische Projekte und Widerstand einzelner Gemeinden und Grundbesitzer verhinderten lange Zeit die Verwirklichung dieses Vorhabens. Als erstes Bundesland erklärte die Kärntner Landesregierung im November 1981 ein Gebiet von 195 km² im Bereich der Glockner- und Schobergruppe zum Nationalpark.

 

1986 wurden noch Gebiete im Bereich der Ankogelgruppe, der Hochalmspitze und im Mallnitzer Tauerntal dem Kärntner Anteil eingegliedert. Er umfasste somit sechs Nationalpark-Gemeinden und eine Fläche von 373 km².

 

Der Nationalpark Hohe Tauern ist einer der eindruckvollsten Hochgebirgslandschaften der Erde mit vielen landschaftlichen Superlativen: dem Großglockner mit 3.798 m Seehöhe, der Pasterze, des längsten Gletschers der gesamten Ostalpen, stäubenden Wasserfällen mit gewaltigen Fallhöhen, herrlichen Gebirgsseen (ich berichtete auch über den Stappitzer See, einem Hochgebirgs-Steppensee) etc. Doch nicht nur das Angebot der Natur ist überreich. Die Region offeriert eine Kulturlandschaft, in der Mensch und Natur seit Jahrhunderten im Einklang leben.

 

Der Nationalpark Hohe Tauern in Kärnten umfasst heute eine Fläche von 1.275 km².
Mitgliedsgemeinden: Heiligenblut, Großkirchheim, Mörtschach, Winklern, Rangersdorf, Stall, Flattach, Mallnitz, Obervellach, Reißeck, Mühldorf, Lurnfeld, Malta. 
Seehöhe der Gemeinden: 550 m - 1.301 m

 

Gebirgszüge:
Glockner-Gruppe (Großglockner 3798 m)
Schober-Gruppe (Petzeck 3283 m)
Goldberg-Gruppe (Hocharn 3254 m)
Ankogel-Gruppe (Hochalmspitze 3360 m)
Reißeck-Gruppe (Gr. Reißeck 2966 m)
Kreuzeck-Gruppe (Polinik 2784 m)

Zur Bezeichnung „Tauern"

„Tauern" bedeutete ursprünglich „Hohe Übergänge" („taur" für Berg und Bergpass, Übergang) in den Österreichischen Zentralalpen und charakterisierte anfangs die vielen Saumpfade und Pässe, welche die parallelen Seitentäler der Salzach in das Gebirge schnitten. Seit dem Mittelalter, als der Bergbau zu seiner Hochblüte gelangte, bezeichnet „Tauern" jedoch auch die entsprechenden Gebirgszüge. In vielen lokalen Bezeichnungen blieb der Name erhalten.

Eine andere alte Annahme geht davon aus, dass „Tauern" der einzige Gebirgszug in Kärnten ist, der seinen vorslawischen Namen in ununterbrochener Überlieferung behalten hat. Er ist aus dem indogermanischen "(s)teur" für Stier, großer Berg, abgeleitet. Die „Tauern" sind sozusagen die „ Stiere", die alten „ Taurisker" die Bergbewohner Oberkärntens und die alte Oberkärntner Stadt Teurnia die dazugehörige Bergstadt.

 

Der Nationalpark Nockberge

Seit dem 1. Jänner 1987 gibt es den Nationalpark Nockberge in Kärnten.

 

Er ist 184 km² groß und umfasst rund 77 km² Kern- und 107 km² Außenzone.

 

Runde Formen haben den etwa 2.250 bis 2.300 Meter hohen Bergen der Gurktaler Alpen zum Namen „Nocken" verholfen. Während der Eiszeit war das Gebiet nur unvollständig vergletschert, deshalb weisen die „mugeligen" Nockberge vereinzelt Karbildungen, Karseen und Grate auf. Grüne Tonschiefer, Glimmerschiefer und Gneise bilden die kristalline Unterlage, eingesprengt (Zunderwand, Eisentalhöhe, Gregerlnock) finden sich zum Teil verkarstete Dolomite, Kalke und Konglomerate aus dem Erdaltertum und Erdmittelalter. Auf dem Königsstuhl (2.331 m) wurden auf dunklen Schiefern Pflanzenabdrucke aus der Steinkohlenzeit nachgewiesen. Kulturhistorisch von Bedeutung ist der im Mittelalter betriebene Eisenerzabbau (Hämatitvorkommen). Bergbauhalden und verbrochene Stolleneingänge sowie aufgelassene Knappenhütten und stillgelegte Verhüttungsanlagen geben mancherorts Zeugnis von dieser Tätigkeit.

