Foto: Universalmuseum Joanneum/S.Hoffmann

10. Oktober 2017 / Barbara Steiner

Peter Cook, Colin Fournier und das Kunsthaus

Kunsthaus Graz

So manche Grazerin, so mancher Grazer wird sich noch an die Zeit erinnern, in der man hier um ein Haus für moderne und zeitgenössische Kunst gerungen und auch gestritten hatte. Doch seit 2003 ist das Kunsthaus in der Welt: Schnell wurde es zu einem neuen Wahrzeichen der Stadt, liebevoll mit Namen bedacht – wie „Seegurke“, „Babyhippo“, „Walfisch“ oder eben „Friendly Alien“, wie es die beiden Architekten Peter Cook und Colin Fournier bezeichnen. Wo auch immer ich hinkomme, auch in den entferntesten Orten kennt man das Kunsthaus Graz.

Das Kunsthaus …

Jetzt stehen das Kunsthaus und seine ungewöhnliche Geschichte im Mittelpunkt der Herbstausstellung Auf ins Ungewisse.  Wir zeigen den aus heutiger Sicht geradezu abenteuerlich anmutenden Entstehungsprozess rund um die Errichtung des Kunsthauses und lassen den hinzugezogenen Museologen, planende und ausführende Architekten sowie Fachplaner gleichermaßen zu Wort kommen. Diese Vielstimmigkeit lässt auf die gemeinsamen Unternehmungen aus verschiedenen Blickwinkeln schauen.  Auch wenn man sich nicht immer einig war, wie bestimmte Maßnahmen denn nun umzusetzen seien, zog man letztendlich doch an einem Strang.

… und seine Cousins

Parallel zur Ausstellung über das Kunsthaus sind im Rahmen der Schau Graz Architektur Arbeiten von Günther Domenig, Konrad Frey, Volker Giencke, Bernhard Hafner, Eilfried Huth, Szyszkowitz + Kowalski und Manfred Wolff-Plottegg zu sehen. Häufig wurde ich gefragt, warum ausgerechnet diese Architekten ausgewählt wurden, wo es doch in dieser Stadt noch mehr –mindestens ebenso bedeutende – Architekten gäbe.  Das ist ohne Zweifel richtig. Doch die Entscheidung für die oben Genannten liegt nicht alleine in ihrer architektonischen Bedeutung, sondern in ihrer (mehrfachen) Beziehung zu Peter Cook und Colin Fournier. Mich hat es interessiert, ausgehend vom Kunsthaus und seiner Entstehungsgeschichte den Arbeiten jener Grazer Architekten nachzugehen, die wie Cook und Fournier in den 1930er- und 1940er-Jahren geboren wurden, also derselben Generation angehören.

Peter Cook und Colin Fournier haben sich jedenfalls wiederholt und durchaus wohlwollend über ihre Grazer Kollegen geäußert: Fournier bezeichnet etwa Gienckes Gewächshäuser im Botanischen Garten als „Lieblingsgebäude“ in Graz und Cook bezeichnet die Bauten der „Grazer Schule“ (die es für ihn durchaus gibt) als „Cousins“ des Kunsthauses. Mich interessieren das Gefüge an wechselseitigen Anregungen, kollegialem Austausch und daraus resultierende Auswirkungen auf die architektonische Praxis. Denn ich bin davon überzeugt, dass – selbst wenn sich die Beteiligten selbst als singulär betrachten mögen – die Kontakte und Begegnungen unter- und miteinander jene kraftvollen Bewegungen im Feld der Architektur erzeugten, die das Denken über Architektur und Bauen nachhaltig verändert haben.

Mehrstimmigkeit und Multiperspektive

Neben der Mehrstimmigkeit spielt die Außensicht eine wesentliche Rolle, um aus verschiedenen Perspektiven auf die Arbeiten der Architekten zu blicken: Die Selbstinterpretation der Protagonisten rückt neben die kuratorisch und kunstinstitutionell begründete Wahrnehmung und den Blick der beiden Ausstellungsgestalter Niels Jonkhans (für Auf ins Ungewisse) und Rainer Stadlbauer (Graz Architektur). Der Außenblick findet sich auch bei uns Kuratorinnen, der Ausstellungsgrafikerin Anna Lena von Helldorff und bei den eingeladenen bildenden Künstlerinnen und Künstlern. Isa Rosenberger, Anna Meyer, Mischa Kuball, Arthur Zalewski, Julia Gaisbacher und Oliver Hangl wurden von uns beauftragt, sich aus heutiger Perspektive und aus dem Blickwinkel der bildenden Kunst mit den ausgestellten architektonischen Positionen zu befassen.

 

Die Architekten der Ausstellungen sind in der Einschätzung der künstlerischen Beteiligungen allerdings gespalten. Während Eilfried Huth mit Julia Gaisbacher und Karla Kowalski mit Oliver Hangl einen Austausch pflegten und sich über die Beteiligung der Künstler freuten, meinte Peter Cook angesichts der künstlerischen Arbeiten von Arthur Zalewski und Anna Meyer: „Terrible!“ Bestimmte Äußerungen zeitgenössischer bildender Kunst, vor allem, wenn sie absichtsvoll Konventionen des guten Geschmacks überschreiten, lösen also im Feld der Architektur nicht bei allen Freude aus.

Weitere Fotos

zu den beiden Ausstellungen finden Sie in diesem flickr Album.

Kategorie: Kunsthaus Graz
Schlagworte:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Benutzen Sie diese HTML Tags und Attribute:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>