Congo Stars

22.09.2018-27.01.2019


Eröffnung: 22.09.2018, 11 Uhr

Congo Stars findet im Rahmen von steirischerherbst´18 statt.
 

Kuratiert von: Sammy Baloji, Bambi Ceuppens, Fiston Mwanza Mujila, Günther Holler-Schuster und Barbara Steiner
Co-Kurator: Alexandra Trost

Über die Ausstellung

Congo Stars zeigt populäre Malerei von den 1960er-Jahren bis heute Seite an Seite mit zeitgenössischer Kunst, die sich anderer Medien bedient. In Kooperation mit dem Königlichen Museum für Zentralafrika Tervuren, der Kunsthalle Tübingen, dem Iwalewahaus in Bayreuth und PICHA in Lubumbashi werden Werke von etwa 70 kongolesischen Künstlerinnen und Künstlern präsentiert, die in Kinshasa, Lubumbashi, Brüssel oder Paris leben.

Als gedanklicher Ausgangspunkt für die Ausstellung diente das Buch Tram 83 des aus Lubumbashi stammenden und in Graz lebenden Schriftstellers Fiston Mwanza Mujila. Er beschreibt darin einen imaginären Ort, der zwar von der gesellschaftlichen Realität kongolesischer Städte ausgeht, jedoch letztlich nahezu überall sein könnte. Auch in der Ausstellung, die in sechs Kapitel („Straße“, „Bar“, „Heim“, „Stars“, „Spiritualität“ und „Ausbeutung“) gegliedert ist, schieben sich reale und imaginäre Orte und Räume ineinander, die gemeinschafts- und identitätsstiftende Funktion haben und Momente der Fiktion verdichten. Die einzelnen Kapitel, aufgebaut als Narrative, sind nicht streng voneinander getrennt, sondern verbinden und verdichten sich immer wieder durch bestimmte Motive und Themen. Eine über zwei Etagen reichende Zeitleiste liefert Informationen zu wichtigen historischen Ereignissen und dient der Kontextualisierung der ausgestellten Arbeiten. Durch die Akkumulation von unterschiedlichen Materialien und verschiedenen visuellen Ebenen soll eine nahezu überfordernde Dichte hergestellt werden, über die sich auch die Dichte und Spannung einer kongolesischen Großstadt vermittelt.

Österreich und der Kongo
Wesentlich für die Entscheidung, Congo Stars im Kunsthaus Graz zu zeigen, sind mitunter überraschende historische und aktuelle Beziehungen zwischen der Steiermark, Österreich und dem Kongo. Die Verbindungen und Verflechtungen sind vielfältiger Natur und reichen weit zurück – von Ausbildungsprogrammen in den 1960er-Jahren über die Jahrzehnte währende Lehre der österreichischen Professoren Oswald Stimm und Peter Weihs an der Académie des Beaux-Arts in Kinshasa bis hin zu den Aktivitäten des Schriftstellers Fiston Mwanza Mujila, der heute in Graz lebt. Nicht nur haben wichtige kongolesische Künstler wie Chéri Samba oder Tschibumba Kanda Matulu in den 1990er-Jahren in Graz ausgestellt, sondern es gibt auch bedeutende österreichische Sammlungen (Sammlung Ethnomedizin/Weltmuseum Wien, Sammlung Horvath für politische Kunst, Linz, Sammlung Peter Weihs, Kukmirn), die – neben Leihgeberinnen und Leihgebern aus Brüssel und Paris – der Ausstellung Congo Stars wesentliche Konvolute zur Verfügung stellten. Kongo und Österreich, die gezeigte Kunst und der Austragungsort der Ausstellung werden miteinander und beide mit länderübergreifenden gesellschaftspolitischen Ereignissen verbunden.

Congo Stars ist also keine „nationale Ausstellung“ oder gar Leistungsschau der DR Kongo. Der Titel spielt einerseits auf den Stern in der Nationalflagge an, die wie der Name des Staats entsprechend dem Wechsel der politischen Systeme und Regimes je nach Staatsdoktrin modifiziert wurde. Der Titel bezieht sich auch auf Populärkultur, auf lokale sowie internationale Stars und Helden und darüber hinaus auf den buchstäblichen Griff nach den Sternen: Zaire, so lautete der Staatsname zwischen 1971 und 1997, leistete sich ein ambitioniertes Weltraumprogramm. Auch die vielen utopisch-futuristisch anmutenden Darstellungen der Künstler/innen sprechen letztendlich von der Sehnsucht nach einem – sowohl territorial wie zeitlich in einem „Außerhalb“ liegenden – positiv besetzten gesellschaftlichen Raum. Letztendlich ist „Kongo“ Projektionsfläche, Imagination, dysfunktionaler Staat und umkämpftes Territorium zugleich.


