Foto: Barbara Steiner

22. Mai 2019 / Barbara Steiner

Ústí nad Labem

Kunsthaus Graz

Nicht viele kennen vermutlich Ústí nad Labem, auch wenn sie vielleicht schon mit dem Zug von Dresden nach Prag an der tschechischen Stadt vorbeigekommen sind. Im April war ich anlässlich eines Vortrags über das Kunsthaus an der dortigen Jan-Evangelista-Purkyně-Universität eingeladen. 2006 hatte ich längere Zeit in Ústí nad Labem verbracht, als ich eine Ausstellung zu Architektur als Aufforderung zum Handeln (Archit-Action!) in der Emil Filla Galerie kuratierte.

Nicht viele kennen vermutlich Ústí nad Labem, auch wenn sie vielleicht schon mit dem Zug von Dresden nach Prag an der tschechischen Stadt vorbeigekommen sind. Im April war ich anlässlich eines Vortrags über das Kunsthaus an der dortigen Jan-Evangelista-Purkyně-Universität eingeladen. 2006 hatte ich längere Zeit in Ústí nad Labem verbracht, als ich eine Ausstellung zu Architektur als Aufforderung zum Handeln (Archit-Action!) in der Emil Filla Galerie kuratierte.

Foto: Barbara Steiner

Die Stadt, an der Elbe gelegen, hatte sich im 19. Jahrhundert zu einer bedeutenden Industriestadt entwickelt. Zu Landwirtschaft und Weinanbau kamen Webereien, Farbenhersteller, Papierfabriken und zahlreiche Kohlebergwerke in der Umgebung. Die Transformationen setzten sich im 20. Jahrhundert fort: wechselnde Staatszugehörigkeiten und Regime, Zuwanderung und Abwanderung, Wohlstand und Niedergang der Industrien, all das kann man im Stadtbild nach wie vor ablesen.

House of Arts

1991 wurde die Jan-Evangelista-Purkyně-Universität gegründet, die mit ihren Studierenden die Stadt prägt. Mit dem Leiter der Fakultät für Kunst und Design, Michal Koleček, bin ich seit 2003 in Kontakt. Am Beispiel Ústí nad Labems kann man sehr gut sehen, wie viel Positives im Bildungs- und Kulturbereich durch die Unterstützung von EU-Mitteln erreicht werden konnte und kann. Jüngstes Beispiel ist etwa eine Mensa der Universität aus der Zeit des Sozialismus, für die man lange Zeit keine Verwendung finden konnte, bis diese in ein „Haus der Kunst“ (Ústí nad Labem House of Arts Faculty of Art and Design Jan Evangelista Purkyne University) umgebaut wurde. Im Moment ist dort eine empfehlenswerte Ausstellung von Adéla Matasová zu sehen, einer 1940 in Prag geborenen Künstlerin. Die Fakultät ist Betreiber des Kulturzentrums. Das Programm konzentriert sich auf die Präsentation künstlerischer Positionen und Themen, die mitteleuropäische Kunst geprägt haben oder prägen. Kunst-, Forschungs-, Bildungs- und Publikationstätigkeiten werden, in enger Verzahnung zur Lehre, dabei kombiniert.

Adéla Matasová, House of Arts, 2019, Foto: Jáchym Myslivec

 

Emil Filla Galerie

Besonders beeindruckt war ich von einer sehr sorgfältig kuratierten Ausstellung, die Studierende des kuratorischen Masterlehrgangs in der Emil Filla Galerie umgesetzt hatten: A CO NÁM ZBÝVÁ TEĎ? (Und was ist jetzt?) zeigt die gesellschaftlich um sich greifende Skepsis der Gegenwart aus der Sicht tschechischer Künstler/innen der jungen Generation. Die ausgestellten Arbeiten sprechen von Ängsten und Unsicherheiten, die den gesellschaftlichen Wandel begleiten, jedoch nicht klar fassbar sind. Die Räumlichkeiten, vor allem das weitgespannte tonnenartige Gewölbe aus Holz der Emil Filla Galerie, die seit einigen Jahren in einem älteren Industriegebiet der Stadt angesiedelt ist, wären auch ohne Ausstellung einen Besuch wert.

Foto: Jiří Dvořák

Wörtnik

Adéla Bierbaumer, eine junge Künstlerin, schenkte mir ein Buch, das sie kürzlich fertiggestellt hatte. Es heißt Wörtnik und ist ein illustriertes Wörterbuch, das den Ähnlichkeiten in den Sprachen Deutsch und Tschechisch auf den Grund geht – wie etwa „Arbajt“/„Arbeit“ oder „Dort“/„Torte“. Manches erschließt sich erst über die Aussprache, wie etwa „Fajnšmekr“/„Feinschmecker“ oder „Šíf“/„Schiff“. Mein Lieblingsverb ist „sekýrovat“/„sekkieren“, ein Wort, das auch viele Deutsch Sprechende nicht verstehen, sofern sie nicht aus Ostösterreich kommen.

Adéla Bierbaumer, Wörtnik, 2019 Foto: Stephan Schikora

Kategorie: Kunsthaus Graz
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