In seinen frühen Videoarbeiten und Collagen konzentrierte sich John Baldessari – wie viele KonzeptkünstlerInnen Mitte der 1960er – auf die Dekonstruktion der modernistischen Idee einer autonomen Kunst. Rasch entwickelte er seinen unverkennbaren Stil, der sich durch das Überlappen mehrerer Textschichten und Fotografien sowie deren Reproduktion auf weißen Leinwänden auszeichnete. Eine der Hauptaufgaben seiner frühen Arbeiten war die Etablierung der Fotografie als unabhängiges Medium.
Dies entwickelte sich sehr bald zum Versuch, die Welt der Medien mit etwas zu konfrontieren und zu irritieren, was der Künstler „die reale Welt“ nannte. Mitte der 1970er begann Baldessari Techniken wie Cropping und Montage anzuwenden. Einerseits analysierte er Pressefotos und Standbilder aus nostalgischen Hollywood B-Movies aus den 1940er- und 1950er Jahren auf inhärente Mehrdeutigkeiten, andererseits forschte er nach „Erinnerungen der Seele“.
Sein gesamtes Schaffen scheint vom unausgesetzten Bestreben geprägt zu sein, ein Territorium des Dazwischen zu kartieren: Auf der formalen Ebene ist es ein Hybride aus Fotografie und Malerei, auf der narrativen Ebene die differenzierte und humorvolle Erforschung eines fast schon barocken Gebäudes aus kunstgeschichtlichen Bezügen in Verbindung mit den Konventionen des Alltags und Found Footage aus allen verfügbaren Quellen des kollektiven Bewusstseins.
Die Ausstellung im Kunsthaus Graz konzentriert sich auf den Zeitraum von 1984 bis heute, in welchem das Schaffen John Baldessaris seine äußerste Meisterschaft und Perfektion erreichte. In ihrer Struktur besteht sie aus drei Teilen:
Der Korpus einzelner Arbeiten aus den Jahren 1984 bis 1996 zeigt den Höhepunkt einer erzählerischen Tendenz, Bildmanipulationen verursachen ein visuelles Schwindelgefühl. Die zwischen 1996 und 2003 entwickelten Serien fassen die hervorstechendsten Aspekte von Baldessaris Stil zusammen, das Überlappen von fotografischem Material und gemalter Fläche, kompositorische Experimente mit der Rahmung oder die wiederholte Verwendung von Sprache, die mit den Erzählungen der Bilder konfrontiert wird. Und brandaktuelle fotobasierte Kompositionen aus dem Jahr 2004, wie die stilistisch ausgewogene Serie Orange, machen die Konzentration auf Farbe offenkundig.
Zudem beinhaltet die Ausstellung eine Videoinstallation, Five ’68 Films (2002), welche die Beschäftigung des Künstlers mit einem besonderen „chirurgischen“ Akt, der an der Oberfläche des cinematischen Bildes vollzogen wird, weiterentwickelt, und eine Spezialausgabe von The Life and Opinions of Tristam Shandy von Laurence Sterne mit Illustrationen von John Baldessari mit 39 Photocollagen (1998).