Die Ausstellung wird im Kunsthaus Graz von 22.09.2018 bis 27.01.2019 und in der Kunsthalle Tübingen von 09.03.2019 bis 30.06.2019 gezeigt.

Aus dem Programm

Sa 22.09.

20:00-01:00

Congo-Party. Eintritt frei

Veranstaltung, Fest> Kunsthaus Graz

Veranstaltung, Fest

> Kunsthaus Graz

Di 25.09.

15:30-16:30

Führung, Schule

> Kunsthaus Graz

Fr 05.10.

15:00-16:00

Führung

> Kunsthaus Graz

Sa 06.10.

14:00-16:00

SpaceKids: Kongo Kongo!

Veranstaltung, Kinder> Kunsthaus Graz

Veranstaltung, Kinder

> Kunsthaus Graz

Sa 06.10.

18:00-01:00

Veranstaltung

> Kunsthaus Graz

Weitere Termine

Mit Arbeiten von

Abis, Alfi Alfa, Sammy Baloji, Gilbert Banza Nkulu, Chéri Benga, David N. Bernatchez, Bodo, Vitshois Mwilambwe Bondo, Burozi, Dominique Bwalya Mwando, Chéri Cherin, Trésor Cherin, Djilatendo, Ekunde, Sam Ilus, Jean Kamba, Lady Kambulu, Eddy Kamuanga Ilunga, Kasongo, Jean Mukendi Katambayi, Aundu Kiala, J.P. Kiangu, Bodys Isek Kingelez, Ange Kumbi, Hilaire Balu Kuyangiko, Albert et Antoinette Lubaki, Gosette Lubondo, Ernest Lungieki, George Makaya Lusavuvu, Tinda Lwimba, Michèle Magema, Maurice Mbikayi, Maman Masamba, Matanda, Mbuëcky Jumeaux, JP Mika, Mega Mingiedi Tunga, Moke, Moke-Fils, Gedeon Ndonda, Nkaz Mav, Vincent Nkulu, Vuza Ntoko, Chéri Samba, SAPINart, Monsengo Shula, Sim Simaro, Maître SYMS, Tambwe, Tshibumba Kanda Matulu, Pathy Tshindele Kapinga, Tuur Van Balen & Revital Cohen u. v. m.

In Kooperation mit dem Königlichen Museum für Zentralafrika Tervuren, der Kunsthalle Tübingen, dem Iwalewahaus in Bayreuth und PICHA in Lubumbashi.

 

Mitten in den Vorbereitungen zu Congo Stars ist der Medizinanthropologe und Arzt Armin Prinz, einer der wichtigsten Kenner kongolesischer Kunst, verstorben.
Die Ausstellung ist auch seinem Gedenken gewidmet.​



Der kongolesische Maler Chéri Samba formuliert es so: „Diese Malerei kommt aus dem Volk, geht das Volk an, richtet sich an das Volk.“

Ausstellungsrundgang

Die Ausstellung Congo Stars zeigt zeitgenössische Kunst bzw. populäre Malerei kongolesischer Künstler/innen von den 1960er-Jahren bis heute. Ausgangspunkt ist der Roman Tram 83 des in Graz lebenden Schriftstellers Fiston Mwanza Mujila. Er spielt in einer imaginären afrikanischen Großstadt und zeichnet ein Bild des pulsierenden Lebens mit all seinen Schattenseiten und Glücksmomenten. Die Fiktion des Bargeschehens wird zur Fiktion der afrikanischen Großstadt, ja sogar zur Fiktion des Kongo selbst. Die Ausstellung gliedert sich in unterschiedliche Kapitel, die über die Kunst eine ganze Bandbreite an historischen, gesellschaftlichen und politischen Bezügen zum Kongo eröffnet.

