17. April 2018 / Barbara Steiner
Tervuren
Vom „Afrika-Dorf“ zum Afrikamuseum
Das Afrikamuseum in Tervuren, eigentlich: Königliches Museum für Zentralafrika, wird gerade umgebaut. Im Herbst 2018 ist die Wiedereröffnung des 1897 gegründeten Museums geplant. Blickt man vom idyllisch anmutenden Park aus auf das Museum, so sieht man ein beeindruckendes Gebäude.
Genau in diesem Park baute König Leopold II. im Rahmen einer damals populären „Völkerschau“ 1897 mehrere kongolesische Dörfer auf und stellte „echte Afrikaner“ aus. Zum Glück gehören die „Völkerschauen“ der Vergangenheit an. Heute setzt sich das Museum kritisch-reflektierend mit seinem kolonialen Erbe auseinander.
Wenige hundert Meter vom repräsentativen Museumsgebäude befinden sich die Büros, Depots und Restaurierungswerkstätten des Museums. Dieses Gebäude ist im Erscheinungsbild nüchtern und funktional – ein modernes Verwaltungsgebäude. Der Kontrast könnte nicht größer sein.
Vor Ort führte uns unsere Kollegin Christine Bluard durch die Restaurierungswerkstätten und das Depot. Dort sahen wir die noch nicht aufgespannten bzw. aufkaschierten Leinwände und die bereits für den Transport nach Graz vorbereiteten Bilder mit den neuen Hängevorrichtungen. Teilweise waren die Arbeiten bereits in Kisten verpackt. Fertig zur Abholung.
Finger weg!
Begeistert hat mich eine Methode der belgischen Restauratorinnen: Um zu vermeiden, dass Gegenstände auf ein zu restaurierendes Objekt gelegt werden, greifen sie auf die Hilfe von Hollywood-Stars zurück. George Clooney und Ryan Goslings Sprüche wirken – wir sollten das Prinzip für das Kunsthaus übernehmen!
Zu Besuch bei einem belgischen Sammler
Zu den Höhepunkten der Reise zählte ein Besuch bei einem belgischen Privatsammler, der bereit ist, uns hochkarätige Werke von Moké, Cheri Samba und Body Isek Kingelez zu leihen. Die futuristisch-utopischen Stadt-Modelle von Kingelez sind sehr empfindlich und fragil. Der Künstler verwendete Pappe, Papier und Plastik. Wir möchten die Modelle unbedingt zeigen und freuen uns, dass sie verfügbar sind. Nur eines können wir nicht haben, denn es geht an das MoMA in New York.
Musée Wiertz
Ein Freund hatte mir das Musée Wiertz empfohlen. Es ist absolut einen Besuch wert. Im ehemaligen Atelier von Antoine Wiertz, fertiggestellt 1850, ist heute ein Museum eingerichtet.
Der Mann war zu Lebzeiten ein Star, anders wäre es nicht zu erklären, dass König Leopold I. dem Künstler auf Staatskosten ein Haus errichtete. Das Gebäude entwarf Wiertz persönlich; es ist auf die riesigen Gemälde des Malers zugeschnitten. Und riesig bedeutet tatsächlich RIESIG – im Sinne von Dimensionen sprengend.
Im Größenvergleich mit meinem Kollegen sieht man, wie groß etwa Gliedmaßen gemalt sind. Der Künstler hatte auch eine makabre Ader, die mit einem Augenzwinkern daherkommt: Der lebendig Begrabene, Hunger, Wahnsinn und Verbrechen, Der Selbstmörder, Gedanken und Visionen des Kopfes eines Hingerichteten usw. – alleine die Titel muten schon äußerst skurril an. In den Augen vieler hat Wiertz die Grenzen des „guten Geschmacks“ häufig überschritten. Heute macht ihn genau dieser Mut zur Grenzüberschreitung interessant.
Nach Wiertz’ Tod am 18. Juni 1865 gingen das Gebäude und der gesamte künstlerische Nachlass in den Besitz des belgischen Staates über. Seit 1868 ist das Antoine-Wiertz-Museum Teil der Königlichen Museen der Schönen Künste.
> Lesen Sie mehr zum Thema von Barbara Steiner:
- Der Kongo und die Steiermark
- Kongolesische Kunst in Tübingen und Graz
- Zu Gast in Tervuren
- Ein wieder verwendbares Ausstellungssystem für das Kunsthaus
- Congo Stars
> Hier geht es zur Ausstellung Congo Stars
Eröffnung: 22.09.2018, 11 Uhr
Schlagworte: Logbuch Barbara Steiner