19. April 2018 / Walter Feldbacher
Landesaufnahme(n): Spontaner Betriebsbesuch bei „Messer und Stahlwaren Friedrich Josef Spat – vormals de Bernardin“ in Deutschlandsberg
Friedrich Josef Spat erzählte uns freundlicherweise die interessante Geschichte seines kleinen Fachgeschäftes und gab dabei Einblick in seine Produktpalette. Das Warensortiment reicht von hochwertigen Haushalts-, Taschen-, Jagd- und Sammlermessern bis zu Fantasy- und Samurai-Schwertern sowie den beliebten „Schwammerl-Messern“. Auch Maniküre-Sets, Nagel-, Kopf- und Eckzangen, Haut-, Nagel-, Näh- und Haushaltsscheren sowie ein professionelles Gravur- und Schleifservice werden angeboten.
Noch im Alter von 95 Jahren verkaufte hier die Vorbesitzerin Maria de Bernardin selbst Klingen– und Schneidwerkzeuge aller Art. Mangels Nachkommen übertrug sie noch vor ihrem Ableben ihrem Wohnungsnachbarn Friedrich Joseph Spat das Geschäft, der die rüstige Unternehmerin schon zuvor jahrelang in seiner Freizeit im Betrieb unterstützt hatte. Der Fortbestand des bereits über 100 Jahre bestehenden Fachgeschäftes war somit gesichert.
Der von Gerhard Fischer verfassten Firmenchronik ist zu entnehmen, dass Anton de Bernardin 1911 bei der Gewerbeabteilung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg das Gewerbe der Scharfschleiferei angemeldet hat. Er war somit der erste ortsansässige Messer- und Scherenschleifer in Deutschlandsberg. Als typischer Wanderberuf zogen die Scherenschleifer damals üblicherweise mit ihrem Gerät von Haus zu Haus, um ihre Dienste anzubieten.
Anton de Bernardin wurde 1887 als Sohn italienischer Einwanderer in Schaflos bei Köflach geboren. Sein Vater Pietro entstammte einer Glasträger- bzw. Glasbläserfamilie aus San Pietro di Cadore in der Provinz Belluno und kam 1886 in den Raum Voitsberg, um sich in einer der vielen Glasbläsereien zu bewerben.
Nach der Pflichtschule absolvierte Anton de Bernardin bei Schleifermeister Johann Radivo in Tregist von 1901 bis 1905 eine Lehre zum Scheren- und Messerschleifer. Als selbstständiger Scherenschleifer in Deutschlandsberg beantragte Anton de Bernardin auch den notwendigen Gewerbeschein für den Handel mit zur Scharfschleiferei gehörigen Artikeln. Seine Werkstatt hatte er zunächst im Hause Schweighofer untergebracht, wo er auch gemeinsam mit anderen Handwerkern in den Hofgebäuden lebte. 1913 heiratete er Aloisia Brun, deren Vater arbeitete in Unterlaufenegg als Ziegelmacher und war 1890 ebenfalls aus der Provinz Belluno in die Weststeiermark gekommen.
Im Jahre 1933 konnte sich Anton de Bernardin mit seiner Familie und seinem Betrieb im ehemaligen Rathaus niederlassen und ließ sogleich von Baumeister Carl Pfleger ein Geschäftsportal errichten. In diesem Haus befindet sich die Firma noch heute. Sohn Peter de Bernardin trat in die beruflichen Fußstapfen seines Vaters und übernahm 1956 das Geschäft. Bis 1974 hatte er sogar die Funktion des Vorsitzenden der Steirischen Meisterprüfungskommission im Messerschmiedehandwerk inne. Nach seinem Tod 1981 führte seine Ehefrau Maria de Bernardin das Geschäft bis ins hohe Alter weiter.
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