DR KONGO (Öffnen mit Klick) Expand Box

Die Demokratische Republik Kongo gilt als eines der reichsten Länder der Welt, wenn man es hinsichtlich seiner Bodenschätze und Naturvorkommen betrachtet. Die Bewohner/innen des Landes gehören hingegen zu den ärmsten Afrikas. Diese Schieflage ist das nach wie vor unveränderte Ergebnis kolonialistischer Übernahme, diktatorischer und gewinnmaximierender Ausbeutung und Korruption. Entlang der Timeline werden die wichtigsten historischen Ereignisse sichtbar. Sie beginnt bei Leopold II., der als belgischer König zur Jahrhundertwende um 1900 das Land als Quelle unglaublichen Reichtums nutzte. Elfenbein und Kautschuk brachten das notwendige Kapital, um Brüssel zu einer prunkvollen Stadt der Belle Epoche zu verwandeln, wofür eine unausgesprochene Zahl an ausgebeuteten Kongolesen als Zwangsarbeiter ihr Leben gelassen hat. 1960 war Patrice Lumumba der erste Präsident des gerade erst von Belgien unabhängig gewordenen Kongos. Unmittelbar danach erfolgte der erste Putsch durch Joseph Désiré Mobutu, 1965 übernahm er gänzlich die Macht. Im Spannungsfeld des „Kalten Krieges“ wurde Mobutu zum Spielball der globalen Machtverhältnisse. Unterstützt wurde er dabei vor allem von den USA, die ein Interesse an den Bodenschätzen des Landes hatten, aber auch die Festigung des Kommunismus dort verhindern wollten. Der Mord an Lumumba, der in diesem Zusammenhang zu sehen ist, bereitete den Weg für Mobutus uneingeschränkte diktatorische Herrschaft, die er bis 1997 aufrechterhielt. Das Land, das Mobutu 1972 wie den Fluss und die Währung in Zaire umbenannte, sollte sich in dieser Zeit als „authentischer“ afrikanischer Staat etablieren. Er schaffte alle christlichen Vornamen ab und nannte sich selbst Mobutu Sese Seko Kuku Ngbendu wa Zabanga. In dieser Zeit schritt die Ausbeutung des Landes weiter voran, die Korruption, der auch der Präsident selbst nicht widerstehen konnte, breitete sich aus. Anstatt in eine florierende Wirtschaft zu investieren, wurde beständig nur aus den Kassen genommen, um den privaten Reichtum des Präsidenten zu vermehren. 1997 übernahm Laurent Désiré Kabila die Präsidentschaft, die er autoritär ausübte und mit seiner Ermordung 2001 endete. In seine Amtszeit fielen neben der Rückbenennung des Landes in DR Kongo auch zwei Kongokriege, die das Land von 1997 bis 2003 noch weiter zerrütteten, bis dessen Wirtschaft, Infrastruktur und Sozialsysteme schließlich gänzlich zusammenbrachen. Seit 2006 gilt sein Sohn Joseph Kabila als erster frei gewählter Präsident des Landes, das durch die anhaltende Ausplünderung durch multinationale Konzerne und seinen desolaten Zustand allerdings bis heute nicht zur Ruhe gekommen ist.

KUNST (Öffnen mit Klick) Expand Box

Allen Widrigkeiten zum Trotz gibt es im Kongo ein reiches künstlerisches Leben, das Musik, Literatur, Performance, Theater, Gebrauchskunst, Malerei, Skulptur, Architektur und Alltagskultur miteinander und unter wechselseitigem Einfluss verbindet. Die kongolesische Malerei hat ihre Wurzeln in der Wand- und Hausmalerei. An traditionellen Häusern entstanden in verschiedenen Techniken unterschiedliche abstrakte Muster, deren Symbolik eine eigene Sprache spricht, die z. B. auch jener von Stoffmustern verwandt ist. In den 1920er-Jahren entdeckte ein belgischer Kunstliebhaber diese Hüttenmalerei. Er stattete die Künstler/innen dort mit Papier und Aquarellfarben aus und bat sie, ihre Bilder auch darauf anzufertigen. Sie malten bunte Tiere, Fische, stilisierte Darstellungen von Menschen auf gemusterten Hintergründen. Einige Beispiele dieser künstlerischen Vorläufer (Les Précurseurs) sind auch in der Timeline zu finden. Die Aquarelle von Albert Lubaki, Antoinette Lubaki oder Djilatendo aus den 1920er- und 30er-Jahren sind reduziert und wirken in einem westlichen Sinne unglaublich „modern“. Sie wurden zu dieser Zeit auch bereits in Europa rezipiert. Im Atelier von Hangar in Elisabethville, dem heutigen Lubumbashi, entstand in den 1940er- und 1950er-Jahren eine eigene Richtung der Malerei. Dort hatte sich der französische Maler Pierre Robert Desfossés ein Atelier eingerichtet, in dem er sehr viele Künstler wie Bela Borkemas, Mwila oder Pilipili Mulongoy in deren künstlerischer Eigenständigkeit förderte. Die Malerei, die bei Desfossés entsteht, ist eine sehr poetisch-narrative, sie erscheint flächig und durch ihre repetitiven Muster auch dekorativ. In der Zeit Mobutus wurden die Kunstakademien gefördert, weil sie sich ausgehend von einer traditionellen kongolesischen Kunst zu einem Modernismus hinwandten, ohne dem Konzept der authenticité widersprochen zu haben. In den 1970er-Jahren entstand die peinture populaire, die als populäre Malerei aus dem Volk für das Volk wirken sollte. Alltagsthemen wurden auf die Leinwand gebracht und spiegeln humorvoll und kritisch die Probleme des Landes wider. In Kinshasa malten zu dieser Zeit Künstler wie etwa Chéri Cherin, Chéri Samba oder Moke politische und soziale Ereignisse, interpretierten das Treiben auf der Straße wie das Barleben oder die Musikszene. Auch der Schmutz, Krankheiten wie Aids (Le SIDA), Armut und Ausbeutung finden sich in den Bildern wieder. Einige der Künstler haben Erfahrungen in der Wand- und Schildermalerei zu Reklamezwecken.

