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China im Universalmuseum Joanneum


Anlässlich der Ausstellung des österreichisch-chinesischen Künstlers Jun Yang im Kunsthaus Graz entstand diese "Chinagalerie". Sie spürt in den Sammlungen des Universalmuseums Joanneum den Verbindungen zwischen dem zweitgrößten Museum Österreichs und China nach.

Auffällig ist, dass sich in den Sammlungen des Joanneums eine Reihe von Werken mit Chinabezug aus dem 18./19. Jahrhundert und aus der Gegenwart befindet.

Das 20. Jahrhundert fehlt hingegen komplett. Es sieht so aus, als würde China nun wieder "en vogue" sein. Letztendlich spiegelt sich dies auch im Programm des Kunsthauses der letzten Jahre wider: von Liu Xiaodong über Ai Weiwei bis zu Jun Yang. Heute ist das Interesse weniger dem Blick auf das "exotische" China und alles Chinesische geschuldet, denn das Wissen über das Land und die Region haben deutlich zugenommen. Im Zentrum stehen heute viemehr globale Entwicklungen, mit denen sich Künstler/innen und Kunstinstitutionen befassen.

Museum für Geschichte

Leykam-Zimmer, bürgerliche Frühstücksstube, 1770–1780 

Das Rokokozimmer wurde zwischen 1760 und 1770 im Auftrag von Vinzenz Graf Sauer für sein Grazer Stadtpalais in der Stempfergasse 7 angefertigt. 1806 wurde das Haus an Andreas Leykam, den Gründer der Druckerei Leykam, verkauft. 82 Jahre später musste das Zimmer der Erweiterung der Druckerei weichen und wurde als Geschenk dem damaligen Kunsthistorischen und Kunstgewerbemuseum am Joanneum überlassen.

Bis 2017 war das Zimmer als „Raum im Raum“ im Palais Herberstein aufgebaut. Zu dem Zeitpunkt wurden die Paneelen fachmännisch demontiert und im Depot des Joanneums eingelagert.

In die Nussholzvertäfelung, eingefasst mit vergoldeten, teilweise grün gelüsterten und polychrom gefassten Rahmenleisten sowie geschnitzten Verzierungen, sind chinesische Holzschnitte eingelassen, die Alltagsszenen in sieben sich wiederholenden Motiven darstellen. In der 2016 erschienenen chinesischen Kulturzeitschrift RC wurden diese Szenen lokalisiert: Es handelt sich um Gusu, einen Stadtteil von Suzhou.

In der ersten Aufstellung wurde anstelle des originalen Ofens ein grün glasierter, gut erhaltener entsprechender Rokoko-Ofen aus dem Haus Nr. 73 in der Grabenstraße in Graz hineingesetzt. Gegenüber den Fenstern befand sich eine Öffnung für eine zweite, größere, wahrscheinlich Doppeltür, die bereits damals nicht mehr vorhanden war. An diese Stelle wurde ein chinesischer Vorhang aus weißer Seide mit farbiger, ornamentaler Seidenstickerei angebracht. 

Interessant ist, dass es sich beim "Leykam-Zimmer" um ein Beispiel einer "globalen Exportsituation" handelt, in deren Zuge auch serielle "Tapezierware" nach Europa kam. Dabei hätte der exotische Charakter das inhaltliche Interesse bei Weitem überwogen. Im Prinzip handelt es sich bei der Wandverkleidung des "Leykam-Zimmers" um eine "Billigversion" höfischer Lackkabinette der Zeit.

In der Kulturhistorischen Sammlung befinden sich darüber hinaus eine Reihe von sogenannten Ostasiatika, chinesische Kleinplastiken in Porzellan und Bronze. Diese wurden dem Universalmuseum Joanneum 1922 vom aus Laibach stammenden und 1918 nach Graz übersiedelten Ingenieur Gustav Mullay vermacht:


Hai mit der Mondkröte, Porzellan, sog. Blanc de Chine, China, 19. Jh.

Liu Hai, ein legendärer Hofbeamter aus dem 10. Jahrhundert, wird in der chinesischen Volksreligion als Gott des Reichtums und des Wohlstandes verehrt. Sein Attribut ist die dreibeinige Kröte beziehungsweise der Drache, ein zunächst schädliches Untier, das im Kampf mit Liu Hai ein Bein verliert und danach seinem Bezwinger als treuer Gefährte dient. Liu Hai gelingt der Sieg mithilfe einer Geldschnur. Sie vermag Gold und Silber auszuspeien, die Liu Hai an die Bedürftigen verteilt. Kröten stehen im ostasiatischen Volksglauben für langes Leben.  


Bodhisattva der Barmherzigkeit, sog. Guanyin, Porzellan (Blanc de Chine), China 19. Jh. 

Guanyin ist im ostasiatischen Mahayana-Buddhismus ein weiblicher Bodhisattva des Mitgefühls, die im Volksglauben auch als Göttin verehrt wird. Es ist eine der am meisten verehrten Figuren des ostasiatischen Buddhismus. Der Name Guānyīn ist die Kurzform von Guānshìyīn und bedeutet „die Töne der Welt wahrnehmend“.

