GUILT ist ein vielfältig besetzter Begriff, der subjektiv eine unerlaubte oder verwerfliche Handlung und objektiv die Übertretung moralischer oder gesetzlicher Grenzen bedeutet. Er ist stets in Bezug zur Gesellschaft zu denken, denn vor allem das Einbekenntnis von Schuld fordert Zusammenleben heraus und gleichzeitig Kommunikation mit anderen ein, wenn es um Reue und Vergebung geht.
Im Laufe der Jahrzehnte hat sich der Begriff aus dem kirchlich-theologischen Kontext gelöst und in Richtung Populärkultur und Psycho-Coaching verschoben. GUILT ist der Titel mehrerer Filme und Musikalben und einer US-amerikanischen Fernsehserie.
Schuldbekenntnis, Reue, Vergebung werden zunehmend in Talkshows und Social Media ausgelagert und kommerzielle Anbieter offerieren Dienstleistungen, die von Schuldgefühlen befreien sollen. Schuldkultur ist durchaus auch mit Macht verbunden, denn die Erzeugung von übermäßigem Schuldbewusstsein verleiht Macht über Menschen und ihr Verhalten. An diesem Punkt setzt Bonvicinis Interesse an: In ihren medienübergreifenden Arbeiten setzt sich die künstlerin wiederholt mit Machtstrukturen auseinander und untersucht die komplexen Beziehungen zwischen physischem und sozialem Raum sowie historische, politische und ökonomische Prägungen, die sich in diese Räume eingeschrieben haben.