Foyer-Umbau
Erdgeschoss und Vorplatz
Fotostrecke zum Umbau
Das Erdgeschoss des Kunsthauses Graz steht mit Marketingflächen, Ticketing, Café und Shop in enger Verbindung zu Fragen des Konsums und der Vermarktung.
Seit den 1980er-Jahren sind Shop, Restaurant, Café und Vermietungen zu einer unverzichtbaren Einnahmequelle für Kunstinstitutionen geworden. Aus der künstlerischen Programmierung der Institutionen sind sie jedoch in den meisten Fällen herausgenommen. Das Kunsthaus Graz nimmt diese Bereiche zum Ausgangspunkt für eine Reihe von künstlerischen und kuratorischen Vorhaben, die sich dem Verhältnis zwischen kommerziellen und nichtkommerziellen Bereichen widmen. Den Beginn machte 2017 der durch die dänische Künstlergruppe Superflex gestaltete Geldautomat.
Wieso wurde umgebaut?
Das Foyer des Kunsthauses sollte mehr sein als ein Ort, an dem man sich informiert und seine Eintrittskarten, Publikationen oder Souvenirs kauft. Es sollte ein Ort sein, an dem man sich mit Freundinnen und Freunden trifft, gerne aufhält, Kunstwerken begegnet, ohne dafür zu bezahlen, ein Ort der Aktivitäten, der sich an alle wendet, die Freude an Kunst haben oder das Kunsthaus kennenlernen möchten. Es sollte auch ein Ort sein, der kommerzielle und nicht-kommerzielle Agenden balanciert, sodass man genügend attraktive Angebote vorfindet, ohne Geld ausgeben zu müssen.
Doch es gab auch ganz pragmatische Gründe für den Umbau:
Die räumliche Trennung von Vorbereitungsküche und Gastraum des Kunsthauscafés hatte sich für alle Beteiligten als belastend erwiesen. Speisen und Getränke wurden in hoher Frequenz und während der Öffnungszeiten des Kunsthauses quer durch das Foyer getragen; Küchengeruch zog bis in die Ausstellungsräume. Die Anlieferung der Waren vom Lendkai her brachte parkenden Lieferwägen und Paletten auf der Schauseite des „Friendly Alien“ mit sich.
Der alte Tresen als zentrale Schnittstelle von Info, Kassa, Wachschutz und Shop, platziert am Übergang von Eisernem Haus und Kunsthaus, war zu klein geworden. Auch konnte der Kassentresen nicht mit dem Rollstuhl unterfahren werden. Die Umgestaltung nahm besonders auf die Bedürfnisse von Menschen mit Hör-, Seh- und Bewegungseinschränkungen Rücksicht. Darüber hinaus war die Ausstattung des Kunsthauses (Vorhänge, Sitzmöbel) in die Jahre gekommen und musste ohnehin ersetzt werden.
Welche Personen waren involviert?
Die räumliche Umgestaltung des Foyers geschah in Zusammenarbeit mit den Architekten Niels Jonkhans und Gerhard Eder, die bereits mit Peter Cook und Colin Fournier an der Errichtung des Kunsthauses gearbeitet hatten. Das Erdgeschoss des Kunsthauses öffnete sich wieder in alle Richtungen, ursprünglich vorhandene Blickrichtungen wurden wieder hergestellt – wie etwa in die Kosakengasse. Der Eingang von der Annenstraße bleibt erhalten; zwischen Kunsthaus-Café und -Foyer kann man einfach hin und her wechseln.
Da das Kunsthaus auch als Ort zeitgenössischer künstlerischer und gestalterischer Expertise gelten muss, wurden Künstler/innen, Designer/innen sowie Architektinnen und Architekten – wie Superflex, Oliver Hangl, Tristan Schulze, Topotek 1, Anna Lena von Helldorff, Hannes Priesch und Oliver Klimpel – eingeladen, funktionale wie ökonomische Anforderungen an eine Ausstellungsinstitution mit einer inhaltlich-künstlerischen Ausrichtung zu verbinden und mit ihren „Interventionen“ eingefahrene Erwartungen an Institutionen und auch institutionelle Routinen herauszufordern.
Wie wurde der Umbau finanziert?
Der Umbau wurde durch Umschichtungen aus dem laufenden Budget finanziert. Es gab kein Sonderbudget. In den folgenden Jahren werden die verbrauchten Rücklagen in gleicher Höhe durch Einsparungen im laufenden Betrieb wieder aufgefüllt. Die Neugestaltung erfolgte in zwei Etappen, 2017 und 2018. Der Umbau wurde von den Eigentümern (Land Steiermark und Stadt Graz) genehmigt.
Der Geldautomat:
Unter dem Titel C.R.E.A.M. – angelehnt an den Song der Hip-Hop-Gruppe Wu-Tang Clan – hat Superflex das Erscheinungsbild des Geldautomaten entsprechend verändert: Komplett verchromt und ins Zentrum des Foyers gesetzt, wird der Automat zur leuchtenden Skulptur, zum Fetisch und zur Geldbehebungsmaschine gleichermaßen.
> Mehr erfahren über den Geldautomaten. C.R.E.A.M. Cash rules everything around me
Der Shop:
Oliver Klimpel, der an der Schnittstelle von Kunst und Design arbeitet, wurde eingeladen, den Kunsthaus-Shop neu zu gestalten, das existierende Funktionsmobiliar des Kunsthauses Graz (wie etwa Barelemente, Pult, Tresen) zu re-designen sowie neue Displayelemente für die Erdgeschosszone zu entwickeln. Ausgangspunkt seines Konzepts waren Auseinandersetzungen mit Avantgarde-Bewegungen, hier vor allem mit Nicolai Michailowitsch Suetin, und mit Vito Acconci, der 1992 anlässlich der documenta IX einen Buchladen für Walther König designt hatte. Die erhalten gebliebenen Regale und ein Tisch wurden in neuer Aufstellung präsentiert. Highlight ist der sogenannte „Katzenbaum für die Kunst“, eine vertikale Struktur, ein skulpturales Display-Element, das die Präsentation kleinerer Ausstellungen im Foyer erlaubt.