STRASSE (Öffnen mit Klick) Expand Box

Das Leben spielt sich im Kongo vielerorts auf der Straße ab. Hier trifft man sich, tauscht Neuigkeiten aus, macht Geschäfte, kocht, isst, tanzt oder findet die Liebe. Das bunte Treiben der kongolesischen Großstädte wie Kinshasa oder Lubumbashi wird zum Thema der populären Malerei. Sie ist kennzeichnet durch bunte Farben, die manchmal fast grell erscheinen, und eine gegenständliche Malweise, die sich nach JP Mika von der an der Académie des Beaux-Arts weiterverbreiteten abstrakten unterscheidet. Es sind Statements, die formuliert werden, Bilder die als zeitkritische Kommentare gelesen werden wollen. Alternative Stadtentwürfe zeigt Bodys Isek Kingelez mit seinen kraftvollen, bunten Modellen einer fortschrittlich erscheinenden Architektur in Reichtum und Sauberkeit. Sie fungieren als Sinnbild eines idealen, fantastischen Kinshasa.

BAR (Öffnen mit Klick) Expand Box

Einige Bilder von Moke zeigen das rege Bartreiben, wie man es typischerweise in Kinshasa finden kann. Es wird getanzt, getrunken und ausgiebig gefeiert. Das Barleben ist ausgelassen und verheimlicht nicht die dort praktizierte gegenseitige Abhängigkeit von Geld und Liebe in einer patriarchalen Gesellschaft oder Tauschaktionen, bei denen Sex als wertvolles (weibliches) Gut eingesetzt wird. Moke war neben Chéri Samba oder Chéri Cherin einer der bedeutendsten Maler, die als Kongolesen im westlichen Kunstkontext gezeigt und auch erfolgreich wurden. Seine Bilder, die nicht nur Geschichten erzählen, sondern auch einen dokumentarischen Wert besitzen, versteht Moké durchaus als Beitrag seiner Aufgabe als „Maler-Journalist“ („paintre-journalist“).

WOHNUNG (Öffnen mit Klick) Expand Box

Das Geschehen, das aus dem privaten Bereich auf Bildern dargestellt wird, ist vielfach ein sehr intimes. Es geht um Geschlechterrollen und um sexuelle Verhältnisse, die nicht immer gewaltfrei verlaufen. Es geht um Familien, die ihren Angehörigen Obdach geben. Das Innere der Wohnung wird preisgegeben und offenbart die Misere darin. Konventionell im westlichen Sinne hingegen sind die Porträts zu verstehen, die nach Passfotos angefertigt in ihrem detailgenauen Realismus vergrößerte Erinnerungsbilder darstellen, die im privaten Raum auch aufgehängt wurden. Aus diesem Grund sind sie auch deutlich kleiner als andere Bilder. Die Wohnungseinrichtung, die europäische Standards abbildet, verweist auf jene Kongolesen, die man als „Evolués“ bezeichnete. Es sind jene „Entwickelten“, die sich ganz einer europäischen, oft auch christlichen Lebensweise verschrieben haben und diese auch mit deren „zivilisiertem Fortschritt“ repräsentieren.

AUSBEUTUNG (Öffnen mit Klick) Expand Box

Der Kongo ist seit Leopold II. gezeichnet von vielen Jahren der Ausbeutung, der Korruption und in der Folge auch der Flucht. Coltan, Uran, Kupfer, Gold, Zinn, Kobalt, Diamanten, Mangan oder Zink sind begehrte Mineralrohstoffe, die eine globalisierte Industrie nach wie vor zu ihren Gunsten aus dem Kongo unaufhörlich abtransportiert. Welche Rolle die Politik dabei spielt, demonstrieren viele der Bilder in der Ausstellung. Neben dem Land sind es die Menschen, die im Bergbau ausgebeutet werden, aber auch andere, denen im Leben mehr genommen als gegeben wird. Vergewaltigungen, Schändung und brutale Misshandlungen sind ein andauerndes Mittel von Miliz und Rebellen, um Macht im Krieg um die Bodenschätze zu demonstrieren. Sexuelle Gewalt wird dabei auf Befehl zur Waffe. Die Frauen sind dabei die Beute, die anschließend von der eigenen Familie ob der Schande der Vergewaltigung verstoßen werden.