 

In der subalpinen Stufe herrschen naturnahe Fichtenwälder vor, die Waldgrenze bilden prachtvolle aufgelockerte Zirben-Lärchenwälder mit Alpenrosen-Unterwuchs. Ausgedehnte Bürstlingsrasen, die mit zunehmender Höhe von Krummseggenrasen abgelöst werden, bedecken großflächig die Nockberge. Der stark duftende Echte Speik (Valeriana celtica ) tritt mancherorts gehäuft auf. Die warmen südexponierten Felsrippen werden von Buntschwingelrasen eingenommen. In diesen fallen vor allem verschiedene Hauswurzarten und die Zottige Primel (Primula villosa) auf. Floristisch reichhaltig mit vielen Schmetterlingsblütlern und Kalkzeigern sind die Blaugrashalden über Dolomitgestein. In dem ebenfalls nur für kalkigen Untergrund charakteristischen Polsterseggenrasen der Zunderwand erreicht das Dolomiten-Fingerkraut (Potentilla nitida) seinen nördlichsten Fundpunkt. Eingebettet in die Rasen der Alpinstufe finden sich je nach Standort verschiedene Lebensräume: Flachmoore, Quellfluren, Lägerfluren, Hochstaudenfluren inmitten von Grünerlengebüsch, Windeckengesellschaften, wie der Gämsheidenteppich an abgewehten Rücken, Schneebodengesellschaften und Polsterfluren im Gipfelbereich. Letztere zeichnen sich durch das Vorkommen des Wulfen-Mannsschildes (Androsace wulfeniana) aus. Die stillen Kare sind Zufluchtsort für Murmeltiere und Gämsen, in den Hochwäldern ist das Rotwild fast schon zu reichlich vertreten. Auch vogelkundlich ist das Gebiet interessant: Einige Paare des Mornellregenpfeifers brüten in diesem Gebiet, selten auch der Steinadler. Von den übrigen Brutvogelarten seien erwähnt: Alpenschneehuhn, Birkhuhn, Haselhuhn, Auerhuhn, Steinhuhn, Uhu, Sperlingskauz, Waldkauz, Raufußkauz, Schwarzspecht, Dreizehenspecht, Heidelerche, Feldlerche, Felsenschwalbe, Gebirgsstelze, Baum- und Wasserpieper, Wasseramsel, Alpen- und Heckenbraunelle, Klappergrasmücke, Berglaubsänger, Steinschmätzer, Steinrötel, Wacholder- und Ringdrossel, Mauerläufer, Zeisig, Birkenzeisig, Hänfling, Fichtenkreuzschnabel, Schneefink, Tannenhäher, Alpendohle und Kolkrabe.

 

Im Juli 1981 wurde nach fast zehn Jahren Bauzeit die Nockalmstraße feierlich eröffnet. Sie beginnt in der Innerkrems, unterhalb der alten Knappenkirche. Der höchste Punkt liegt auf 2042 m (Steigerhöhe), von dort windet sie sich zum urtümlichen Karlbad hinab (Schlucht des Karlbaches, Innere Region des Leobengrabens), dann geht es wieder bergauf zur Grundalm (mit einem kleinen Holz- und Forstmuseum) und weiter auf die Schiestelscharte zwischen Schiestelnock und Klomnock, von dort wieder bergab (vorbei am Windebensee, an herrlichen alten Zirben und an einem der schönsten Almrauschgebiete) bis ca. 2 km vor Ebene Reichenau, wo die Nockalmstraße in die Turracher Bundesstraße einmündet.

Bei einer Fahrt über die Nockalmstraße sollte ein Besuch des urigen Bauernbades, des Karlbades, von dem ich in meinem Vortrag berichtete, natürlich nicht fehlen. Im Übrigen hat der Name nichts mit „Kaiser Karl" zu tun, sondern kommt vom „Kar", dieser Hochmulde, aus der auch ein Teil der Steine zum Erhitzen des „Heilwassers der Karlquelle" für die hölzernen Badetröge geholt werden. Schon früh wurde dieses Heilbad von vielen Bewohnern aus der Umgebung aufgesucht; man hatte sogar tagelange Fußmärsche, in Hoffnung auf Schmerzlinderung bei diversen Leiden, in Kauf genommen. Heute ist das Karlbad wohl eine der größten Touristenattraktionen der Region.