Die visuelle Identität:
Anna Lena von Helldorff widmet sich seit Anfang 2017 unter dem Stichwort re:set der Konzeption, Entwicklung und Gestaltung einer visuellen Sprache innerhalb des Kunsthauses Graz unter besonderer Berücksichtigung dessen, dass diese Teil des Universalmuseums Joanneum ist. Die visuelle Sprache verknüpft die inhaltliche Programmatik mit der funktionalen Struktur des Gebäudes, begleitet, artikuliert, kommentiert und übersetzt die Veränderungen während der zweijährigen Umbauphase in die Räume. Sie schließt an die vorhandene Infrastruktur an und macht den Prozess der Veränderung lesbar. Die Entwicklung der visuellen Sprache erfolgte über Prototypen in mehreren Phasen vor Ort und bezieht die ständige Analyse der Situation mit ein. Die erste Phase bezog sich vor allem auf das Foyer und dessen Umbau.

Der Space04:
Zum zehnjährigen Geburtstag des Kunsthauses setzte Künstler Gilbert Bretterbauer Raumtextil Funktion & Empfindung für den Space04 und das ehemals benachbarte Café um. Fünf Jahre später wurde diese Arbeit renoviert und um neue Stoffbahnen ergänzt. Das Raumkonzept wurde ausgeweitet und Schritt für Schritt in den nächsten zwei Jahren umgesetzt: Nach der bereits erfolgten Installation des Vorhangs konzipierte Bretterbauer eine zerlegbare Bühne; es folgten Teppich und Lampen. Bretterbauers Setzungen sollte dem Raum eine haptische Qualität verleihen, ihn körperlich erfassbar machen und ihn damit zur textilen Raumskulptur werden lassen.
Der Space04 wird für unterschiedliche Veranstaltungen genutzt: für Eröffnungen, Vorträge, Diskussionen, Konferenzen und Empfänge.

Das Besucher/innenservice:
2018 rückte auch das Besucherservice in den Fokus, das im Foyer bzw. innerhalb der Ausstellungsräume eine der wichtigsten Aufgaben im Museum hat und quasi das „Gesicht“ des Hauses darstellt. Üblicherweise einheitlich gekleidet, im Falle des Kunsthauses bisher in Schwarz, traten Aufsichtspersonen eher dezent in den Hintergrund. Verschiedene steirische Mode-Labels entwickelten in Absprache und Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spezifische, individuelle Outfits. Jeweils eine Designerin/ein Designer aus der Steiermark trat in einen Prozess mit jeweils einer Person aus dem Aufsichtsteam, um gemeinsam zu überlegen, wie ein solches Outfit für Mitarbeiter/innen ausschauen könnte. Der Prozess war erst dann abgeschlossen, wenn beide Parteien Übereinkunft über den jeweiligen „Look“ erzielt hatten. Den Auftakt machte 2018 die Designerin Karin Wintscher-Zinganel.
Sie schlug ein Kleidungsstück vor, das vom jeweiligen Träger/der Trägerin individuell geformt werden kann.

Die Absperrbänder:
Absperrbänder dienen dazu, bestimmte Bereiche voneinander abzugrenzen und Zutritt zu steuern. Der steirische Künstler Hannes Priesch wurde beauftragt, sich mit Absperrungen, d. h. der Zugänglichkeit und Nicht-Zugänglichkeit im Foyer, aber auch im ganzen Haus, zu befassen. Er verwendet ungewöhnliche Materialien, die aufgrund ihrer haptischen Anmutung dazu verleiten, berührt zu werden.
Vorplatz:
Der bislang wenig attraktive Vorplatz des Kunsthauses Graz wird nun temporär bespielt, um ihn als öffentlichen Freiraum aufzuwerten und besser in das städtische Umfeld einzubinden. Das Konzept der temporären Ausstellungszone wurde vom Berliner Landschaftsarchitekturbüro Topotek 1 entwickelt. Thermoplastische Bodenmarkierungen verlaufen strahlenförmig vom Bordstein zu je einem Eingang. Die urbanen Möbel – 11 Tischbänke, 3 Mülleimer, 4 Fahrradständer, 2 Aschenbecher – können während der Zeit ihrer Aufstellung von der Öffentlichkeit genutzt werden.
Die Intervention durch Topotek 1 macht auf die neu geschaffenen Eingänge am Lendkai aufmerksam und bietet neue Aufenthaltsmöglichkeiten für die Besucher/innen.
Es war einmal ... Foyer, Erdgeschoss, Vorplatz
Kunsthaus Graz
Lendkai 1
8020 Graz, Österreich
T +43-316/8017-9200
info@kunsthausgraz.at
Öffnungszeiten
Di-So, Feiertag 10 - 18 Uhr
Führungen
Termine finden Sie im Kalender oder nach Voranmeldung
Kunsthauscafé
Mo-Sa 9-24 Uhr
So, Feiertag 9-20 Uhr
Snackkarte
info@kunsthauscafe.co.at
T +43-316/714 957
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