Evolutionsgeschichte von Cyprideis (Ostracoda) in Amazonien

 

Der außergewöhnliche Artenreichtum des Amazonas-Regenwaldes ist eng mit seiner geologischen Geschichte verbunden. Starke Veränderungen der Landoberfläche (z.B. durch die Hebung der Anden), im Verlauf großer Flüsse (z.B. die Ausbildung des West–Ost-verlaufenden Amazonas) und Klimaschwankungen haben in der jüngeren geologischen Vergangenheit (vor dem Holozän) das Entstehen neuer Arten begünstigt. Vor etwa 23–11 Millionen Jahren, im Neogen, war das westliche Amazonasbecken ein riesiges, vielleicht vom Karibischen Meer beeinflusstes Feuchtgebiet aus miteinander verbundenen Flüssen, Seen und Sümpfen. Dieses sogenannte „Pebas-System“ bildete zugleich einen Zugang zum (für Wasserlebewesen) und eine Barriere im (für Landlebewesen) Inneren des südamerikanischen Kontinents. Bisherige Forschungen an fossilen Muscheln und Schnecken lieferten bereits bedeutende Erkenntnisse zu den Prozessen, die die Evolution neuer Weichtierarten begünstigten. Anhand der Verbreitung dieser „Pebas-Mollusken“ konnte auch die Ausdehnung des „Pebas-Feuchtgebietes“, seine Verbindungen zu angrenzenden Gebieten und eine auf Fossilien basierende zeitliche Gliederung skizziert werden. Im Gegensatz dazu ist über die in diesem Gebiet lebende Kleinkrebsgruppe der Muschelkrebse (Ostrakoden; besonders die Gattung Cyprideis) nur wenig bekannt. Weder ihre Artenvielfalt, ihre Umweltansprüche, ihr räumliches und zeitliches Vorkommen und ihre Evolution sind ausreichend erforscht. Im Zuge dieses Projektes soll der Ursprung der typischen „Pebas-Muschelkrebsfauna“, die rasche Entwicklung ihrer Artenvielfalt und die Ursachen ihres Verschwindens geklärt werden. Dazu werden Gesteinsabfolgen und - proben und die enthaltenen Fossilen aus Kolumbien, Ecuador und Peru mit Hilfe von geologischen, paläontologischen und geochemischen Methoden untersucht. Dies erlaubt einen einzigartigen Einblick in die Evolutionsgeschichte dieser Tiergruppe über einen Zeitraum von mehreren Millionen von Jahren.

FWF-Projekt P 35815
Laufzeit: 01.10.2022-30.09.2025
Leiter: M. Gross, Mitarbeiter: W.E. Piller (Senior Postdoc), A. Salazar Rios & B. Zamudio (Doktoranden)

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