 

Almen, bäuerliche Kulturlandschaft, Land aus Bauernhand

Nun, auf Wunsch etlicher Zuhörer meines Vortrages, ein kleiner Beitrag über die Almwirtschaft dieser Region.

Die Almen sind das Kernstück der alpinen Kulturlandschaft. Die Diskussion über die Zukunft der Almen hat bei der Schaffung des Nationalparks in allen Regionen eine große Rolle gespielt.

 

Das typische Bild der Alpen entsteht im Nebeneinander genutzter „lieblicher" Kulturlandschaften im Vordergrund und schroffer, alpiner „Urnatur" im Hintergrund.

 

Seit 5.000 Jahren lebt der Mensch dauerhaft in den Talschaften dieser Nationalparkregionen, die Suche nach Erzen führte ihn einst hierher. Im Lauf vieler Jahrhunderte entstanden weite Almlandschaften, beweidet und von Bauernhänden sorgsam gepflegt. Wie kam der Mensch eigentlich dazu, eine Lebensweise in so schwierigen und harten Lebens- und Arbeitsverhältnissen zu wählen? Es war die Suche nach einem neuen Lebensraum, die Suche nach genügend Weideflächen, nachdem die Flächen um die Bauernhöfe im Tal für den Anbau lebensnotwendiger Produkte, wie Getreide (vor allem Hafer, Roggen, Gerste), Kartoffeln, aber auch Flachs etc., dringend gebraucht wurden. So mussten die Bauern vor Jahrhunderten in höhere Regionen vorstoßen, dort Wälder roden, um neue Weidegründe zu schaffen.

 

Der Nationalpark war für viele Bauern ein wichtiger Impuls, um ihre Almen weiter zu bearbeiten; denn ansonsten erobert die Natur binnen weniger Jahre diese Lebensräume zurück (Verbuschung).

 

Der Schutz der Kulturlandschaft ist ein wichtiges Anliegen in den Nationalparks. Die artenreichen Bergmähder und Almweiden sind äußerst wertvoll und alpenweit sehr gefährdet!

 

Ein Kulturlandschaftsprogramm (auch im Nationalpark Nockberge) dient heute dem Weiterbestand jahrhundertelang überlieferter Bewirtschaftungsformen sowie der Erhaltung kulturhistorisch wertvoller Objekte. Gefördert werden z. B. die Erhaltung alter Orts -und Landschaftsbilder, alter Hofbilder, Holzdächer, alter Zäune (z. B. Ring- oder Bänderzäune, Kreuz- und Girschtenzäune) und Klaubsteinmauern (Lesesteinmauern = sog. „Steinhage"), die Pflege von Hecken, die Erhaltung von Almwiesen und Bergmähdern, die Erneuerung von Brunntrögen und Holzdachrinnen, aber auch die Erhaltung von sakralen Kleinoden wie Wegmarterln und Almkapellen. Durch die Aufstockung der Förderungen (wie sie nun im „Biosphärenpark" vorgesehen sind), würde man letztlich auch einen wichtigen Akzent für die heimische Bevölkerung setzen: nämlich die Wertschätzung der mühevollen Arbeit zum Erhalt der Naturlandschaft, dem wichtigsten und einzigartigen Kapital des Nationalparks Nockberge.

 