SPIRITUALITÄT (Öffnen mit Klick) Expand Box

Der Autor Alain Mabanckou beschreibt, dass es im Kongo der 1970er-Jahre völlig normal war, als Christ am Vormittag in die Kirche zu gehen, zu Mittag einen Schamanen aufzusuchen und sich am Nachmittag als Kommunist zu aktivieren. Jeder kann alles zugleich sein, dieses Verhalten ist per se nicht ungewöhnlich oder widersprüchlich. In diesem Konglomerat der Heilsversprechen ist das durch ehrgeizige Missionare zur Kolonialzeit importierte christliche ein Zentrales. Die christliche Missionierung führte zur Gründung von Schulen und Krankenstationen und brachte zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Menschen aus verschiedensten ethnischen Gruppen zusammen. Allerdings führten viele Pastoren auch ein zwiespältiges, doppelmoralisches Leben, das – wie man manchen Bildern entnehmen kann – vor Korruption und ungezügelt ausgelebtem Geschlechtstrieb nicht Halt machte. Ein anderes wichtiges Heilsversprechen transportiert Mami Wata, die „Mutter des Wassers“. Sie ist als attraktives, nixenartiges Mischwesen stets von einer Schlange begleitet und gilt gleichsam als Verführerin wie Verursacherin von Leid, insbesondere durch Krankheit. Mami Wata ist stets hellhäutig dargestellt und wird als Sinnbild für das Streben nach westlichem Wohlstand und Luxus dargestellt. Welchem Leitbild auch gefolgt wird, sie vereint die geschürte Hoffnung auf ein besseres Leben.

STARS (Öffnen mit Klick) Expand Box

Politiker, Fußballer und Boxer sind die Stars, die bildwürdig sind, weil sie epochale Leistungen erzielt haben, die in die Geschichte des Kongos eingegangen sind. Im Falle von sportlichen Siegen werden auch diese gerne politisch instrumentalisiert. Aufmerksamkeit bekommen aber auch die befreundeten Künstlerkollegen, die als Musiker erfolgreich sind. Sie sind „bien sapé“, gut hergerichtet und perfekt gekleidet. Die „Sapeurs“, die auch als die „Dandys des Kongos“ bezeichnet werden, verstehen ihr Outfit in hochpreisigen westlichen Designeranzügen als Widerstand zu Mobutus Authentizitätsvorschriften. JP Mika, der wie sein Lehrer Chéri Cherin von der Wand- und Reklamemalerei kommt, liebt die bunten Designs. In seiner besonderen Form des Fotorealismus lässt er eine glänzende, aufgedrehte Welt entstehen, die er aus schwarz-weißen Fotografien der 1960er-Jahre zusammenbaut. Monsengo Shula begann ebenfalls mit Wandbildern und Gebrauchsgrafik, bevor er über die peinture populaire zu einem völlig eigenständigen Bildthema fand. Seine Weltraumbilder zeigen Kosmonauten, deren bunte Raumanzüge im dunklen Orbit hell leuchten und zur „Space Oddity“ der Afronauten werden. Tatsächlich hatte Mobutu es der deutschen Firma „Orbital Transport und Raketen AG“ (OTRAG) 1976 ermöglicht, Raketen auf kongolesischem Staatsgebiet zu testen. Eingefädelt wurde dieser Deal über einen der Organisatoren des legendären Boxkampfes zwischen Muhammad Ali und George Foreman, einen deutschen Unternehmer in Kinshasa. Dieses erste internationale mediale Sportereignis katapultierte den Kongo auf die Weltkarte des Sports und ermöglichte zeitgleich ein international besetztes, westlich kommerzialisiertes Musikereignis der Superlative. Wie sehr der „Rumble in the Jungle“ allerdings ein für die USA inszeniertes Medienereignis war, zeigt die Tatsache, dass es um 4 Uhr früh stattfand, um zur Hauptabendzeit in New York über den Bildschirm zu flimmern. In der DR Kongo wurde das Fernsehen 1978 eingeführt.

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Kunsthauscafé
Mo-Sa 9-24 Uhr
So, Feiertag 9-20 Uhr

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T +43-316/714 957

 

 

24. bis 25. Dezember 2023