Postkarte, Justiz-Palais; Radetzkybrücke, vor 1906, AKON/ Österreichische Nationalbibliothek

28. Juni 2017 / Christoph Pietrucha und Walter Feldbacher

Iustitia thront im Palais Herberstein – mehr schlecht als recht

Museum für Geschichte

Das „Museum für Geschichte“ (vormals: Museum im Palais) befindet sich im Palais Herberstein in der Sackstraße 16. Das historische Gebäude hat selbst eine lange und wechselvolle Geschichte, die bis in das 16. Jahrhundert reicht. Im 19. Jahrhundert war es ein Gerichtsgebäude, ein Verhandlungsort „höchst persönlicher Geschichte(n)“. Anders als heute waren die damals präsentierten Objekte Beweisstücke. Sie trugen etwa zur Rechtsfindung bei Besitzstreitigkeiten bei oder wurden gar als Corpus Delicti zum „Leitobjekt“ beim Entscheid über Schuld oder Unschuld.

Die Revolution von 1848 führte unter anderem auch zur Reform des Justizwesens. Das neu eingerichtete Oberlandesgericht Graz erhielt dabei seinen Sitz im Palais Herberstein. Als Kontrollinstanz für sämtliche Land- und Bezirksgerichte seines Sprengels war es mit Einsprüchen, Rekursen sowie Berufungen in zivil-und strafrechtlichen Angelegenheiten befasst. Ebenso war es für Beschwerden und Gnadengesuche zuständig. Zu seinem ersten Präsidenten wurde der 1799 in Prag geborene Leopold Othmar Freiherr von Hennet ernannt. Er war es auch, der sich für das Palais Herberstein als Sitz des Oberlandesgerichts ausgesprochen hatte.

Ab 1854 wurde aus finanziellen Gründen das Oberlandesgericht Klagenfurt mit der Grazer Iurisdiktionsbehörde vereinigt. Der erhöhte Personalstand erforderte schließlich einen Umzug vom Palais Herberstein in den Pöllauerhof am Mehlplatz. Zeitgleich zog aber das Landesgericht für Zivilsachen in die Sackstraße 16 ein. Da das Strafgericht im alten Kriminal zu wenig Raum hatte, wurde sein Schwurgericht ebenfalls im Palais untergebracht. Dessen ehemals herrschaftliche Wohnräume wurden teilweise als Sitzungssäle, teils als Büros für den Landesgerichtspräsidenten und zwei seiner Räte verwendet.

Doch nicht alle Bediensteten wurden in schönen Prunkräumen untergebracht. Einige mussten sich mit den „Domestikenstuben“ – den Unterkünften der Dienerschaft – begnügen. Auch der bauliche Zustand des Gebäudes war nicht mehr besonders gut. Teilweise schlossen Türen und Fenster nicht, und die offenen Gänge kühlten im Winter stark aus. Eine Erkältung war unter diesen Arbeitsbedingungen vorprogrammiert!

Aus den Berichten im Grazer Volksblatt über die Gemeinderatssitzungen ist zu entnehmen, dass am 10. Mai 1883 der Wunsch nach einem neuen Justizpalais geäußert wurde. Bereits zuvor wurde kritisiert, dass die Räumlichkeiten der Grazer Gerichte beschränkt seien und „welch schlimme Atmosphäre sich dort bilde“ (Grazer Volksblatt, 17.3.1883). Eine Kritik, die in regelmäßigen Abständen formuliert wurde. So hätte das Palais Herberstein zwar Säle und Kammern, aber keine Arbeitszimmer. Für den ständig wachsenden Geschäftsverkehr wäre es schlicht zu klein und dazu kämen noch die fortwährenden Zinssteigerungen für die Miete (Tagespost, Abendblatt, Graz, 26.11 1871).

Neben Platzmangel und Kostengründen spielten wohl auch ästhetische Überlegungen bei der Errichtung eines zeitgemäßen Repräsentationsbaus eine Rolle. 1894 war es dann so weit: Im Grazer Volksblatt vom 23. Februar 1894 war die Ankündigung zu lesen, dass in „den ersten Tagen der nächsten Woche […] die Übersiedlung des Landes- als Civilgerichtes, sowie der dazu gehörigen Ämter vom gräflich Herberstein’schen Hause in der Sackstraße in den zweiten Stock im neuen Justiz-Palais“ stattfindet. Kaum einen Monat später siedelten die restlichen Büros sowie das Präsidium in das neue Gebäude um. Am 14. März verkündet das Grazer Volksblatt, dass das „altehrwürdige gräflich Herberstein’sche Palais in der Sackstraße nun leer dasteht.“

Iustitia im Palais Herberstein, Fotomontage: J.J. Kucek, 2017

Kategorie: Museum für Geschichte
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