21. Februar 2012, Barbara Porod
21. Februar 2012, Barbara Porod
Bildinformationen
Als im vergangenen Sommer bekannt wurde, dass das Universalmuseum Joanneum plane, das Römermuseum Flavia Solva zur Vitrine umzugestalten und die Ruinen zu verfüllen, gab es einige aufgeregte Gegenstimmen.
Die Ruinenlandschaft sei der visuelle Marker für „untergegangene Römerstadt“, die archäologische Stätte ohne konservierte Ruinen gleichermaßen unattraktiv wie unlesbar. (Kleine Zeitung, 08.09.2011, “Flavia Solva: Aufschrei gegen die Schließung“)
Dass es gängige Praxis ist, nach erfolgter Ausgrabung Flächen wieder zu verfüllen, um Mauern und Verputz oder auch originale Böden vor der Witterung, Schädlingsbefall und Vandalismus zu schützen, dass für die museale Präsentation der Originalbestand bereits im Rahmen einer ersten, nun ihrerseits sanierungsbedürftigen Sanierung vor etwa zwanzig Jahren modifiziert wurde und der Zustand daher im engeren Sinn nicht mehr als authentisch bezeichnet werden kann, dass die endgültige Zerstörung der allerletzten Überreste bewusst in Kauf genommen wird, weil zum höheren Wohle der musealen Verdeutlichung römische Mauern als Ressource verbraucht werden, all das verhallte ungehört.
Schließlich wurde vom Universalmuseum Joanneum gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt und Vertretern der Marktgemeinde Wagna ein Maßnahmenkatalog zur Attraktivierung der archäologischen Stätte Flavia Solva mit dem Römermuseum und der Freilichtanlage ausgearbeitet: Neben einer Umgestaltung des Römermuseums, der Sichtbarmachung der Ausdehnung der antiken Stadt und der Erarbeitung eines Vermittlungsprogramms für Schülerinnen und Schüler ist ein wichtiger Teil des Projektes auch der Umgang mit den Ruinen. Abschnitte dieser Mauerreste verstehbar und erlebbar zu machen, ist eines der großen Ziele des Projektes.
Diese Maßnahmen sind für die nächsten beiden Jahre geplant und werden aus Mitteln des EU-Förderprogramms „Regionale Wettbewerbsfähigkeit Steiermark 2007-2013“ finanziert. (Kleine Zeitung, 17.02.2012, “400.000 Euro für das Römermuseum Flavia Solva“)
Flavia Solva ist die einzige römische Stadt in der Steiermark und seit mehr als 130 Jahren ein Forschungsschwerpunkt des Joanneums. In den ersten Jahrzehnten des 1. Jh. n. Chr. auf parzellierten Grundstücken, sog. insulae, auf einer Gesamtfläche von mehr als 40 Hektar planmäßig angelegt, wurden bei dieser Stadtgründung auf der „grünen Wiese“ bereits bei der Parzellierung Flächen für öffentliche Bauten ausgespart. Die Lage dieser öffentlichen Bauten ist, mit Ausnahme des Amphitheaters, noch unbekannt. Weder Thermen, noch Tempel oder ein Forum konnten bislang gefunden werden. Mit der Anlage dieser ersten Stadt änderte sich nicht nur das Erscheinungsbild der Landschaft entscheidend, es entstand ein erster Ballungsraum mit allen gesellschaftlichen Konsequenzen der Urbanisierung.
Würde man 2000 Jahre in die Vergangenheit reisen und die Bewohnerinnen und Bewohner von Flavia Solva fragen, was das Besondere an ihrer Stadt ist, sie bitten, Flavia Solva zu erklären, erlebbar und fühlbar zu machen, was fiele ihnen ein? Bestimmt alles Mögliche, aber wahrscheinlich käme niemand auf die Idee, Flavia Solva würde durch die – in der Römerzeit nicht sichtbaren – Grundmauern eines halben Häuserblocks charakterisiert.