Ein Bodhisattva ist ein Wesen, das im Ideal den eigenen Wunsch nach Eingang ins Nirvana zurückstellt, um alle fühlenden Wesen zur Erleuchtung zu führen.

Zunächst wurde Guānyīn gemäß der Übersetzung als Mann dargestellt. Aber gerade in der Volksfrömmigkeit bestand ein großes Bedürfnis nach einer Gottheit mit femininen Attributen. Eine beliebte Göttin jener Zeit war Xīwángmǔ, die Königinmutter des Westens aus dem Daoismus. Durch die Vermischung dieser und anderer religiöser Ideen entstand im Lauf der Zeit die „Göttin“ Guānyīn, die im Lotos-Sutra 33 verschiedene Rollen einnehmen kann, von denen sieben weiblich sind. Als portugiesische Jesuiten im späten 16. Jahrhundert nach China kamen, betrachteten chinesische Künstler die Madonna-Statuen als Darstellung Guānyīns und begannen neue Statuen nach diesem Vorbild herzustellen. 



Lao-Tse (Laozi) auf dem Wasserbüffel, Bronze, China, 19. Jh. 

Es handelt sich um die Darstellung der Legende der Emigration des mittellosen Weisen Lao-Tse (Laozi) auf einem Ochsen. Der Ochse steht für die Triebkräfte der menschlichen Natur, die nur durch kluge Lenkung des Intellekts (den Reiter) gebändigt und genutzt werden können. Der Ochse ist wahrscheinlich ein Wasserbüffel, ein für seine physische Ausdauer, Geduld und Gelassenheit bekanntes Nutztier, das auch im chinesischen Horoskop auftaucht.

Die heutige Wissenschaft nimmt an, dass Laozi nie existiert hat, sondern dass bestimmte Werke diesen Namen in einer Zeit bekamen, als tradierte mündliche Überlieferungen aufgeschrieben und mit einem Verfasser versehen wurden.

China im Museum für Geschichte

Schloss Eggenberg

Die Leidenschaft für China und Japan geht jedoch noch viel weiter zurück: Die Sammlung von Schloss Eggenberg zeugt davon, dass sich Europa sehr früh vom ostasiatischen Kunsthandwerk, vor allem von chinesischem Porzellan, Seidenmalereien oder japanischen Lackarbeiten, fasziniert zeigte. So erwarb etwa Seyfried von Eggenberg 1660/80 für die Neuausstattung der fürstlichen Residenzen in Graz einige Objekte, darunter einen Paravent, "mit indianisch Papier aufgelegt". "Indianisch" bezog sich damals nicht nur auf den indischen Subkontinent, sondern auf den ganzen Osten Asiens. Bei der Neuausstattung der Eggenberger Prunkräume nach 1754 wurde der Paravent zerlegt und als exotische Dekoration in die Wandbespannung eines "Japanischen Kabinetts" eingefügt. Heute stellt dieser eine Sensation im Schloss Eggenberg dar.

Insgesamt wurden in Eggenberg drei Kabinette ausgestattet, die Ostasiatika aus der fürstlichen Sammlung zeigten. Eines der Kabinette ist ein Porzellankabinett, in dessen Wände ein Service von Imariporzellan einelassen ist. Außerdem finden sich Teller sowie Deckenschalen auf Etagéren und Lacktischchen. Das zweite, "chinesisch spällierte" Zimmer ist eine Art Bilderkabinett. Dafür wurden chinesische Seidenmalereien zu kleinen Genrebildchen zerschnitten und wie Miniaturen gerahmt. Wie sie nach Europa kamen, ist unbekannt. Die illusionistische Wanddekoration täuscht dabei die Hängung an blauen Seidenbändern vor. Von den ursprünglichen Malereien sind nur mehr Teile erhalten, mehr als die Hälfte wurde bei "Restaurierungen" des frühen 20. Jahrhunderts durch Kopien ersetzt.

Chinesisches Kabinett, Raum 7 

Zwischen 1755 und 1760 wurden in Schloss Eggenberg drei ostasiatische Kabinette eingerichtet. Raum 7, im 1. Inventar von 1789 als „Indianisches Kabinett mit chinesischer Spälier“ bezeichnet, erhielt eine Dekoration aus chinesischen Seidenbildern, die zu kleinen Szenen beschnitten und dem europäischen Geschmack entsprechend wie Miniaturen gerahmt wurden. Es ist unbekannt, wann sie nach Europa kamen. Es sind nur noch Teile der ursprünglichen Malereien erhalten, mehr als die Hälfte wurde bei „Restaurierungen“ des frühen 20. Jahrhunderts durch Kopien ersetzt. Die aktuelle Forschung datiert die erhaltenen Originale auf die späte Ming-Zeit (ca. 1370–1644): 

1. Szene aus Su Shi „Chìbìfù – Die roten Klippen“
2. Die kaiserliche Konkubine Yang (Guifei) besteigt ein Pferd.
3. Die Unsterbliche He Xiangu erntet Heilkräuter. 



