Nicole Prutsch
Beyond the measuring principle
15.06.-19.08.2018
Kuratiert von: Roman Grabner
Wenn Wissenschaft und Technik es ermöglichen, in unseren Körper gezielt einzugreifen, welchen Einfluss hat das auf unsere Identität? Was beeinflusst oder bestimmt die Vorstellung davon, wer wir sind? Welche Rolle spielen dabei Übersetzungsprozesse? Wenn man das Prinzip einer wissenschaftlichen Methode auf ein Reproduktionsmedium wie Fotografie oder Video überträgt, was passiert dann mit dem Bild?
In der Geschichte und Gegenwart gibt es unzählige Beispiele für das Sammeln, Berechnen und Archivieren von Daten zur (Selbst-)Überwachung und (Selbst-)Erkenntnis. Der Zusammenhang von Identität und technisch aufgeklärtem Bewusstsein wird auch im Mythos des Odysseus deutlich. In Dialektik der Aufklärung interpretieren Max Horkheimer und Theodor W. Adorno Odysseus als den Vertreter eines „aufgeklärten“ Bewusstseins, das sich von seinen eigenen Ursprüngen entfremdet hat, sich aber vom Gesang der Sirenen wieder daran erinnert fühlt. Nach Horkheimer und Adorno stellt der Gesang jedoch die Gefahr des Selbstverlustes dar – die menschliche Identität erscheint als ein künstliches Konstrukt, das durch den Gesang der Sirenen von Auflösung bedroht ist:
„Odysseus erkennt die archaische Übermacht des Liedes an, indem er, technisch aufgeklärt, sich fesseln lässt. Er neigt sich dem Liede und der Lust und vereitelt sie wie den Tod. Der gefesselte Hörende will zu den Sirenen wie irgendein anderer. Nur hat er eben die Veranstaltung getroffen, dass er als Verfallener ihnen nicht verfällt.“ (Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Dialektik der Auflärung, 1944)
Mit Beyond the measuring principle zeigt Nicole Prutsch Foto- und Videoarbeiten, die das Spannungsfeld von Identität und ihren Konstruktionen untersuchen. Prutsch, die derzeit in Boston, MA, lebt, hat dort unter anderem mit Archivmaterial der Harvard University Archives gearbeitet.
Mehr über die Ausstellung
Nicole Prutsch zeigt in Foto- und Videoinstallationen oftmals anthropologisches Archivmaterial, das unterschiedlichen Prozessen der Verfremdung wie Wiederholung, Fragmentierung und Automatisierung unterworfen wurde. Sie stellt somit die Frage nach der Generierung von Wissen und dem tagtäglichen Umgang mit Bildern und Wahrheit. Ausgangspunkt ist dabei eine wissenschaftliche Publikation aus den 90er-Jahren, die Unterschiede in der Wahrnehmung der Identität von Personen untersucht hat. „Identitäten sind konstruiert, soziale Gruppen in unserem Gedächtnis verankert. Nicole Prutsch untersucht in ihrer Arbeit, was mit Identitäten passiert, wenn deren Bilder aufgebrochen werden“, so Kurator Roman Grabner.
So etwa in der Fotoinstallation Verschiebungen/Shifts. Die zugrundeliegenden historischen, anthropologischen Porträts sind durch digitale Ausschnitte so manipuliert, dass es in einzelnen Bereichen zu tatsächlichen Verschiebungen im Foto kommt und daher in das Abbild und somit die ‚Identität‘ der abgebildeten Person eingegriffen wird. Die Ausschnitte und deren Verschiebungen sind dabei willkürlich gewählt. Letztendlich wird damit eine wissenschaftliche Studie, die durch optische Merkmale auf die Identität der Person rückschließen lassen soll (Anthropologie), praktisch unbrauchbar – das Ergebnis ist anthropologisch nicht mehr messbar.
Bildergalerie
Über das studio
Das studio der Neuen Galerie diente seit den 1990er-Jahren bis 2010 als Plattform für junge österreichische Künstler und Künstlerinnen, die nach Abschluss ihrer Ausbildung noch nicht voll im Kunstbetrieb etabliert waren bzw. am Anfang ihrer Karriere standen.
Seit 2017 wurde dieses wesentliche Instrument zur Förderung und Dokumentation junger Kunst im Joanneumsviertel wieder eingeführt.
> Mehr über das studio in der neuen Galerie Graz
Neue Galerie Graz
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