Wie überall im Alpenraum war auch in den Nockbergen die Almwirtschaft früher eine wichtige Lebensgrundlage des Menschen. Die Almen wurden dem Wald abgerungen, bewirtschaftet und gepflegt. Sicher wurde auch das heutige Erscheinungsbild der Nockberge wesentlich von dieser Almwirtschaft geprägt. Beweidung und Mahd sind derzeit rückläufig, Ackerflächen der vormaligen Selbstversorgung sind nur mehr in Restbeständen vorhanden. Traditionelle Gehöftformen und Landschaftselemente (wie z. B. auch „gescheitelte" Eschen, sog. "Schnaidl-Bäume" in Hofnähe und Gehölzgruppen als Flurteilung) kennzeichnen den Dauersiedlungsraum. Junge Triebe vor allem der Eschen, aber auch von Fichten wurden in einem „Schnaiteln" oder „Schnatzen", im Liesertal auch „Schnoaten" genanntem Vorgang gewonnen und als „Laubheu" für zusätzliches, wichtiges Winterfutter eingelagert. Restliches Astmaterial konnte nachher als Brennmaterial verwendet werden. Auch wurde es klein gehackt und als Einstreu im Stall verwendet. Der Name Fraxinus für die Esche kommt von „frangere"= brechen und deutet auf diesen Brauch des „Brechens der Eschentriebe" hin. Durch das ständige Abschneiden junger Zweige entstanden Krüppelwuchsformen. Im vorigen Jahrhundert hatte sogar ein englischer Botaniker diese „Kärntner Krüppelfichten" als eigene Art zu beschreiben versucht.

 

Pflege von Hecken

 

Hecken gliedern die Landschaft, schaffen Übergänge, gestalten die Kulturlandschaft und erfüllen auch eine Reihe wichtiger ökologischer Funktionen. Sie sind Lebensraum und Refugium vieler Tier- und Pflanzenarten, Nahrungsbiotop für Blütenbesucher sowie Samen- und Frucht-verzehrender Vögel und Säuger, Überwinterungsquartiere für Tiere der angrenzenden Felder und Wiesen, bieten Deckungsschutz vor Witterung und Feinden, usw.

 

Hecken bilden eine Aussichtswarte für Luft- und Bodenjäger (Eulen, Würger und Greifvögel), sie bieten Wind und Erosionsschutz.

 

Ein Erhalt und Weiterbestand dieser Rückzugsgebiete ist ein wichtiger Bestandteil des Kulturlandschaftsprogrammes.

 

Abgrenzung und Einfriedungen

Grenzen setzen war auch im Almbereich wesentlich. „Zäunen" war daher nicht nur ein Handwerk, sondern auch eine Verpflichtung. Es hat sich eine beachtliche Vielfalt an Zaunformen entwickelt.

 

Sobald in den Gebirgstälern der Boden frostfrei geworden war, wurde mit dem Zäunen („hågen") begonnen. Im Tal mussten die Zäune „zu Georgi aufg´richt" sein: das Datum bezieht sich auf den St. Georgstag (21. April). Mit dem schmelzenden Schnee stiegen dann die „Zäuner" auf die Almen hinauf. Auf Eigentumsalmen hatte der Bauer die gesamte Zaunarbeit allein durchzuführen. Auf den Gemeinschaftsalmen musste ein Bauer, je nach der Anzahl seiner Grasrechte, eine bestimmte Anzahl von Tagen für das Zäunen leisten. Kam ein Bauer seinen Verpflichtungen nicht nach, durfte er im selben Jahr kein Vieh auftreiben.

 

Entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung kamen Zäune im Alpenraum häufig in Sagen oder Sprichwörtern vor. Das Wort „Hexe" bezieht sich z. B. auf den Zaun. Es leitet sich vom althochdeutschen Wort „hagasuzza" ab. Das bedeutet so viel wie „Hagsitzerin" (die auf dem Zaun sitzt). Nachfolgende Zusammenstellung von Sprüchen illustriert die Bedeutung des Zauns:

 

„Wie einer den Zaun hält, hält er auch das Gut."
„Saubere Zäun, fleißige Leit / halten den Hof z'amm, verjagen den Streit."
„Ein Zaun dazwischen mag die Lieb´ erfrischen."

 

Verschiedene Zaunformen

 

