täglich 08:50–21:50 Uhr
10 Minuten vor jeder vollen Stunde
Im Alltag vernimmt man Klang oft als Signal: Klänge, die man als Warnsignale wahrnimmt oder als Hinweis- oder Orientierungszeichen. Im Lauf der Jahrhunderte haben in der Stadt Graz die verschiedensten Klänge dafür gesorgt, dass die Leute rechtzeitig in die Kirche gingen, die Schule verließen, sich in Sicherheit brachten oder einfach wussten, wie spät es war.
In diesem Geiste erzeugt Neuhaus’ Time Piece Graz einen Außenraum um das Kunsthaus Graz herum, der durch Klang definiert ist. Er manifestiert sich periodisch als Klangsignal. Jedoch im Gegensatz zum traditionellen Signal einer Glocke, deren Klang an der Pegelspitze beginnt und dann langsam ausklingt, hat Neuhaus für das Kunsthaus Graz einen Klang geschaffen, der erst, wenn er verschwindet, in das Bewusstsein der Passantinnen und Passanten eindringt. Er beginnt unhörbar zehn Minuten vor jeder vollen Stunde und schwillt allmählich an. Fünf Minuten vor jeder vollen Stunde, an seiner Pegelspitze, bricht er plötzlich ab und erzeugt so einen Augenblick der Ruhe.
So sendet dieses Gebäude, das als ein Haus der Kunst seinen Schwerpunkt auf die menschliche Wahrnehmung legt, in regelmäßigen Zeitabständen ein Signal, das die Menschen für einen Moment an seine Gegenwart erinnert. Max Neuhaus hat dem Kunsthaus Graz eine eigene Stimme gegeben.
Max Neuhaus
Neuhaus ist der Pionier künstlerischer Arbeit mit Klang. Von der Annahme ausgehend, dass unser Raumgefühl, gleichermaßen von dem, was wir hören, abhängt wie von dem, was wir sehen, verwendet er einen vorgegebenen Kontext als Fundament, auf dem er mit Klang eine neue Wahrnehmung des Raumes errichtet.
Durch seine Realisierung dieser nichtvisuellen Kunstwerke für Museen in Amerika und Europa im Lauf der vergangenen dreißig Jahre war er der Erste, der Klang als ein wichtiges Medium auf die Domäne der zeitgenössischen Kunst ausdehnte. Neuhaus war schon in seinen Zwanzigern für seine Interpretation zeitgenössischer Musik berühmt. In den frühen Sechzigerjahren gab er Solokonzerte in der Carnegie Hall und tourte als Solo-Perkussionist durch Amerika und Europa.
Die Welt des Perkussionisten konzentriert sich auf das Klangtimbre: Neuhaus reiste mit tausend Kilo Perkussionsinstrumenten, um sein Solo-Repertoire aufzuführen. Er erweiterte seine Klangfarbenpalette dadurch, dass er einige frühe elektroakustische Instrumente erfand. Sein erstes, 1968 für Columbia Masterworks aufgenommenes Soloalbum gilt als eines der ersten Beispiele dafür, was man heute elektronische Live-Musik nennt.
Neuhaus leistete dann Pionierarbeit außerhalb herkömmlicher kultureller Zusammenhänge, begann Klangkunstwerke anonym auf öffentlichen Plätzen zu realisieren und entwickelte dabei ganz eigenständige Kunstformen. Unter Verwendung seines Gefühls für Klang, das er nach vierzehn Jahren als Musiker erworben hatte, begann er Klangkunstwerke zu erschaffen, die weder Musik noch Events waren, und prägte zu deren Beschreibung den Begriff ,Klanginstallationʻ. In diesen Arbeiten ohne Anfang und Ende wurden die Klänge eher räumlich als zeitlich verortet.
Im Lauf der vergangenen 36 Jahre seines Lebens hat Max Neuhaus eine große Anzahl an Klangkunstwerken für verschiedenste Umgebungen geschaffen.
Soundarbeiten
seit 1990 Three ,Similarʻ Rooms, Galleria Giorgio Persano, Turin
seit 1992 Three to One, AOK Building, Kassel
seit 1993 (Ohne Titel), Collection CAPC Musée d'Art Moderne, Bordeaux
seit 1996 (Ohne Titel), Collection Castello di Rivoli, Museo d'Arte Contemporanea, Turin
seit 1999 (Ohne Titel), Collection Swisscom, Worblaufen-Bern
seit 1999 Suspended Sound Line, Collection Kunst im öffentlichen Raum, Bern
seit 2002 Times Square, Collection: Dia Art Foundation, New York
seit 2002 La Barma, Collection: Pierre Huber, Saint Luc, Schweiz
seit 2002 Promenade du Pin, Collection: Fonds Contonal d'Art Contemporian, Geneva
seit 2003 Time Piece Graz, Kunsthaus Graz am Universalmuseum Joanneum
Nachruf
Max Neuhaus (1939–2009)
Der Musiker und Klangkünstler Max Neuhaus ist am 3. Feber 2009 verstorben. Er leistete wesentliche Pionierarbeit in der Überwindung herkömmlicher kultureller Zusammenhänge und experimentierte mit den Wirkungen akustischer Phänomene auf unsere Raumwahrnehmung. Er gilt damit als die zentrale Figur der akustischen Rauminstallation. Als Musiker ausgebildet, gab er in den 1960er-Jahren Konzerte u. a. mit Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen, tourte als Solo-Perkussionist durch die USA und Europa und erfand frühe elektroakustische Instrumente. Neuhaus entwickelte ein einzigartiges Gefühl für Klang und führte diesen erstmals als zentrales Medium in die zeitgenössische Kunst als skulpturales Element ein. Er realisierte wesentliche nichtvisuelle Kunstwerke für Museen auf der ganzen Welt und prägte für diese den Begriff „Klanginstallation“– Klänge wurden in diesen Werken ohne Anfang und Ende eher räumlich als zeitlich verortet.
Max Neuhaus konzipierte seine Installationen grundsätzlich für bestimmte Orte – so auch für den Außenraum um das Kunsthaus Graz, den er durch Klang definiert hat: Time Piece Graz manifestiert sich periodisch als Klangsignal, das erst, wenn es verschwindet, in unser Bewusstsein eindringt. Der Friendly Alien verdankt diesem außergewöhnlichen Menschen und Künstler seine „Stimme“. Andere bedeutende Installationen sind am Times Square in New York, in der Synagoge in Pulheim Stommeln, in der Menil Collection in Houston, Texas, bei DIA Beacon, Upstate New York, und im Swisscom Center in Worblaufen-Bern zu finden. Mit Max Neuhaus verliert die Kunstwelt eine bedeutende Stimme. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freunden.
Kunsthaus Graz
Lendkai 1
8020 Graz, Österreich
T +43-316/8017-9200
info@kunsthausgraz.at
Öffnungszeiten
Di-So, Feiertag 10 - 18 Uhr
Führungen
Termine finden Sie im Kalender oder nach Voranmeldung
Kunsthauscafé
Mo-Sa 9-24 Uhr
So, Feiertag 9-20 Uhr
Snackkarte
info@kunsthauscafe.co.at
T +43-316/714 957
Ausnahmsweise geschlossen: