Das 19. Jahrhundert ist eine Zeit der Beschleunigung. Industrialisierung und der starke Ausbau der Eisenbahn sorgen für eine Mobilisierung der Menschen. Reisen kommt in Mode. Auch Peter Rosegger ist von den modernen Möglichkeiten begeistert und nutzt jede Gelegenheit für eine Fahrt mit der Südbahn.
Mobilität
Erhöhte Mobilität und Geschwindigkeit prägen die Zeit ab 1850. Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes setzt der Tourismus ein. Menschen beginnen zu reisen, in der Steiermark oft mit der Südbahn. Reiseführer und Handbücher erobern den Markt und neben den klassischen Sehnsuchtsorten zieht es viele in alpine Regionen: Natur wird zum idyllischen Gegenmodell der modernen Stadt. Entlang der Bahnstrecke entstehen neue Architekturen: Bahnhöfe, Hotels, Restaurants. Benachbarte Viertel erleben einen Aufschwung, moderne Straßen verbinden den oft am Stadtrand gelegenen Bahnhof mit dem Zentrum. Ab 1878 fahren in Graz Ankommende mit der Pferdetramway, ab 1899 mit der Elektrischen. Auch immer mehr Fahrräder sind auf den Straßen zu sehen. Hochräder sind noch ein exklusives Vergnügen, sie setzen Athletik und Finanzkraft voraus. Die bereits industriell gefertigten und damit günstigeren Niederräder machen es möglich, dass eine größere Anzahl von Menschen in die Pedale tritt. Wer es sich leisten kann, benutzt um 1900 bereits das Automobil. 32 Autos gibt es 1903 in der Steiermark, vier Jahre später bereits 107.
Peter Rosegger war ein Freund des Fortschritts. Ob Auto, Eisenbahn, Flugzeug, Telefon oder elektrisches Licht – er ist davon fasziniert. Ein Preislied sollte auf die moderne Technik geschrieben werden, ist er überzeugt.
Industrialisierung
Ab den 1850er-Jahren setzt auch in der Steiermark die Industrialisierung ein. Ihr Taktgeber ist die Stechuhr: Sie dokumentiert die Schichtlängen, die je nach Gewerbe und Betrieb zwischen 12 Stunden (Hüttenwesen) und 24 Stunden (Ofenarbeiter in der Glasindustrie) dauern. Motor der Industrialisierung ist die Eisenbahn. Sie liefert Kohle zu den Industriebetrieben, die sich entlang der Bahnlinie ansiedeln. Zu den großen Arbeitgebern zählen Papierfabriken, Unternehmen der Zündholzherstellung und Glasindustrie, aber vor allem das Berg- und Hüttenwesen. Als sich sieben Betriebe des Eisenerzabbaues sowie der Eisen- und Stahlgewinnung zusammenschließen, entsteht der größte Roheisenproduzent Europas – die Österreichische Alpine Montangesellschaft. Ein neuer Zweig im Bergbau ist seit den 1880er-Jahren der Abbau von Magnesit in der Veitsch. Der für die Auskleidung von Hochöfen benötigte Stoff ist sehr gefragt, die Veitscher Magnesitwerke werden binnen kurzer Zeit zum Weltmarktführer. Die Industrialisierung bringt Veränderungen im Gewerbe: Einige durch die Fabriken unter Druck geratene Branchen stellen auf Reparaturarbeiten um. Versorgungsbetriebe können sogar expandieren.
Peter Rosegger schätzt den durch die zunehmende Industrialisierung angestoßenen Wirtschaftsaufschwung, sieht aber auch die Schattenseiten des Gründerzeitbooms. Vor allem der Raubbau an der Natur und das Ersetzen der Felder durch Wald und Wiese für die Holzwirtschaft und Viehzucht werden vom ihm kritisiert.
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