Chinesisches Kabinett, Raum 3 

Dieser Raum wurde als Porzellankabinett eingerichtet. In seine Wandbespannung wurde ein Service aus sogenanntem Imariporzellan eingesetzt, in diesem Fall chinesische Imitate japanischer Arita-Ware, die in Europa sehr populär war. Hier sind nach schweren Kriegsschäden 1945 nur noch wenige Originale erhalten und durch vergleichbare Imari-Ware des 18. und 19. Jahrhunderts ersetzt worden.

Auch in anderen Räumen von Schloss Eggenberg haben sich Etagèren mit chinesischem Porzellan erhalten. Sie wurden während der letzten Kriegsjahre ausgelagert und sind deshalb noch im Original vorhanden. Interessant ist eine Etagère mit chinesischen Bleu-Poudré-Waren des frühen 18. Jahrhunderts in Raum 18, dem Japanischen Kabinett.

China im Schloss Eggenberg

Jagdmuseum Schloss Stainz

Das Jagdmuseum Schloss Stainz widmete sich 2014 im Rahmen der Sonderausstellung "Geheimnis Holz" alpenländischer und chinesischer Holzbaukunst, wofür auch Handwerker aus China in Stainz arbeiteten. In diesem Zusammenhang sind unter anderem Eckmodelle entstanden, die sich nach wie vor im Jagdmuseum befinden.

Zwei Modelle (Säulenkapitelle), Holz, 2012

Die zwei Modelle  zeigen typische Knoten (dougong) aus der Qing-Zeit (1644–1911): der eine über einer Ecksäule, der kleinere zwischen zwei Wandsäulen auf dem Rähmbalken aufgesetzt. Entwickelt haben sich die dougong im Laufe von zwei Jahrtausenden als Säulenkapitelle. Ihre ursprünglich konstruktiv tragende Rolle veränderte sich ab dem 14. Jahrhundert zunehmend zu einem dekorativen Element. Im Gegensatz zum europäischen Gegenstück bleiben in den dougong die zahllosen Verbindungen so flexibel, dass sie im Erdbebenfall nicht brechen oder reißen, sondern die Stöße verteilen und damit für die einzelne Verbindungsstelle minimieren.

China im Jagdmuseum Schloss Stainz

Neue Galerie Graz

Liu Xiaodong, Trees Growing out of Swimming Pool, Öl auf grundierter Baumwolle, 250 x 300 cm, 2012

In der Sammlung der Neuen Galerie befindet sich das Werk Trees Growing out of Swimming Pool (Bäume, die aus dem Swimmingpool wachsen) von Liu Xiaodong, das in Zusammenhang mit seiner Einzelausstellung 2012 im Kunsthaus Graz entstanden ist. Liu Xiaodong zählt zu den prominentesten Vertretern jener chinesischen Künstler/innen-Generation, die innerhalb einer sich rasch und oft verändernden Gesellschaft groß geworden ist. Der klassisch ausgebildete Maler Liu Xiaodong hat die Tradition des Sozialistischen Realismus formal nie verlassen, aber dessen Inhalte drastisch verändert.

Er gibt dem alltäglichen Leben vor dem Hintergrund radikaler Wandlungsprozesse eine Stimme und hält landschaftliche Veränderungen, vom Menschen ausgelöste Katastrophen sowie gesellschaftliche Auswirkungen des ökonomischen Wandels malerisch und filmisch fest. Für seine Ausstellung Prozess Malen im Kunsthaus Graz 2012 hat Lui Xiaodong das obersteirische Eisenerz als Projektort gewählt, wo er mit seinem Team mehrere Monate verbrachte und vor Ort arbeitete. Dass seine Wahl auf diese Stadt fiel, hat mit enormen Veränderungsprozessen zu tun, die für ihn offenbar chinesischen Verhältnissen ähneln.
 

China in der Neuen Galerie Graz

Unser Tipps:

Jun Yang, Chinatown Graz, < rotor > im Rahmen von Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas, 2003
Ausstellung

Jun Yang

Der Künstler, das Werk und die Ausstellung

15.02.-19.05.2019   >  Kunsthaus Graz

Die Einzelausstellung von Jun Yang widmet sich grundlegenden Fragen künstlerischen Arbeitens: Welchen Stellenwert haben Original, Unikat, Serien und Reproduktionen in der Kunst von heute? Wie definiert sich künstlerische Praxis im Austausch mit anderen? mehr...

Projekt, Aktion

Jun Yang

Das Eis des Kaisers von China, 2018/2019

19.05.-31.10.2019   >  Österreichischer Skulpturenpark

Ausgehend vom Mythos, dass Marco Polo von seinen Reisen nach China das Wissen um die Herstellung von Speiseeis und dessen Erhaltung bis in den Sommer hinein nach Europa mitgebracht habe, stellt der Künstler diese überlieferte Methode nach. mehr...

Informationen zu den Werken:

Museum für Geschichte (vormals: Museum im Palais), Alte Galerie/Schloss Eggenberg, Jagdmuseum Schloss Stainz, Neue Galerie Graz, alle: Universalmuseum Joanneum

Dank an: Ulrich Becker, Peter Peer, Paul Schuster, Karlheinz Wirnsberger

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