Ein Begriffspaar, das über das Jahr 2020 hinaus unser gesellschaftliches Verständnis von Nähe und Ferne prägen wird. Aus diesem Grund sind auf dem Katzenbaum im Kunsthaus-Foyer derzeit Arbeiten zusammengestellt, die sich diesem Thema widmen. Die neue Wendung, die sprachlich einen Widerspruch in sich trägt – sozial als das Gemeinsame, Distanzierung als aktive Trennung – öffnet dementsprechend multiple Bilder von Nähe und Distanz, von aktiver Segregation, von Rückzug, aber auch von sozialen Klüften. "Social Distancing" macht den Bedarf an Platz ebenso spürbar wie die daraus resultierende Einsamkeit mit all ihren gesellschaftlichen und körperlichen Grenzen. Fragen rund um Sicherheit und Freiheit sind nicht erst seit ein paar Wochen virulent.
Auch in der digitalisierten Gesellschaft haben reale Erfahrungen im sozialen Miteinander bis vor Kurzem noch immer zur oberste Maxime gehört. Eventuell sind wir nun im Begriff, das zu ändern. Abstand und Arbeit im geschützten Privatraum könnten zu einer neuen gesellschaftlichen Raumordnung führen.
Für die digitale Gesellschaft sah Peter Weibel schon in den späten 1960er-Jahren die Ferne als wesentliches Element eines funktionierenden Miteinanders. Davon spricht etwa die 2018 geschaffene Arbeit 365 Routines von Nina Kurtela und Hana Erdman, wenn ein tänzerischer Bewegungsdialog und eine tägliche Improvisation über die Grenzen des physischen und zeitlichen Raumes hinweg zu einem Manifest gegen die Einsamkeit und für die digitale Nähe werden. Dass digitalisiertes Arbeiten auch ein "gläsernes Arbeiten" unter ständiger Kontrolle sein wird, zeigen uns die kritischen Arbeiten und Kommentare des Zeichners Aldo Giannotti, der in den letzten Monaten in seinem Virus Diary die staatlichen Empfehlungen und deren Folgen genau beobachtet hat.