„Eine Blume zu sein, ist eine große Verantwortung“ – so Emily Dickinson im Gedicht Bloom — is Result — to meet a Flower. Die Blume, insbesondere der Löwenzahn – botanisches Gewächs, kulturelles Symbol und ästhetisches Phänomen – besitzt Stärke und stillen Mut. Unauffällig und doch ausdauernd passt er sich radikal an, kehrt zurück und leistet Widerstand. Der Mensch teilt etwa 30 % seines genetischen Materials mit der Blume. So vereint die Ausstellung unter dem Titel 30 % Löwenzahn mehr als 20 zeitgenössische künstlerische Positionen mit Leihgaben aus den verschiedenen Sammlungen des Universalmuseums Joanneum, um sich im Spiegel des Umgangs mit Blumen und ihrer Verbindung mit dem Menschen aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen zu widmen.
In den Arbeiten, Installationen und Objekten begegnen wir der Schwermut einer bröckelnden Gegenwart. Gleichzeitig nehmen sie uns mit auf eine Reise in die uns vertraute, schöne und berauschende Ästhetik der Blume und ihres Ausdrucks der Lebensfreude. Es geht dabei um wiederkehrende Ankunft, symbiotische Kooperation und überbordende Extraktion, aber auch um die Angst des Abschieds: poetisch, politisch und ökologisch. Der Löwenzahn ist hier sowohl Leitbild für adaptive Stärke als auch Sprache, die von allen gesprochen wird. Im Geiste der Floriographie – der historischen Sprache der Blumen – wird er zu einer transkulturellen Geste der Anerkennung und Kommunikation: übersehen, aber beharrlich und schön. Als Blume der Ränder, der Wiesen und Gärten bietet er ein symbolisches Vokabular, das sich normierender Einengung widersetzt, in Alltagssprachen spricht, Heilkräfte besitzt und niederschwellig in der strahlenden Farbe der Sonne seine ihn befruchtenden Insekten lockt.
Die Ausstellung stützt sich dabei ebenso auf das Konzept des „entanglements“ bzw. Verflechtungen wie auf philosophische und ökologische Rahmenkonzepte der „ästhetischen Offerte“ (Elaine Scarry) und der „kritischen Hybridität“ – und verbindet sich mit der Ausstellung im Obergeschoss Hybrid Pleasures. Helen Chadwick supported by Liesl Raff – in der produktive und provokative Formen vielstimmiger Geschlechterzuschreibungen zum Thema werden.
Mit Werken u. a. von Anita Fuchs, Karl Blossfeldt, Spencer Finch, Barbara Frischmuth, Joiri Minaya, Ryts Monet, Nina Schuiki, Claudia Larcher, Jonas Mekas, Anna Ridler, Ugo Rondinone und Špela Petrič entfaltet sich die Ausstellung als vielstimmige Auseinandersetzung mit der Blume, ihrer Zuschreibung und Kraft der Anziehung.