Der Ring- oder Bänderzaun hat quer laufende Balken. Namensgebendes Charakteristikum dieses Zauntyps sind die aus Fichtenästen gemachten „Ringe" oder „Bänder". Die Ringe werden über dem Feuer elastisch gemacht. Diese Zaunform spielt vor allem in relativ ebenen Bereichen eine Rolle.
Der Kreuzzaun besteht aus mehreren verschieden hohen Kreuzen, in die jeweils Zaunstangen eingelegt sind. Verwendet wurde dieser Zauntyp eher in waldnahen Flächen, da die Stämme nur schwer zu transportieren waren. Diese Konstruktion kam ohne Verbindungsringe aus und war auch in steilerem Gelände stabil.
Beim Girschtenzaun werden gespaltene Hölzer, sog. „Girschten", schräg geschichtet. Die „Girschten" werden dabei von ebenfalls schräg stehenden Hölzern, den „Stecken", gehalten. Diese Bauart erlaubt es, auch über sehr unebenes Gelände einen Zaun zu ziehen. Da die kurzen Stecken und Girschten verhältnismäßig einfach zu transportieren waren, trug man sie auch weit über die Waldgrenzen hinauf. An von Lawinen gefährdeten Stellen wurde der Zaun nach dem Almabtrieb wieder abgebaut, in Einzelteile zerlegt, die Hölzer in Gruben und Mulden geschlichtet und mit Steinen beschwert. Im nächsten Frühling wurde der Zaun wieder neu aufgebaut.
Der Schrankzaun ist als einzige der alten Zaunformen heute noch im Einsatz. Dabei werden „geklobte" Bretter miteinander verschränkt. Durch diese Spannung erhält der Zaun eine besondere Stabilität.

 

Es gibt eine Reihe von Abgrenzungen, die ohne Holz auskommen. Dabei sind zusätzlich „lebende" Grenzen zu nennen. Diese Einfriedungen dürften in ihrem Ursprung bis in den Beginn der Weidenutzung in den Alpen zurückreichen. Der „Wasenhag" wurde aus Rasenziegeln, den Wasen, vermischt mit Steinen errichtet. Er sollte vor allem das Vieh von angrenzenden Steilhängen abhalten und vor Absturz schützen. „Wasenhage" wurden meist auf den Kämmen und Schneiden eingesetzt, wo das Hinaufschaffen von Holz zu mühsam war.

 

Durch Schneedruck und Erosion wurden diese Einfriedungen im Laufe der Zeit immer niedriger und so wurden später oft Stacheldrahtzäune darüber errichtet.

 

Eine ähnliche Form der Einfriedung war auf den Bergmahdflächen üblich. Hier ließen die Bauern oft an allen Seiten einer Pazelle einen schmalen Grasstreifen als deutlich sichtbare Grenzlinie stehen. Besonders markant waren diese Grenzen auf den Goldschwingel-Rasen (der Goldschwingel bildet besonders große Horste).

 

Wo auf den Almen genügend Steine vorhanden waren und die Waldgrenze weit entfernt war, dienten oft Steinmauern zur Einfriedung der Flächen. Für den Bau dieser sog. Klaubsteinmauern wurden vor allem die Steine, die alljährlich durch Lawinen etc. die Weiden schädigten, aufgesammelt und man schuf damit dauerhafte, mitunter Jahrhunderte lang haltbare Abgrenzungen.

 

Die alten Einfriedungen sind ein wichtiger Bestandteil der Kulturlandschaft und zählen zum kulturellen Erbe des Alpenraumes.

 

Zuletzt möchte ich noch zwei der Botanischen Kleinode vorstellen.

 

Kärnten-Saumnarbe (Lomatogonium carinthiacum)

Familie: Enziangewächse (Gentianaceae)

 

Die Kärnten-Saumnarbe (auch Tauerblümchen genannt) ist eine der wenigen Arten, die sich als einjährige Pflanze in beträchtlicher Höhe trotz der damit verbundenen kurzen Vegetationszeit durchsetzen kann. Als zentralalpine Art wächst Lomatogonium carinthiacum in den Hohen Tauern Österreichs (auch in den Nockbergen immer wieder anzutreffen) vornehmlich auf Urgestein und kommt dort zerstreut aber gesellig auf kurzrasigen Matten und Weiden und in Nacktriedrasen vor. Das Tauernblümchen ist sporadisch auch noch an geeigneten Wuchsorten im Nationalpark Berchtesgaden vertreten.

 

Beschreibung
Pflanze 2-12 cm, einjährig. Stängel oft vom Grunde an verzweigt, vierkantig. Blätter gegenständig, oval bis lanzettlich, sitzend oder die unteren kurz gestielt. Kelch tief 5-teilig, mit breit lanzettlichem am Grunde sackförmig ausgebuchteten Zipfeln. Blüten endständig, 1-2 cm groß, eisblau- oder weiß. Röhre sehr kurz, ausgebreitet 4-5-zipflig. Narben ohne Griffel, an den Fruchtblättern herablaufend.
Frucht etwa 1,5 cm lang. Blütezeit August bis September. Chromosomenzahl: 2n=40

 

Ökologie und Lebensraum
Die Saumnarbe bevorzugt als Substrat basenreiche, frische bis wechselfeuchte, oberflächlich meist ± entkalkte und damit mäßig saure, modrig-humose (Stein-)Böden meist auf kalkhaltigen Schiefern; besiedelt auch steinig-sandigen Lehm-, Ton- und Steinboden in Kurzrasen und Alpweiden etc.

