Dellbrügge & de Moll:

Guerre en forme

Raum, so die Soziologin Martina Löw, ist eine relationale (An-)Ordnung sozialer Güter und Lebewesen an Orten. Die Platzierung dieser Güter und Lebewesen ist durch Regeln festgeschrieben, durch Ressourcen gesichert und in Institutionen gelagert. Räumliche Strukturen bilden gesellschaftliche Strukturen ab. Sie ermöglichen Handeln oder schränken es ein. 

Was uns daran interessiert: Vermessen, Markieren, Kartieren, Gestalten, Aufbauen und Abreißen sind Aushandlungsprozesse und die herrschende Ordnung lediglich das vorläufige Ergebnis von Auseinandersetzungen zwischen Kontrahenten. Das gilt auch für die Konkurrenz um den Zugriff auf öffentlichen Raum. Gebaute Umwelt formt Lebenswelten. Handeln und Sprechen wirken auf den öffentlichen Raum zurück und Architektur kann ebenso als Mittel des Kampfes eingesetzt werden wie Sprache. Sprache ist mehr als ein Werkzeug der Kommunikation, mehr als nur ein Code. Sie ist wirklichkeitskonstituierend. Durch Sprache werden Machtstrukturen aufgebaut und stabilisiert: Parler est combattre, Sprechen ist Kämpfen im Sinne eines Spiels mit agonistischen Zügen, so Lyotard. Ein Spiel, das sich mit dem Alltag deckt. 

Zum Konflikt um Raum und Raumkonzeption, zu dem wir 2010 eine Ausstellung mit dem Titel „Guerre en forme“ im Kunstpalais Erlangen realisierten, möchten wir in Graz vertiefend forschen. Gegenstand wird das Phänomen der Raumaneignung durch räumliche Konstellationen und Choreografien vom historischen Festungsbau über aktuelle Polizeiformationen, Sitzordnungen und Rederechte sowie Sprachregelungen im öffentlichen Raum bis zur Inbesitznahme von Raum durch Gestaltung und Architektur als Waffe. 

 

 

 

 

Dellbrügge & de Moll 
www.workworkwork.de

Christiane Dellbrügge (geboren 1961 in Moline, Illinois, USA) und Ralf de Moll (geboren in Saarlouis, BRD) studierten an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und leben in Berlin. Seit Beginn ihrer Zusammenarbeit 1984 kennzeichnet eine dialogische und kollaborative Vorgehensweise ihre künstlerische Praxis. Im institutionellen Rahmen und im öffentlichen Raum entwickeln sie kontextbezogene und medienübergreifende Projekte, partizipative und diskursive Situationen. Dabei befragen sie stets auch die Bedingungen von Partizipation, die Parameter von Kommunikation und die Rolle, die Künstler in diesen Zusammenhängen spielen und die ihnen zugeschrieben wird. Dellbrügge & de Moll setzen sich mit gebauter Umwelt, damit verbundenen Ideologien und ihrer Wirkung auf das Zusammenleben im urbanen Kontext auseinander. Sie erforschen urbane Heterotopien und Peripherien, entwickeln stadtplanerische Szenarien, beobachten aktuelle Stadtentwicklungspolitik, Konflikte um Territorien und Gebietsansprüche.
    
Preise | Stipendien (Auswahl) 

2006 DIVA Danish International Visual Art Exchange Program; CRiR, Christiania Researcher in Residence, Kopenhagen DK
2002 EMARE, European Media Artists in Residence, Dundee UK, Kunstpreis Berlin, Förderpreis Bildende Kunst
2000 Internationaler Medienkunstpreis ZKM/SWR, Anerkennung
1996 Kunstpreis Villa Romana, Florenz
1995 Auslandsstipendium, ICA Moskau
1993 Kunst-Werke, Berlin; Centre National des Arts Plastiques, Paris 


Publikationen (Auswahl) 

Guerre en forme, Erlangen 2010 
One fine day, all this will be yours, Berlin/Oslo 2010 
In Quest of the Perfect Location, Copenhagen 2007 
New Harmony, Berlin 2007 
Artist Migration Berlin, Heidelberg 2006 Hamburg Ersatz, Nürnberg 2000 


Ausstellungen (Auswahl)

2010 
Guerre en Forme, Kunstpalais Erlangen

2009One fine day, all this will be yours., Common Lands– Almanaretten, Bjørvika, Oslo talk talk - Das Interview als künstlerische Praxis, HGB Leipzig, Kunstverein Medienturm Graz u.a. X-Moradías, Edifício Copan, São Paulo 
MAN SON 1969. The Horror of the Situation, Hamburger Kunsthalle 
Videonale 12, Kunstmuseum Bonn 
Berlin 89 /09, Berlinische Galerie 
Gefängnisinsel Moabit, Kurt - Kurt, Berlin 
Das Monumentale ist meine Krankheit.*, ehem. Staatsatelier Arno Breker, Berlin 2008 Wer einen Stuhl bauen kann, kann auch eine Stadt bauen., Berlin

2007 
New Harmony, Künstlerhaus Bethanien Berlin 

2006 
Artist Migration Berlin, Heidelberger Kunstverein 
40jahrevideokunst.de, K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf u.a. 
Destroyed Worlds and the Utopia of Their Reconstruction, Århus Kunstbygning 
City Rumble Overgaden, Institute for Contemporary Art, Kopenhagen 
Wittgenstein in New York, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin 

2005 
Artrónica III Muestra Internacional de Artes Electrónicas, Bogotá, Colombia 
Ein Arkadien der Moderne. 100 Jahre Villa Romana, Neues Museum Weimar 
X-Wohnungen, Hebbel-Theater, Märkisches Viertel Berlin 

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