 

Allgemeine Verbreitung und Gefährdung
Diese Hochgebirgspflanze, ein eurasiatisches Florenelement, reicht mit großen Verbreitungslücken (Tiefländer) von den Gebirgen Zentralasiens (z. B. Himalaya) über den Kaukasus und die Karpaten (RO) bis in die Alpen und wächst zudem isoliert auf Honshu in Japan, Kamtschatka im pazifischen Russland und im subarktischen Nordamerika. In Europa findet man sie nur in den Ostkarpaten (RO) sowie in den Zentral- und Ostalpen, wo sie vom Saastal im Westen (CH) mit großen Lücken und einem Schwerpunkt im Gebirge der Tauern bis zum Katschberg an der Grenze Steiermark/Kärnten (A) und in den Karnischen Alpen (I) im Osten reicht. Ansonsten wächst sie isoliert an zwei Stellen der Nördlichen Kalkalpen (D).

 

Schutzstatus

 

In der Schweiz auf der Roten Liste, in Deutschland und Österreich vollkommen geschützt.

 

Wulfen-Mannsschild (Androsace wulfeniana)

Familie: Primelgewächse (Primulaceae)
Endemit der Ostalpen, in Österreich subendemisch

 

Der rosa blühende Wulfen-Mannsschild kommt in den Urgesteinsalpen vor, und zwar in den Niederen Tauern, den Gurktaler Alpen und Seetaler Alpen sowie im östlichen Südtirol. Dort besiedelt er vorzugsweise Felsspalten in porösem Gestein, aber auch schottrige Flächen.

 

Beschreibung
Laubblatt ± gekielt, zugespitzt, mit roter Spitze, am Rand von wenig verzweigten Haaren bewimpert; Kelch nicht bis zur Mitte geteilt; Krone 8-12 mm im Ø, dunkelrosa; blüht im Juni und Juli.
Wächst auf windgefegten Kämmen und Kuppen, trockene nGesteinsfluren; kalkmeidend; alpin. In der Steiermark: Eisenhut bei Turrach; Zirbitzkogel und Scharfeck. (Angaben aus „Flora der Steiermark" von W. Maurer).

 

Geschützt!!!

 

Literatur

  • Erlebnis Nationalpark Hohe Tauern, Naturführer (Eberhard Stüber und Norbert Winding)Wanderungen im Nationalpark Hohe Tauern, Erlebnis Berg (Verlag Bruckmann).
  • Kärnten Natur, die Vielfalt eines Landes im Süden Österreichs (Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten).
  • Höhenwege in den Hohen Tauern (Liselotte Buchenauer, Verlag Bruckmann München)
  • Kleinode Kärntens (Kärntner Druck- und Verlagsgesellschaft M.B.H. Klagenfurt)
  • Nationalpark Hohe Tauern, Wissenschaftliche Schriften, Universitätsverlag Carinthia: Die Pflanzenwelt der Hohen Tauern, Geologie der Hohen Tauern, und die neuester Auflage der Pflanzen - Nationalpark Hohe Tauern Magazine des Nationalparks Hohe Tauern „Tauernblicke"
  • Verschiedene Beiträge aus den „Carinthia" Ausgaben, Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten; z. B. Das Lieser-, Malta-, Pöllatal - Fenster in die Vergangenheit und Zukunft (Helmut Prasch, 1973).
  • Erlebnis Nockberge, Leopold Stocker Verlag.
  • Die Nockberge - Geologie, Botanik und Zoologie (Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten).
  • Die Nockberge, ein Naturführer (Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten).
  • Almen - Wissenschaftliche Schriften - Nationalpark Hohe Tauern (Universitätsverlag Carinthia).
  • Nationalpark Hefte: „Panorama Nockberge".
  • Der Alm- und Bergbauer, die Fachzeitschrift für den bergbäuerlichen Raum.

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